Mostofizadeh/Engstfeld: Herber Rückschlag für die europäische Integration

Mehrdad Mostofizadeh: „Als überzeugter Europäer kann man das Ergebnis des britischen Referendums nur tief enttäuscht zur Kenntnis nehmen. Dass eine knappe Mehrheit der Britinnen und Briten ihre Zukunft nicht in der Europäischen Union sieht, stimmt uns traurig. Jetzt müssen faire Austrittsverhandlungen folgen.

Es ist aber zu kurz gesprungen, den Ausgang des Referendums als Ergebnis einer emotionalisierten Angstkampagne ewiggestriger Rechtspopulisten zu bewerten. Ja, es gibt Vorbehalte gegen die Europäische Union, nicht nur in Großbritannien. Deshalb müssen wir Europa ein starkes politisches Fundament geben. Es braucht jetzt eine nüchterne Auseinandersetzung darüber, wie die EU mit allen 27 künftigen Mitgliedsstaaten fortentwickelt werden kann, um mehr Demokratie, soziale Gerechtigkeit, Wachstum und Nachhaltigkeit für alle zu erreichen. Europa kann seine Krise nur überwinden, wenn es die sozialen Sorgen und Ängste seiner Bürgerinnen und Bürger beantwortet.“ 

Stefan Engstfeld: „Heute ist ein trauriger Tag für die EU und für Nordrhein-Westfalen. Wegen unserer vielen politischen, kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Verflechtungen hat sich auch der Landtag NRW im Mai dieses Jahres deutlich für einen Verbleib Großbritanniens in der EU ausgesprochen. Der heutige Tag zwingt uns Europäer und Nordrhein-Westfalen endlich zu entscheiden, wohin wir wollen mit der EU.

Das Abstimmungsergebnis ist auch ein herbe Niederlage für den britischen Premier David Cameron. Sein Rücktritt ist folgerichtig. Durch seine politisch verantwortungslose Kurzsichtigkeit hat er das europäische Friedensprojekt massiv gefährdet. Dieser historische Rückschlag für die europäische Integration geht in Teilen auf sein Konto. Er beschert seiner Bevölkerung zugleich eine innerstaatliche Debatte. Die Schotten und Nordiren haben deutlich für einen Verbleib in der EU gestimmt, auch die jungen Britinnen und Briten sehen ihre Zukunft in der Union.“