Ergebnisse des Fachgesprächs „Zwischen Ankommen und gesellschaftlicher Teilhabe – aktuelle flüchtlingspolitische Fragen in Land und Kommune“

Liebe Freundinnen und Freunde,
an diesem Dienstag hat der selbst ernannte „Chancenminister“ Joachim Stamp seinen „Asyl-Stufenplan“ vorgestellt, unter anderem sieht dieser vor, geflüchtete Menschen bis zu 24 Monate in zentralen Landeseinrichtungen unterzubringen. Das hätte integrationspolitisch fatale Folgen. Stamp entwickelt sich damit immer mehr zur Seehofer-Kopie. Die Fragen nach der Beschulung von Kindern, nach gesundheitlicher Versorgung, dem Zugang zu Integrationsmaßnahmen wie Sprachkursen und ehrenamtlicher Unterstützung lässt der FDP-Integrationsminister unbeantwortet. Meine Bewertung dieses aktuellen Vorhabens von Schwarz-Gelb findet Ihr hier. Über die Entwicklungen zum „Asyl-Stufenplan“ werde ich Euch auf dem Laufenden halten.
Vor Kurzem haben sich die Grünen Sprecher*innen für Flüchtlings- und Migrationspolitik aus den Räten und Kreistagen auf meine Einladung hin im Landtag zu einem sehr anregenden Austausch getroffen. Mit diesem Kommunalinfo möchte ich Euch gerne über die Ergebnisse unseres Fachgesprächs „Zwischen Ankommen und gesellschaftlicher Teilhabe – aktuelle flüchtlingspolitische Fragen in Land und Kommune“ informieren.
Bei unserem Treffen ist noch einmal deutlich geworden, dass es in der kommunalen Flüchtlingspolitik wichtiger Unterstützungsstrukturen, einer guten Verwaltungskultur und gut vernetzter Kommunikation bedarf. Daran möchten wir von Landesebene gerne mitwirken und uns in der parlamentarischen Arbeit dafür einsetzen, dass Strukturen und Angebote vor Ort gestärkt und verstetigt werden. Aus der Diskussion habe ich dazu wichtige Impulse für politische Initiativen mitgenommen und möchte nun wie angekündigt die wesentlichen Ergebnisse aus dem Fachgespräch und Musteranfragen für die kommunalpolitische Arbeit zur Verfügung stellen (siehe Anhang und unten). Es wäre nett, wenn Ihr uns über die Antworten auf Eure Anfragen vor Ort auf dem Laufenden haltet, damit wir daraus zum Beispiel weitere Anträge entwickeln können.
Ein herzliches Dankeschön allen Teilnehmenden für die engagierte Diskussion sowie an Miriam Koch, Leiterin des Amtes für Migration und Integration der Stadt Düsseldorf, für ihren Input und Claus-Ulrich Prölß, Geschäftsführer des Kölner Flüchtlingsrats e.V., für seine Moderation.
Zusammenfassung des Fachgesprächs vom 13. März 2018
Die Powerpoint-Präsentation zu meinem Input „Aktuelle Flüchtlingspolitik in NRW – neuer Zuschnitt, neue Chance“ ist in der Anlage beigefügt.
Aufnahme und Integration von Geflüchteten als Gemeinschaftsaufgabe vor Ort: Input von Miriam Koch, Leiterin des Amtes für Migration und Integration der Stadt Düsseldorf
Miriam Koch wurde 2015 zur ersten Flüchtlingsbeauftragten der Stadt Düsseldorf ernannt. Dadurch sollten die Aufgaben gebündelt und innerhalb der Verwaltung mit einer Ansprechperson verbunden werden. Mit den hohen Zuzugszahlen 2015/2016 stand die Unterbringung (zunächst Hotelunterbringung, dann vermehrt dezentrale Einheiten mit bis zu 200 Plätzen) im Fokus. Außerdem war Düsseldorf Drehkreuzstandort.
Als die Zuzugszahlen zurückgegangen sind, wurde ein Prozess innerhalb der Verwaltung begonnen, um das gesamte Integrationsmanagement neu zu strukturieren. Vorbilder sind das Wuppertaler „Haus der Integration“ und die Struktur in Stuttgart. In Düsseldorf ist nun aus der Ordnungsbehörde ein neues Amt entstanden, das unter anderem das Ausländeramt, das Kommunale Integrationszentrum und alles rund um das Thema Unterbringung umfasst. Inzwischen wurde der erste Haushalt für das neue Amt vorgelegt, aber die Organisation muss noch weiter ausgebaut werden.
Miriam Koch ermuntert die Ausländerbehörde, Ermessensspielräume – zum Beispiel bei der Ausbildungsduldung – stärker zu nutzen. Die Geflüchteten sollen schnell an die zuständigen Stellen, auch an Beratungsstellen außerhalb der Verwaltung, etwa bei den Wohlfahrtsverbänden und Integrationsagenturen, weiter vermittelt werden. Außerdem ist es ihr wichtig, dass Geflüchtete und Obdachlose nicht gegeneinander ausgespielt werden. Ihr Fazit: Für eine gelingende Integration ist es von besonderer Bedeutung, dass immer die Gesamtsituation mit den Aspekten Sprache, Arbeit und Wohnen betrachtet wird.
Offene Diskussion und Erfahrungsaustausch moderiert von Claus-Ulrich Prölß, Geschäftsführer Kölner Flüchtlingsrat e.V.
In der Diskussion gab es viele wertvolle Impulse für parlamentarische Initiativen. Vielen Dank dafür! Teilnehmerinnen und Teilnehmer berichten, dass die Vernetzung und der Austausch vor Ort, zum Beispiel als „Runder Tisch Asyl“, wichtig sind, um eine Kultur des Miteinander-Redens zu etablieren. Dadurch ist es leichter, die Ausländerbehörde dazu zu bringen, Ermessensspielräume zu nutzen.

Unterbringung:

–        Die Teilnehmenden äußerten ihre Befürchtungen zu den Folgen einer langen Unterbringung in den geplanten Anker-Einrichtungen.
–        Zentrale Unterbringungseinrichtungen: Die GRÜNE Landtagsfraktion hat für den Integrationsausschuss einen Bericht angefordert, in dem unter anderem die Aufenthaltsdauer sowie die Anzahl der Kinder in den Einrichtungen abgefragt wird. Die Landesregierung hat hierauf nur ausweichend beziehungsweise gar nicht geantwortet (siehe Vorlagen 17/575 und 17/689).

Sprache, Ausbildung, Arbeit etc.:

–        Die Erteilung der Ausbildungsduldung hängt sehr von der Verwaltungskultur vor Ort ab. Noch ist der Erlass zur Ausbildungsduldung vom Dezember 2016 gültig, der Handlungsspielräume eröffnet hat.
–        Die Rats-/Kreistagsfraktionen werden gebeten, bei ihren örtlichen Ausländerbehörden eine Anfrage zur Anzahl der erteilten/nicht erteilten Ausbildungsduldungen zu stellen. Eine Musteranfrage in Anlehnung an eine Essener Anfrage ist im Anhang beigefügt.
–        Ich möchte Euch herzlich bitten, auch die Ergebnisse kommunaler Anfragen zum Thema Förderlücke für Asylsuchende in andauernden Asylverfahren in Ausbildung und Studium an uns weiterzuleiten.
–        Rund um das Thema Sprachkurse gibt es noch viel Handlungsbedarf (zum Beispiel für ausreichend Sprachkurse mit Kinderbetreuung oder für Analphabet*innen).

Unbegleitete minderjährige Jugendliche:

–        Das Übergangsmanagement von der Jugendhilfe ins SGB II ist häufig problematisch. Anbei findet Ihr auch eine Musteranfrage zu Unterbringung, Teilhabe- und Integrationschancen für unbegleitete junge Geflüchtete bei Volljährigkeit in Anlehnung an eine Kölner Anfrage.

Verpflichtungserklärungen:

–        Beigefügt habe ich zudem einen Musterantrag zur Unterstützung derjenigen, die Verpflichtungserklärungen für syrische Geflüchtete abgegeben haben (in Anlehnung an einen Antrag aus Dortmund). Ich freue mich, wenn Ihr durch Eure Anträge helft, den Druck auf die Landesregierung zu erhöhen, in dieser Frage tätig zu werden.
–        Hilfreich wären auch Anfragen zu den Verpflichtungserklärungen in Euren Kommunen: In wie vielen Fällen und in welcher Höhe wurden Rückzahlungsforderungen erhoben und in wie vielen Fällen wurde Klage eingereicht?
Überblick über flüchtlingspolitische Anträge, Kleine Anfragen und Berichtswünsche
Und hier ein Überblick über die flüchtlingspolitischen Anträge unserer Fraktion, über die Antworten auf meine Anfragen und über wichtige Berichte aus dem Integrationsausschuss:

Anträge:

–        „Afghanistan ist nicht sicher – Abschiebungen aussetzen – Schutzbedarf der Geflüchteten anerkennen“ (Drucksache 17/70) vom 04.07.2017
–        „Landesregierung darf Bürgen von syrischen Geflüchteten finanziell nicht im Regen stehen lassen – zügig einen Hilfsfonds auflegen!“ (Drucksache 17/1668) vom 09.01.2018. Die Anhörung fand am 11. April statt. Die Stellungnahmen dazu sind hier einsehbar, das Protokoll der Anhörung liegt ebenfalls vor.
–        „Erst versprochen, dann vergessen – und jetzt? Landesregierung muss Mittel für Integrationsmaßnahmen schnell und zielgerichtet an Kommunen weiterleiten.“ (Drucksache 17/1985) vom 20.02.2018
–        „Förderlücke schließen: Ausbildung und Studium für Asylsuchende in andauernden Asylverfahren ermöglichen“ (Drucksache 17/2145) vom 13.03.2018

Kleine Anfragen:

–        „Familiennachzug aus Afghanistan“ mit Antwort (Drucksache 17/710) vom 22.09.2017
–        „Flüchtlingsfeindliche Straftaten im ersten Halbjahr 2017“ mit Antwort (Drucksache 17/581) vom 11.09.2017
–        „Ermöglicht die schwarz-gelbe Landesregierung die Teilnahme geflüchteter Kinder an Ferienfreizeiten im Ausland?“ mit Antwort (Drucksache 17/761) vom 28.09.2017
–        „Abschiebung aus Schulen?“ mit Antwort (Drucksache 17/1423) vom 11.12.2017
–        „Umsetzung des Landesgewaltschutzkonzepts für Flüchtlingseinrichtungen“ mit Antwort (Drucksache 17/1461) vom 14.12.2017
–        „Flüchtlingsfeindliche Straftaten im Jahr 2017“ mit Antwort (Drucksache 17/1879) vom 02.02.2018
–        „Ansprechpartnerinnen und -partner für Geflüchtete und Kooperation mit spezialisierten Einrichtungen im Rahmen des Landesgewaltschutzkonzepts für Flüchtlingseinrichtungen“ (Drucksache 17/2283) vom 03.04.2018

Berichte:

–        „Förderprogramm ‚Komm-An NRW‘“ (Vorlage 17/104) vom 12.09.2017
–        „Soziale Beratung von Flüchtlingen“ (Vorlage 17/105) vom 19.09.2017
–        „Drastische Kürzungen im Förderprogramm ‚Soziale Beratung von Flüchtlingen‘“ (Vorlage 17/249) vom 17.11.2017
–        „Förderlücke bei schulischer Ausbildung oder Studium mit Aufenthaltsgestattung“ (Vorlage 17/466) vom 19.01.2018
–        „Abschiebung eines Gefährders auf Grundlage des § 58a des Aufenthaltsgesetzes: Exportiert NRW Terrorgefahr?“ (Vorlage 17/467) vom 19.01.2018
–        „Rückzahlungsforderungen an Verpflichtungsgeberinnen und -geber von syrischen Geflüchteten – Sachstand über die Initiativen der Landesregierung zur Lösung der Problematik“ (Vorlage 17/591) vom 02.03.2018
–        „Personalsituation in der Unterbringungseinrichtung für Ausreisepflichtige in Büren“ (Vorlage 17/592) vom 02.03.2018
–        „Staatliches Asylsystem“ (Vorlage 17/575) vom 28.02.2018 (beantragt von der SPD) und Ergänzung (Vorlage 17/689) vom 10.04.2018 (von uns beantragt)
Ich würde mich freuen, auch mit weiteren Aktiven und Interessierten in regelmäßigem Austausch über flüchtlingspolitische Themen vor Ort zu bleiben. Bei Fragen stehen unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin für Flüchtlingspolitik, Cornelia Schröder (cornelia.schroeder@landtag.nrw.de, 0211 884 2276) sowie ich gerne zur Verfügung.

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