Rot-Grün würdigt und stärkt das kommunale Ehrenamt

Kommunalinfo

Liebe Freundinnen und Freunde,
mit diesem Kommunalinfo wollen wir Euch über die aktuellen Entwicklungen bezüglich der Stärkung des kommunalen Ehrenamtes informieren. Über einige Maßnahmen hatten wir schon im Kommunalinfo von Oktober 2015 berichtet. Nunmehr haben wir zusammen mit der SPD zwei entsprechende Gesetzentwürfe erarbeitet und ins parlamentarische Verfahren eingebracht. Am nächsten Mittwoch steht die 1. Lesung des Gesetzes zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung, am Donnerstag die 1. Lesung des Gesetzes zur Stärkung des Kreistags im Landtagsplenum an. Ich gehe davon aus, dass beide Gesetze bis zum Jahresende in Kraft treten werden. Hierbei wollen wir im Einzelnen das kommunale Ehrenamt vor allem durch folgende Maßnahmen stärken:

Vereinheitlichung Verdienstausfall (gilt für Räte und Kreistage)

Die Regelungen zum Verdienstausfall werden landesweit vereinheitlicht. Die konkreten Stundensätze für den tatsächlich nachgewiesenen Verdienstausfall werden zukünftig vom Ministerium für Inneres und Kommunales (MIK) per Rechtsverordnung festgesetzt und regelmäßig überprüft. Bislang musste dies individuell in den Hauptsatzungen der Kommunen geregelt werden. Als Regelstundensatz haben wir den gesetzlichen Mindestlohn von derzeit 8,50 Euro und als Höchststundensatz einschließlich der Arbeitgeberanteile zu den Sozialversicherungen 80 Euro je Stunde vereinbart.

Aufwandsentschädigung (gilt für Räte und Kreistage)

Bereits zu Beginn des Jahres 2016 wurden die Aufwandsentschädigungen per Rechtsverordnung um 10 Prozent erhöht. Darüber hinaus erhalten Mandatsträger*innen in folgenden Funktionen zukünftig noch eine zusätzliche Aufwandsentschädigung:
·         Ausschussvorsitzende, mit Ausnahme der des Wahlprüfungsausschusses; per Regelung in der Hauptsatzung können die Kommune weitere Ausnahmen für einzelne Ausschüsse vorsehen. Diese Regelung gilt auch für die Landschaftsverbände und den Regionalverband Ruhr (RVR). 
·         Stellvertretende Fraktionsvorsitzende ab einer Fraktionsgröße von acht Mitgliedern; Bislang erhielten nur stellvertretende Fraktionsvorsitzende von Fraktionen mit mindestens zehn Mitgliedern diese zusätzliche Entschädigung.

Fraktionsmindestgröße (gilt für Räte und Kreistage)

Um unter anderem das Problem von technischen Fraktionen zu mindern, werden die Mindestgrößen für die Bildung von Fraktionen in größeren Räten und Kreistagen angepasst. Demnach sind in Räten bzw. Kreistagen mit höchstens 50 Mitgliedern weiterhin mindestens 2 Fraktionsmitglieder für die Bildung einer Fraktion notwendig. Darüber sind demnächst bei einer Gremiengröße von 
·         51-74 Rats- bzw. Kreistagsmitgliedern 3 Fraktionsmitglieder
·         75-90 Rats- bzw. Kreistagsmitgliedern 4 Fraktionsmitglieder
·         über 90 Rats- bzw. Kreistagsmitgliedern 5 Fraktionsmitglieder
zur Bildung einer Fraktion notwendig. Durch diese Schwellenwerte wird sichergestellt, dass eine Partei, die bei den Wahlen mindestens fünf Prozent der Stimmen erreicht hat, auch eine Fraktion bilden kann. Die Mindestgrößen für die Fraktionsbildung in den Landschaftsverbänden und dem RVR soll zukünftig auch mindestens fünf Personen betragen. Aus Gründen des Vertrauensschutzes für die momentan bestehenden Kleinfraktionen tritt diese Regelung erst zu Beginn der nächsten Wahlperiode im Jahr 2020 in Kraft.

Ausstattung von Gruppen (gilt für Räte, Kreistage, Landschaftsverbände und RVR)

Mit der Neufestsetzung der Mindestgrößen von Fraktionen ist eine Neujustierung der Ausstattung von Gruppen notwendig. Bisher galt die Regelung einer Mindestausstattung für Gruppen in Höhe von zwei Dritteln der Zuwendungen an die kleinste technisch mögliche Fraktion. Hiernach erhält beispielsweise die zweiköpfige Dortmunder Gruppe von NPD und DIie Rechte jährlich Zuweisungen von rund 42.500 Euro. Dies werden wir ändern. Künftig erhält eine Gruppe 90 Prozent einer proportionalen Ausstattung, die sich aus ihrer Mitgliederzahl im Verhältnis zu den Zuwendungen der kleinstmöglichen Fraktion ergibt. Was heißt das:
Beispiel 1:
Rats- bzw.- Kreistagsgröße: 91 Mitglieder, erforderliche Mitgliederzahl zur Bildung einer Fraktion: 5 Personen, Zuwendungen für eine 2-köpfige Gruppe: Zwei Fünftel x 90 Prozent, Zuwendungen für eine 3-köpfige Gruppe: drei Fünftel x 90 Prozent, Zuwendungen für eine 4-köpfige Gruppe vier Fünftel x 90 Prozent. Für die 2-köpfige Dortmunder Gruppe aus NPD und Die Rechte würde sich bei jährliche Zuwendungen von 63.800 Euro für die kleinste Fraktion ein Rechnungsbetrag von rund 23.000 Euro ergeben.
Beispiel 2:
Rats- bzw.- Kreistagsgröße: 75 Mitglieder, erforderliche Mitgliederzahl zur Bildung einer Fraktion: 4 Personen, Zuwendungen für eine 2-köpfige Gruppe: Zwei Viertel x 90 Prozent, Zuwendungen für eine 3-köpfige Gruppe: drei Viertel x 90 Prozent. Für eine 2-köpfige Gruppe würde sich bei jährliche Zuwendungen von 30.000 Euro für die kleinste Fraktion ein Rechnungsbetrag von rund 13.500 € ergeben. Bisher wären dies 20.000 € entsprechend einem Zweidrittel-Anteil.
Die entsprechenden Regelungen treten aus Gründen des Vertrauensschutzes für die momentan bestehenden Kleinfraktionen erst zu Beginn der nächsten Wahlperiode im Jahr 2020 in Kraft.

Stärkung der Rolle der sachkundigen Bürger*innen (gilt für Räte und jetzt schon für Kreistage)

In Räten können sachkundige Bürger*innen zukünftig auch Mitglied im Finanz- sowie im Rechnungsprüfungsausschuss werden. Bislang war dies nur in Kreistagen möglich. Dadurch können die Fraktionen noch mehr sachkundige Bürger*innen bestellen und erhalten somit mehr Flexibilität bei der Besetzung der Ausschüsse. Damit können in allen Ausschüssen bis auf den Hauptausschuss sachkundige Bürger*innen Mitglied werden.

Aufnahme von Interessenvertretungen/Seniorenbeiräte (gilt für Räte)

Es wird gesetzlich geregelt, dass Kommunen zur Wahrnehmung spezifischer Interessen von Senioren, Menschen mit Behinderung oder sonstigen gesellschaftlichen Gruppen besondere Vertretungen bilden bzw. Beauftrage bestellen können. Ein herausragendes Beispiel hierfür sind die bereits in vielen Städten und Gemeinden in NRW bestehenden Seniorenvertretungen bzw. -beiräte. Durch diese Regelung sollen die Kommunen zukünftig ermuntert werden, von dieser Möglichkeit der Einbindung gesellschaftlicher Gruppen in den kommunalen Willensbildungsprozess Gebrauch zu machen.

Optionale Verkleinerung des Gremiums (gilt für Räte und Kreistage)

Die Größen der kommunalen Vertretungen werden weiter flexibilisiert und an die individuellen Bedürfnisse angepasst. Zukünftig steht es den Kommunen und Kreisen offen, ihre Vertretungen um bis zu zehn Mitglieder gegenüber der regulären gesetzlichen Größe zu verkleinern. Bislang ist eine Verkleinerung um maximal sechs Mitglieder möglich. Diese Regelung ist ausdrücklich optional und nicht verpflichtend.

Massive Stärkung der Kreistage durch optionale Einführung von Kreisbeigeordneten

Bislang werden in den Kreisverwaltungen die Dezernate – mit Ausnahme der Kreisdirektor*innen und anders als in den Städten und Gemeinden in NRW – nicht von vom Kreistag zu wählenden Beigeordneten, sondern von Laufbahnbeamt*innen besetzt. Bereits im Koalitionsvertrag hatten wir mit der SPD vereinbart, Kreisbeigeordnete optional einzuführen. Diese Vereinbarung lösen wir mit dem Gesetzentwurf nun ein. Dadurch werden die Rechte der Kreistage gegenüber den Landrätinnen und Landräten massiv gestärkt. Um diese Einführung zu ermöglichen, sind eine Reihe von Änderungen in der Kreisordnung notwendig. So erhalten die Kreistage zukünftig Allzuständigkeits- sowie Rückholrechtrechte für bereits delegierte Aufgaben. Damit werden die Regelungen in der Gemeindeordnung auch für die Kreistage übernommen. Durch die Einführung der Allzuständigkeit wird wiederum die Abschaffung des Kreisausschusses, der im Ausschussgefüge eine Sonderrolle einnimmt, notwendig. Dieser wird durch den Hauptausschuss, mit den Kompetenzen, wie sie bereits für Städte und Gemeinden bestehen, ersetzt. Gleichzeitig wird der Dezernats-Zuschnitt und damit die Aufgabenverteilung in die Hände der Kreistage übergeben. Bisher entschieden die Landrät*innen dies in eigener Verantwortung. Hiervon ausgenommen sind die hoheitlichen Aufgaben der Kommunal-, Polizei- und Schulaufsicht. Diese Aufgaben werden den Landrätinnen und Landräten direkt zugeordnet.
Um den Kreisen Planungssicherheit zu geben und einen sanften Übergang zu ermöglichen, tritt diese Reform erst mit Beginn der neuen Kommunalwahlperiode im Jahr 2020 in Kraft. Hierdurch wird auch dem Vertrauensschutz der momentan amtierenden Landrät*innen Rechnung getragen.
Bei inhaltlichen Rückfragen steht Simon Rock, wissenschaftlicher Mitarbeiter für Kommunalpolitik, zur Verfügung (Telefon 0211-8842591, simon.rock@landtag.nrw.de).
Mit Grünen Grüßen
Mario Krüger

Mehr zum Thema

Kommunales