Neuausrichtung der Inklusion lediglich Haushaltsrechnungsformel und die Bezirksregierungen weisen munter an!

Kleine Anfrage von Sigrid Beer

Im Juli 2018 veröffentlichte die Landesregierung Eckpunkte zur Neuausrichtung der Inklusion. Zentraler Bestandteil war die neue Formel 25/3/1,5. In der Pressemittelung des Schulministeriums heißt es hierzu: „An den Schulen des Gemeinsamen Lernens der Sekundarstufe I gilt künftig die neue Inklusionsformel: 25 – 3 – 1,5. Das heißt: Die Schulen nehmen so viele Schülerinnen und Schüler auf, dass sie Eingangsklassen bilden können, in denen durchschnittlich 25 Schülerinnen und Schüler lernen, davon durchschnittlich drei mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung. Für jede dieser Klassen erhält die Schule eine halbe zusätzliche Stelle. Die tatsächliche Klassenbildung soll im Rahmen dieser Aufnahmekapazitäten dann aber den Schulen mit Blick auf ihr schulisches Konzept selbst überlassen werden.“
Am 15. Oktober 2018 folgte der Erlass zur Neuausrichtung der Inklusion an weiterführenden Schulen. Demnach weist die Schulaufsicht die Orte des Gemeinsamen Lernens zu. Die Weisung muss den Namen der Schule, die Förderschwerpunkte und die Gesamtzahl der aufzunehmenden Schülerinnen und Schüler beinhalten.
Schulen können nach dem Erlass nur dann Orte des Gemeinsamen Lernens werden, wenn ein schuleigenes Inklusionskonzept vorliegt, die Ausstattung mit Lehrkräften für Sonderpädagogik und die pädagogische Kontinuität gewährleistet sind und das Kollegium systematisch fortgebildet wurde bzw. wird.
Landesweit erhalten die Schulträger Schreiben der Schulaufsicht mit der beabsichtigten Weisung zu den Orten des Gemeinsamen Lernens mit der Aufforderung zur schriftlichen Zustimmung. Die nach dem Erlass geforderten Voraussetzungen werden nicht geprüft bzw. nicht ausgeführt. Die geforderte Angabe der Gesamtzahl der aufzunehmenden Schülerinnen und Schüler fehlt.
Hinsichtlich der zentralen Formel wird explizit ausgeführt, dass es sich nur um eine “Haushaltsrechnungsformel“ handelt und der Klassenfrequenzrichtwert von 27 an Gesamtschulen weiter gilt. Demnach ist auch eine Beschränkung der Aufnahme von Schülerinnen und Schülern wie versprochen – mit Blick auf das schulische Konzept – so nicht möglich. Eine Begrenzung darf erst erfolgen, wenn „im Durchschnitt aller Parallelklassen der jeweilige Klassenfrequenzrichtwert nicht unterschritten wird“. Eine vierzügige Gesamtschule, die in zwei Klassen Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf aufnimmt, kann diese Klassen nur dann auf 25 begrenzen, wenn die anderen beiden Klassen eine Größe von jeweils 29 Schülerinnen und Schüler haben. Dies war auch schon vor dem Erlass die Sachlage.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
1.         Was hat sich durch die Neuausrichtung der Inklusion an den Klassenbildungsmöglichkeiten geändert?
2.         Wie wird verfahren, wenn sich Schulkonferenzen gegen die Zuweisung als Schule des Gemeinsamen Lernens aussprechen?
3.         Warum beinhalten die Weisungen der Bezirksregierungen keine Aussagen zur Gesamtzahl der aufzunehmenden Schülerinnen und Schülern?
4.         Inwieweit prüfen die Bezirksregierungen vor einer Weisung das Vorliegen eines schulischen Inklusionskonzepts sowie der systematischen Fortbildung des Kollegiums?
5.         Wie stellt die Landesregierung sicher, dass mit der Zuweisung als Ort des Gemeinsamen Lernens die sofortigen Stellenausschreibungen für Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen sowie multiprofessionelle Fachkräfte stattfinden, damit gezielte Fortbildungen im Hinblick auf den Beginn des Schuljahrs und die notwendige Teamarbeit stattfinden können?