Mit Konzept, ohne Populismus: Wir schützen Mädchen & Frauen vor Gewalt

Josefine Paul zum Landesaktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen:

Portrait Josefine Paul

Gewalt gegen Frauen passiert vor allem im Verborgenen. Während viele Menschen Sexismus und sexualisierte Gewalt in unserer Gesellschaft als überwunden betrachten, sprechen die Fakten eine andere, traurige Sprache: Jede dritte Frau im Alter von 16 bis 85 Jahren hat in Deutschland mindestens einmal in ihrem Leben körperliche und/oder sexualisierte Gewalt erfahren. Besonders schrecklich: Jede vierte Frau in Deutschland erlebt Gewalt in ihrer Partnerschaft. Doch entgegen der gängigen Vorurteile zeigt die Studie „Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen“ sehr klar auf, dass auch Frauen in mittleren und hohen Bildungs- und Sozialschichten in einem viel größeren Ausmaß von Gewalt betroffen sind als vielfach vermutet.
Dass Frauen körperlich und seelisch misshandelt und gedemütigt werden, ist leider seit jeher ein Teil unserer Gesellschaft. Gewalt gegen Frauen geschieht  jeden Tag, mitten unter uns. Die rot-grüne Landesregierung hat daher  in einem umfassenden Prozess über einen Zeitraum von fünf Jahren in Zusammenarbeit mit den Akteur*innen der Frauenhilfeinfrastruktur und den Kommunalen Spitzenverbänden mit der Erarbeitung des  Landesaktionsplanes "NRW schützt Frauen und Mädchen vor Gewalt" begonnen. Das nun veröffentlichte Ergebnis kann sich sehen lassen. Zum ersten Mal und in dieser Form bundesweit einmalig fasst der Aktionsplan alle Maßnahmen zum Schutz von Frauen und Mädchen zusammen.  Dass NRW ein so breites Angebot machen kann, liegt auch daran, dass wir die Finanzmittel für den Gewaltschutz von Frauen und Mädchen seit dem Jahr 2010 von 11 auf 22 Millionen Euro verdoppelt haben.
So konnten wir auch das bundesweit einzigartige Förderkonzept für traumatisierte, geflüchtete Frauen umsetzen, das wir mit 1,75 Millionen Euro finanziell unterstützen.  Es fördert die niedrigschwellige Begleitung und Betreuung sowie die Weiterbildung und Sensibilisierung von Ehrenamtlichen und Fachkräften. Außerdem werden ganz konkret auch akutpsychotherapeutische Maßnahmen durch Traumaambulanzen finanziert.
Gleichzeitig zeigt der Aktionsplan einen sehr engagierten Weg der Einbeziehung und Sensibilisierung all jener gesellschaftlichen Akteur*innen auf, die mit gefährdeten Gruppen in engem Kontakt stehen. So soll beispielsweise die Kooperation zwischen Gesundheitswesen und Frauenhilfeinfrastruktur weiter ausgebaut werden. Ganz praktisch hat das „Kompetenzzentrum Frauen und Gesundheit NRW“ im Auftrag des Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter eine umfangreiche Materialsammlung zusammengestellt, die die notwendigen Informationen für Ärzt*innen kurz und bündig zusammenfasst.
Neben dem klaren Ziel, die gewachsene Frauenhilfeinfrastruktur in NRW weiter zu unterstützen und die Kooperation mit anderen Akteurinnen und Akteuren zu stärken, setzt der Aktionsplan  ebenfalls bei der Prävention an. Wir betrachten dabei das komplexe Spektrum der Gewaltprävention umfassend. Unter anderem zählen engagierte Aufklärungs- und Beratungsarbeit, Maßnahmen zur Selbststärkung junger Mädchen, aber auch die gewaltpräventive Wirkung des Strafrechts dazu. Außerdem richten wir den Blick auf gewaltbegünstigende Faktoren, wie beispielweise Gewalterfahrungen in der Kindheit und Jugend, das Leben in Abhängigkeiten, Verunsicherungen in der Geschlechterrolle und nicht zuletzt eine schwache gesellschaftliche Ächtung von Gewalt. Denn obwohl das öffentliche Bewusstsein in den vergangenen Jahren ein wenig gewachsen ist, darf der laute und engagierte #Aufschrei nicht verklingen. Frauen und Mädchen müssen in ihrem Selbstverständnis und in ihrer eigenen Wehrhaftigkeit unterstützt werden und das möglichst schon von klein auf. Nur dann ist es möglich, Gewalt aus dem Verborgenen herauszuholen und weiter gesamtgesellschaftlich zu bekämpfen.