Sozialen und ökologischen Gründungen, Unternehmen und Innovationen einen Schub geben

Entschließungsantrag zu dem Antrag „Impact Nordrhein-Westfalen – Die Plattform für Social Entrepreneurs“

Entschließungsantrag zu dem Antrag „Impact Nordrhein-Westfalen Die Plattform für Social Entrepreneurs
Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP – Drucksache 17/15873

I.

Die großen gesellschaftlichen Herausforderungen, wie der Klimaschutz oder der demografi-sche Wandel, und Megatrends, wie die Digitalisierung oder die Urbanisierung, verändern das Zusammenleben aller Menschen. Das stellt bisherige soziale Praktiken, gesellschaftliche Strukturen und Technologien vor neue Anforderungen. Aktuell hat die Corona-Pandemie ge­zeigt, wie schnell manchmal digitale Innovationen für soziale Probleme oder Herausforderun­gen benötigt werden. Die Teilnehmenden und Partnerorganisationen bei Initiativen wie #WirvsVirus, #UpdateDeutschland und Digitale Zivilgesellschaft 2021 zeigen aber auch, dass in der Gesellschaft ein großes Potenzial und Interesse zur gemeinschaftlichen Bewältigung großer Aufgaben besteht.

Immer mehr Gründerinnen und Gründer in Deutschland starten mit der Motivation, über ihr Gründungsvorhaben einen Beitrag für die Überwindung der ökologischen und sozialen Prob­leme und Herausforderungen zu leisten. Social Entrepreneurs vereinen Kreativität, Risikobereitschaft und unternehmerischen Geist, um innovative Ansätze zu entwickeln und zu verbreiten, deren Ziel es ist für das Gemeinwohl neue Wege aufzuzeigen. Diese Gründerinnen und Gründer richten sich mit ihren Ideen auf die Lösung von gesellschaftlichen Herausforde­rungen mit unternehmerischen Mitteln. Nicht der Gewinn allein ist das Unternehmensziel, son­dern der soziale Impact. Dabei wollen sie nicht nur Symptome gesellschaftlicher Probleme lindern, sondern sich für die Behebung von Ursachen einsetzen. So werden sie zu relevanten Akteuren bei der Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft.

Viele Studien und Publikationen zeigen das enorme Potenzial von Social and environmental Entrepreneurship für die Überwindung gesellschaftlicher Herausforderungen sowie zum Erreichen der globalen Nachhaltigkeitsziele (SDG). Wenn die Lösungsansätze der deutschen

Sozialunternehmen besser genutzt werden, kann sich zusätzlich zum ökologischen und sozi­alen Erfolg ein finanzieller Nutzen in Milliardenhöhe ergeben.

Bevor Sozialunternehmerinnen und Sozialunternehmer einen Beitrag dazu leisten können, die Herausforderungen der Gesellschaft anzugehen, haben sie selbst mit einer Reihe von Her­ausforderungen zu kämpfen. So fällt es ihnen schwer, die für ihr besonderes Geschäftsmodells passende Rechtsform zu finden. Die meist auf technologische Innovationen abzielenden För­derprogramme sind für sie ein Problem, ebenso wie fehlende Strategien und unklare Zustän­digkeiten auf Landesebene. Sie brauchen Förder-, Beratungs- und Unterstützungspro­gramme, die auf ihre spezifischen Bedürfnisse zugeschnitten sind und die über die bestehen­den Instrumente hinausgehen.

Der Koalitionsvertrag1 von CDU und FDP in NRW von Juni 2017 erwähnte Sozialunternehmen, Social Entrepreneurs oder soziale Innovationen mit keinem Wort. Noch im Juli 2019 sah die Landesregierung ausweislich ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage 2611 keinen spezifischen Handlungsbedarf. Die „Neue Gründerzeit Nordrhein-Westfalen“2 der schwarz-gelben Landes­regierung aus dem selben Monat zielte mit ihrer neunten Säule darauf ab, dass Nordrhein-Westfalen zum attraktivsten Standort für sozial oder ökologisch orientierte Gründerteams wer­den soll. Im Kern der dann vorgeschlagenen Initiativen und Maßnahmen ging es aber darum, das Thema Corporate Social Responsibility in jungen Unternehmen zu stärken. Damit wird der soziale und ökologische Mehrwert von sozialen Innovationen und Sozialunternehmen zum An­hängsel von ökonomischen Interessen degradiert. Auch dem vorliegenden Antrag 17/15873 der Fraktionen der CDU und FDP fehlt unter anderem der Blick auf übergreifende Themen wie Zivilgesellschaft und Wohlfahrt. Der vorangegangene Entschließungsantrag 17/13330 von CDU und FDP von April 2021 beauftragte die Landesregierung zu Maßnahmen, die in der Form nicht von den Sozialunternehmerinnen und Sozialunternehmern gewünscht wurden oder nur sehr kleine Schritte darstellten. Den weiterreichenden und auf die Bedürfnisse der Sozial­unternehmen stärker ausgerichteten Antrag 17/11178 der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ­NEN lehnten die Koalitionsfraktionen ab.

Andere Bundesländer haben den Mehrwert von Social Entrepreneurship früher erkannt und gemeinsam mit den Sozialunternehmen spezifische Förder- und Unterstützungsprogramme aufgelegt. Der vorliegende Antrag von CDU und FDP lässt bezüglich der weiteren Ausgestal­tung und Umsetzung einige Unklarheiten. Da die geplante Plattform dazu dienen soll nur vor­handene Angebote aufzulisten, ist eindeutig, dass die Koalitionsfraktionen weiterhin kein ei­genständiges und umfassendes Förderprogramm für soziale und ökologische Gründungen, Unternehmen und Innovationen planen, wie es beispielsweise mit dem Förderprogramm So-zialinnovator in Hessen geschaffen wurde. Auch sollten Maßnahmen, die nicht NRW-spezi­fisch sind, nicht im Rahmen eines regionalen Angebots neu aufgebaut, sondern durch die In­tegration bestehender bundesweiter Netzwerke und Plattformen eingebunden werden. Nicht zuletzt muss eine solche Plattform auch vorhandene kommunale Angebote berücksichtigen und einbinden.

Darüber hinaus gilt es die geplanten Maßnahmen der neuen Bundesregierung grundsätzlich und in einem sinnvollen Gesamtkonstrukt zu beachten. Eine nationale Strategie für Sozialun­ternehmen und verbesserte rechtliche Rahmenbedingungen für gemeinwohlorientiertes Wirt­schaften, die neben weiteren Maßnahmen für Startups insgesamt im Koalitionsvertrag3 von SPD, Grüne und FDP vereinbart sind, werden sich für die Sozialunternehmerinnen und So­zialunternehmer in NRW deutlich positiv auswirken.

II. Der Landtag beschließt:

Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

  1. Eine spezifische Strategie zur Förderung von sozialen und ökologischen Gründungen, Unternehmen und Innovationen vorzulegen, die
    a) gemeinsam mit den Sozialunternehmerinnen und Sozialunternehmern entwickelt wird,
    b) auch übergreifende Themen, wie beispielsweise Zivilgesellschaft und Wohlfahrt, berücksichtigt,
    c) auch über die Landesgrenzen hinausdenkt und Vorhaben auf Bundesebene antizi­piert und
    d) Maßnahmen aller Ressorts der Landesregierung für soziale und ökologische Grün­dungen und Innovationen sinnvoll koordiniert und aufeinander abstimmt.
  2. Die Kompetenzen für Social Entrepreneurship und soziale Innovationen zu bündeln und eine entsprechend zuständige und ausreichend ausgestattete Stelle in der Landesregie­rung zu schaffen, die auch verantwortlich für die geplante Plattform „Impact.NRW“ sein wird.
  3. Einen landeseigenen Social Innovation Fund nach hessischem Vorbild aufzusetzen und mit ausreichend Haushaltsmitteln auszustatten.
  4. Die Hub-Landschaft in Nordrhein-Westfalen zu erweitern um einen dezentral organisier­ten Sustainability Hub, in dem nachhaltige Geschäftsmodelle und Innovationen gefördert werden, der bestehende Initiativen, das neue Global Entrepreneurship Centre sowie Gründerinnen und Gründer vernetzt und der in den Aufbau von „Impact.NRW“ eingebun­den wird.
  5. Experimentierräume für soziale und ökologische Innovationen zu ermöglichen und zu fördern.
  6. Eine Kampagne zur Sichtbarkeit der sozialen und ökologischen Gründungen, Unterneh­men und Innovationen durch die einschlägigen Verbände zu fördern

 

1  https://www.cdu-nrw.de/sites/www.neu.cdu-nrw.de/files/downloads/nrwkoalition_koalitionsver-trag_fuer_nordrhein-westfalen_2017_-_2022.pdf

2 https://www.wirtschaft.nrw/neue-gruenderzeit-nordrhein-westfalen

3 https://cms.gruene.de/uploads/documents/Koalitionsvertrag-SPD-GRUENE-FDP-2021-2025.pdf