DS 16/1260 Tourismus in Nordrhein-Westfalen vernetzen und unterstützen

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

I. Der Landtag stellt fest
Der Tourismus gehört in den Fokus der Wirtschaftspolitik des Landes. Der Hauptgrund dafür ist seine Doppelfunktion:
Zum einen stellt der Tourismussektor selbst als Wertschöpfungsquelle eine immer wichtiger werdende Branche dar, die nach Berechnungen des DWIF (Deutsches Wirtschaftswissenschaftliches Institut für Fremdenverkehr, München 2011) insgesamt einen Bruttoumsatz von 31,3 Mrd. Euro in Nordrhein-Westfalen generiert. Daraus ergibt sich eine Gesamtwertschöpfung von rund 13,8 Mrd. Euro. Damit trägt der Tourismussektor rd. 3,5% zum Volkseinkommen bei. Das entspricht einem Beschäftigungsäquivalent von etwa 630.000
Erwerbstätigen. Diese Arbeitsplätze sind fest am Standort Nordrhein-Westfalen verankert und damit grundlegend vor Verlagerung geschützt. Der seit Jahren in Nordrhein-Westfalen stetig wachsende Tourismussektor wirkt wie ein „Beschäftigungsmotor“ und bildet zugleich eine tragende Säule für Ausbildung und Qualifikation. Davon profitieren nicht nur die urbanen Zentren unseres Landes, sondern hier eröffnen sich auch immer wieder neue Chancen für die ländlichen Räume.
Zum anderen stärkt ein touristisch attraktives Profil die Standortpolitik für den Wirtschaftsraum Nordrhein-Westfalen, weil bei Investitionsentscheidungen und für die Gewinnung von Fachkräften der hohe Freizeit- und Erholungswert einer Region zusehends an Gewicht gewinnt und deshalb alle Branchen im Standortwettbewerb davon profitieren.
Mit seiner besonderen Mischung aus pulsierender Urbanität und erlebbaren Naturräumen bietet das Land einerseits die vielfältigen Reize einer hoch verdichteten Stadt-, Business- und Kulturszene und andererseits Rückzugs-, Entschleunigungs- und Entspannungsmöglichkeiten in herrlichen Naturlandschaften, exzellenten Sport- und Gesundheitseinrichtungen sowie Naherholungsangeboten.
Immer mehr Gäste wissen diese Angebote zu schätzen. Nachdem die Branche schon im Jahr 2010 mit erstmals mehr als 42 Millionen Übernachtungen ein Rekordergebnis erzielen konnte, stieg die Zahl der Übernachtungen im Jahr 2011 noch einmal um 5% auf mehr als 44
Millionen an. Und dieser Aufwärtstrend hält an. Im ersten Halbjahr 2012 ergab sich ein erneuter, kräftiger Zuwachs von mehr als 5%.
Dabei gerät Nordrhein-Westfalen immer mehr in den Blickpunkt ausländischer Gäste, die mit ihren Ankünften und Übernachtungen überdurchschnittlich zum Wachstum beitragen. Besonders erfreulich ist zudem, dass die Branche in Nordrhein-Westfalen weit dynamischer wächst als in den anderen großen Flächenländern in Deutschland.
Diesen Aufwärtstrend gilt es nachhaltig zu stärken!
Dazu wurde über den touristischen Landesverband „Tourismus NRW e.V.“ zusammen mit allen maßgeblichen touristischen Akteuren des Landes der „Masterplan Tourismus“ weiterentwickelt, so dass eine schlüssige Strategie für das ganze Land entstanden ist, die das Profil der „Destination Nordrhein-Westfalen“ mit Blick auf die potenzialträchtigsten Zielgruppen in den nächsten Jahren mit innovativen Projekten schärfen und damit noch mehr Lust auf Nordrhein-Westfalen wecken soll.
Nordrhein-Westfalen hat aufgrund seiner räumlichen, ökonomischen und infrastrukturellen Angebote alle Chancen, den Ansprüchen an eine moderne Destination künftig noch besser zu entsprechen als viele Wettbewerber. Hier kommt der Förderung der Nahmobilität, insbesondere des Fahrradtourismus (z.B. Pedelec-Ladestationen, Bed and Bike-Angebote) und entsprechenden An- und Abreiseangeboten mit der Bahn eine hohe Bedeutung zu.
Dazu müssen allerdings neue, zielgruppenscharfe touristische Produkte entwickelt und über Landesproduktmarken national und international neu positioniert und vermarktet werden. Im medizintouristischen Bereich ebenso wie im Businesssegment, im Naturtourismus, beim „sanften Tourismus“, beim Urlaub auf Bauernhöfen oder bei Aktiv-, Kultur- und Eventangeboten.
Dieser Prozess, der von der Landesregierung auf vielfältige Weise unterstützt wird, erreicht jetzt eine neue Phase.
Im November 2011 hat der touristische Landesverband, Tourismus NRW e.V., eine neue Kommunikationsoffensive gestartet, um die neu entwickelte touristische Markenfamilie am Markt zu positionieren und in einer Pilotphase die ersten Angebote der teilnehmenden touristischen Leistungsträger an den Endkunden zu vermarkten. Das Ziel der neuen Marketing- und Kommunikationsstrategie ist es, ein ganzheitlich wahrnehmbares Bild von den touristischen Attraktionen unseres Landes und seiner touristischen Highlights zu zeichnen und damit noch mehr Aufmerksamkeit für unser Land zu gewinnen. Dabei verkörpert die Muttermarke „Dein NRW“ den neuen einheitlichen Auftritt. Mit der neuen Wort- Bildmarke werden die Besucher gemäß der landestypischen offenen Art – „Mein NRW ist auch Dein NRW“ – herzlich und persönlich eingeladen, unser Bundesland kennenzulernen. Die sieben thematischen neuen Produktmarken – NRWAKTIV, NRWBUSINESS, NRWGESUND, NRWKULTUR, NRWSTÄDTE, NRWEVENTS, NRWGENUSS – werden durch die Muttermarke gebündelt. Diese neue Markenfamilie soll den Gästen in Zukunft auch als eine Art „Gütesiegel“ gelten, das für hohe Qualität und besten Service steht.
II. Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

  • sicherzustellen, dass das Landestourismusmarketing auf den internationalen Märkten künftig eng mit dem Standortmarketing verbunden wird;
  • sich bei der Bundesregierung und der Europäischen Kommission dafür einzusetzen, dass der Tourismusbereich nach Auslaufen des aktuellen Ziel 2 Programms im Jahr 2013 einen erneuten Zugang zum EFRE-Programm in der Förderperiode ab 2014 erhält. Dabei sollten die Mittel für die touristische Infrastruktur, für Naturtourismus, Marketing- und Netzwerkprojekte in für den Tourismussektor besonders geeigneten Verfahren auch in Hinblick auf den Themenbereich Klima-, Umwelt- und Naturschutz vergeben werden;
  • sich dafür einzusetzen, dass auch im ELER-Programm für die Förderphase 2014-2020 die notwendigen Förderzugänge zur Stärkung des Tourismus im ländlichen Raum geschaffen werden;
  • eine angemessene Finanzausstattung des touristischen Landesverbandes, Tourismus NRW e.V., sicherzustellen, damit die vom Land und den touristischen Regionen gesetzten Ziele erreicht werden können;
  • Konzepte und Überlegungen zur Entwicklung einer Marke NRWNATUR als weitere Produktmarke zu unterstützen;
  • umgehend mehr Transparenz über die Fördermöglichkeiten des Landes für das Hotel- und Gastgewerbe zu schaffen;
  • das Hotel und Gastgewerbe in die aktuelle Klimaschutzpolitik aktiv einzubeziehen;
  • beim    Fachkräfteprogramm   auf   eine    angemessene    Beteiligung    des    Hotel-    und Gastgewerbes zu achten ;
  • das Thema „barrierefreier Tourismus“ in der Zielsetzung zu verankern und dessen Chancen zu nutzen;
  • die ressortübergreifenden Tourismusprojekte über die Interministerielle Arbeitsgruppe Tourismus (IMAG-Tourismus) zu koordinieren und auf die neue Tourismusstrategie auszurichten;
  • dafür Sorge zu tragen, dass bei neuen Projekten vermehrt der Focus auf die Gestaltung eines nachhaltigen und eines sanften Tourismus gelegt wird.
  • die wachsende Nachfrage beim Fahrradtourismus angemessen zu berücksichtigen und die Infrastruktur für Nahmobilität in angemessener Weise zum Bestandteil der Förderkulisse zu machen.