Die Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz auf Kunst und Kultur in Nordrhein-West­falen begleiten und gestalten

Antrag der Fraktionen von CDU und GRÜNE im Landtag

Portrait Frank Jablonski

I. Ausgangslage

Die aktuellen rasanten Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) treffen auch den Kunst- und Kulturbereich. Die Zukunftskoalition von CDU und GRÜNEN begrüßt die Chan­cen und Möglichkeiten von Künstlicher Intelligenz ausdrücklich, ist sich aber bewusst, dass mit diesen technischen Veränderungen zahlreiche Herausforderungen einhergehen, deren Ausmaß heute noch nicht abzuschätzen ist. Das erklärte Ziel der Zukunftskoalition von CDU und GRÜNEN ist es, diesen Wandel aktiv zu begleiten und die Akteurinnen und Akteure im Kunst- und Kulturbereich bei dieser Transformation zu unterstützen.

Kunst und Kultur waren schon immer Experimentierbereiche und Diskussionsräume für ge­sellschaftlich relevante Themen. In den 1960er Jahren wurde mit dem KI-Kunstsystem AARON von Harold Cohen eine neue künstlerische Sparte „KI-Kunst“ etabliert. In Musikpro­duktionen erleichtern KI-gestützte Systeme beispielsweise die Erstellung von Samplern.

Als Technologie mit großem Potenzial bietet KI vielfältige Möglichkeiten, die Kulturlandschaft zu bereichern und neue Wege der künstlerischen Ausdrucksformen zu erschließen.

Der Einsatz von KI in der Kultur kann zu einer erweiterten kreativen Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine führen. Durch die Nutzung von maschinellem Lernen und algorithmischen Modellen können Künstlerinnen und Künstler neue Inspirationen gewinnen und innova­tive Werke schaffen. KI kann beispielsweise dabei helfen, musikalische Kompositionen zu ge­nerieren, bildende Kunst zu erschaffen, neue Formen des Theaters zu entwickeln, beschädigte Kunstwerke zu restaurieren und historische Artefakte digital zu konservieren.

Des Weiteren ermöglicht KI eine verbesserte Zugänglichkeit zur Kultur. Durch automatisierte Übersetzungen und Spracherkennungssysteme können kulturelle Inhalte in Echtzeit übersetzt und für ein breiteres Publikum zugänglich gemacht werden. Dies fördert den interkulturellen Austausch und ermöglicht es Menschen mit unterschiedlichen Sprachkenntnissen, an kultu­rellen Veranstaltungen teilzuhaben.

Ein weiterer Bereich, in dem KI in der Kultur einen Mehrwert bieten kann, ist die Personalisie-rung von kulturellen Angeboten. Durch die Analyse von Nutzerdaten und Präferenzen können KI-Systeme individuelle Empfehlungen für kulturelle Veranstaltungen, Ausstellungen oder Konzerte geben. Dies ermöglicht es den Besucherinnen und Besuchern, ein maßgeschneider­tes kulturelles Erlebnis zu genießen. Dabei muss Wert darauf gelegt werden, dass die Daten nur im Einverständnis mit den Nutzerinnen und Nutzern und nur, wenn diese es wünschen, erhoben werden.

KI wird die Wahrnehmung, die (finanzielle) Wertschätzung und die Sehgewohnheiten des Pub­likums ändern. Fragen nach der Authentizität und kreativen Leistung von Kunst werden zu Diskussionen führen. Phänomene wie Deepfakes werden auch den Kunst- und Kulturbereich betreffen.

Dieser komplexe transformative Prozess kann nur im Dialog mit den Beteiligten vollzogen wer­den. Kunstschaffende haben sich schon lange, bevor das Thema KI zum Trend geworden ist, mit den ethischen Herausforderungen und Konsequenzen auseinandergesetzt.

Die weltweiten Entwicklungen in KI und Kultur haben bereits eine Debatte um Anpassungen des Urheberrechts hervorgerufen. Dieses schützt persönliche geistige Schöpfungen. KI kann diese nicht erschaffen, jedoch Werke erzeugen, die urheberrechtlich geschützten Werken stark ähneln und daher kaum von diesen zu unterscheiden sind. Die Zukunftskoalition von CDU und GRÜNEN setzt sich daher weiterhin für einen verantwortungsvollen Umgang mit KI und eine rechtliche Weiterentwicklung ein, die die Eigentumsrechte am eigenen Werk weiter­hin schützt, ohne den experimentellen Drang vieler Kulturschaffender einzuschränken. Damit die Kunstschaffenden rechtliche Sicherheit erhalten und Gerichte nicht jeden Einzelfall klären müssen, bedarf es aus unserer Sicht einer europäischen Anpassung des Urheberrechts. Zu­dem braucht es einen angemessenen Rechtsrahmen für Haftungsfragen.

Geprüft werden sollte in diesem Zusammenhang die Frage einer Kennzeichnungspflicht für KI-generierte Angebote und Produkte, damit das Publikum und alle anderen Akteurinnen und Akteure jederzeit transparent nachvollziehen können, ob oder in welchem Umfang KI bei der Entstehung von Angeboten und Produkten verwendet wurde. Inwieweit der Einsatz von KI durch Kunst- und Kulturschaffende Auswirkungen auf die Vergabe von Fördergeldern haben wird, muss in einem transparenten und dialogischen Prozess mit allen Beteiligten zeitnah er­örtert werden.

Die Implementierung von KI in Kunst und Kultur erfordert eine sorgfältige Abwägung rechtli­cher, ethischer und kreativer Aspekte. Die Zukunftskoalition von CDU und GRÜNEN ist über­zeugt, dass der richtige Einsatz von KI das kulturelle Schaffen auf eine neue Stufe heben kann, indem er neue kreative Horizonte erschließt.

II. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest:

  • Die Entwicklungen von KI wirken sich auf jede Sparte der Kulturproduktion aus.
  • KI wird sich fortwährend entwickeln und erfordert auch im Kulturbereich eine entspre­chende Handlungskompetenz der Akteurinnen und Akteure, um angemessen mit ihr um­gehen sowie von ihr profitieren zu können.
  • Medienkompetenz ist elementar, um den neuen Herausforderungen und Potenzialen von künstlicher Kompetenz zu begegnen und besonders im Kulturbereich ästhetische Mo­mente auch in digitalen und mit Unterstützung von KI-produzierten Kunstwerken zu entde­cken. Das (Kultur-)Publikum muss informiert sein, wenn KI Verwendung findet.
  • KI im Kulturbereich ist eine Chance zur Verbesserung, Ergänzung und Optimierung von schöpferischen Prozessen.
  • KI muss die Sicherheit privater Daten, den Datenschutz und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gewährleisten.
  • Es braucht einen einheitlichen europäischen Rechtsrahmen für durch KI-generierte Kunst-und Kulturangebote sowie -produkte.

Der Landtag beauftragt die Landesregierung,

  • konkrete KI-Projekte im Bereich von Kunst und Kultur aus vorhandenen Mitteln zu unter­stützen.
  • sich für eine Kennzeichnung von KI-generierten Inhalten und klare Verhaltens- und Transparenzpflichten für KI-Entwicklerinnen und Entwickler einzusetzen.
  • die Auswirkungen von KI auf den Kulturbereich auf ihre Chancen und Risiken, besonders mit Hinblick auf Arbeitsbedingungen, Persönlichkeitsrechte und Datenschutzvorgaben, mit den Beteiligten gemeinsam zu analysieren und Lösungsvorschläge zu erarbeiten.
  • sich beim Bund und auf europäischer Ebene für eine Überprüfung und ggf. Weiterentwick­lung des Urheberrechts und weiterer Rechtsnormen einzusetzen und diesen Prozess aktiv zu begleiten.
  • einen Dialog mit allen Beteiligten zu starten, um Wege hin zu transparenten und diskrimi­nierungsfreien Algorithmen für KI-Anwendungen im Bereich Kunst und Kultur zu erörtern und Kulturschaffende zu ermutigen, kreativ und kritisch alternative und experimentelle Per­spektiven auf das Thema Ethik und KI aufzuzeigen und Konzepte und Beschreibungen von KI im Bereich der Kultur zur Diskussion zu stellen.