Hürdenfrei über die Grenze – Erleichterter Grenzverkehr mit Pferden zwischen NRW und den Benelux-Staaten

Antrag der Fraktionen von CDU und Grünen im Landtag

Portrait Norwich Rüße

I. Ausgangslage

Die europäische Verordnung zum Tiergesundheitsrecht (Animal Health Law), geregelt durch die EU-Verordnung 2016/429, verlangt grundsätzlich ein amtstierärztliches Gesundheitszeug­nis für den grenzüberschreitenden Verkehr mit Tieren. Ziel dieser Regelung ist es, Tierseu­chen, die auf andere Tiere oder auf den Menschen übertragbar sind, zu verhüten oder zu bekämpfen. Hierfür hat sich TRACES-NT als ein bewährtes System zur Verfolgung von Tieren und tierischen Erzeugnissen etabliert. Es soll die Sicherheit von Lebensmitteln tierischen Ur­sprungs gewährleisten und die Rückverfolgbarkeit von Tieren verbessern, um bei Krankheits­ausbrüchen oder anderen Notfällen schneller reagieren zu können.

Nordrhein-Westfalen ist mit rund 200.000 Pferden1 eine echte Pferderegion. Veranstaltungen und Aktivitäten mit dem Pferd sind vielfältig und nicht nur regional oder landesintern begrenzt, sodass immer häufiger größere Strecken gemeinsam mit dem Pferd fahrend zurückgelegt werden. So finden z. B. Fahrten in die angrenzenden Benelux-Staaten zum Zweck einer tier­ärztlichen Behandlung, zu Aus- oder Wanderritten, zu Turnieren, Lehrgängen oder zum Trai­ning statt. Aktuell erfordert jede grenzüberschreitende Fahrt für jedes Pferd eine kostenpflich­tige, amtstierärztliche Gesundheitsbescheinigung (TRACES-Zertifikat), die zudem zeitlich nur begrenzt gültig ist (in der Regel zehn Tage). Die wiederkehrenden Kosten belasten die Pfer­debesitzerinnen und -besitzer finanziell und binden zusätzlich personelle Ressourcen in den Veterinärbehörden.

Die Verordnung bietet jedoch ausdrücklich die Möglichkeit, gemäß Artikel 139 (1), zwischen angrenzenden Mitgliedstaaten Ausnahmen von den Vorgaben für das innergemeinschaftliche Verbringen zu vereinbaren. Solche Ausnahmen in Grenznähe sind u. a. für Transporte vorge­sehen, die Freizeitzwecken dienen, zu Ausstellungen oder zu sportlichen, kulturellen und ähn­lichen Veranstaltungen erfolgen. Bereits bestehende Vereinbarungen über Ausnahmeregelun­gen hinsichtlich des Verbringens von Equiden in Grenznähe existieren bereits zwischen Deutschland (Rheinland-Pfalz, Saarland, in Baden-Württemberg die Regierungsbezirke Karlsruhe und Freiburg) und Frankreich (Département Moselle, Elsass (Haut-Rhin und Bas-Rhin))2 sowie Deutschland (Schleswig-Holstein) und Dänemark (verschiedene Grenzkommunen)3.

Auch für die Hobbyhaltung im Bereich der Kleintierzucht etwa bei Rassegeflügel bestehen vergleichbare Problematiken für grenzüberschreitende Ausstellungen und Kleintierschauen – gerade in Vereinen mit grenzüberschreitender Mitgliedschaft oder Partnerschaft. Andere eu­ropäische Regionen, wie beispielsweise Frankreich und Belgien haben ein Abkommen mitei­nander geschlossen, die eine vereinfachte Verbringung von gezielt gehaltenen Vögeln zu grenznahen Veranstaltungen ermöglichen. Wichtig ist hierbei, dass dies nur ermöglicht wer­den kann, wenn dadurch keine negativen Auswirkungen auf die Geflügelwirtschaft zu erwarten sind.

II. Beschlussfassung

Der Landtag stellt fest, dass

–        Nordrhein-Westfalen mit seiner hohen Dichte an Pferden, Reitbetrieben und Reitsport­vereinen ein bedeutendes Pferdeland ist. NRW beherbergt zahlreiche Reitsportveran­staltungen wie etwa das CHIO Aachen, eines der weltweit renommiertesten Turniere. Die starke Infrastruktur im Reitsport sowie die wirtschaftliche Bedeutung rund um Pfer­dezucht, -haltung und -sport machen NRW zur führenden Pferderegion Deutschlands.

–        die Benelux-Staaten sind für den Pferdesport und -zucht von herausragender Bedeu­tung.

–        die tierseuchenrechtlichen Regelungen für kleine Betriebe und Privathalter eine große Herausforderung darstellen. In Grenzregionen sind Reitbetriebe, Turniere, Trainings, Tierärzte oder Züchter oft nur wenige Kilometer entfernt, aber eben im Nachbarland.

–        sich durch eine Vereinbarung für eine erleichterte grenzüberschreitende Verbringung gemäß Artikel 139 (1) der Verordnung (EU) 2016/429, das Risiko für den Eintrag und die Verschleppung von Tierseuchen nicht maßgeblich erhöhen darf.

Der Landtag beauftragt die Landesregierung, im Rahmen bereiter Mittel,

–        in Gesprächen mit dem Bund sowie mit den Staaten der Benelux-Gruppe darauf hinzuwirken, dass Nordrhein-Westfalen mit den Benelux-Ländern eine Vereinbarung über Ausnahmeregelungen nach Art. 139 (1) der Verordnung (EU) 2016/429 schließt. Ziel ist es, mit der Tierseuchenbekämpfung zu vereinbarende, erleichterte Bedingungen für das grenznahe Verbringen von Equiden zwischen den Benelux-Staaten und Deutschland zu schaffen.

–           zu prüfen, ob Nordrhein-Westfalen unter Berücksichtigung tierseuchenrechtlicher Risi­ken ein Abkommen über Ausnahmeregelungen nach Art. 139 (1) der Verordnung (EU) 2016/429 mit seinen Nachbarländern Belgien, den Niederlanden und Luxemburg für die Verbringung zu Ausstellungen sowie sportlichen, kulturellen und ähnlichen Veranstaltungen in Grenznähe für Hobbyhaltungen im Bereich der Kleintierzucht wie Rassegeflügel und Kaninchen schließen kann.

1  https://www.landwirtschaftskammer.de/landwirtschaft/tierseuchenkasse/tierzahlen/index.htm

2 https://www.bmel.de/DE/themen/tiere/tierhandel-und-transport/handelsverkehr-mit-samen-eizellen-und-embryo-nen/equiden-de-fr.html

3 https://www.bmel.de/DE/themen/tiere/tierhandel-und-transport/handelsverkehr-mit-samen-eizellen-und-embryo-nen/equiden-de-dk.html