Politisch motivierte Kriminalität Rechts im ersten Halbjahr 2020

Kleine Anfrage von Verena Schäffer

Portrait Verena Schäffer Linda Hammer 2022

Die Serie rechtsterroristischer Anschläge des Jahres 2019 setzte sich auch im Frühjahr 2020 fort. Der rassistische Anschlag in Hanau, bei dem neun Menschen mit Migrationsgeschichte getötet wurden, hat die demokratische Gesellschaft erneut erschüttert, nach dem antisemitischen Anschlag in Halle, dem Mord an Dr. Walter Lübcke und dem rassistisch motivierten Anschlag in der Silvesternacht 2018/2019 im Ruhrgebiet. Die Verbote und Ermittlungsverfahren gegen weitere rechtsextreme und rechtsterroristische Gruppierungen, wie der „Gruppe S.“ und „Combat 18“ haben möglicherweise weiteren Anschlägen vorgebeugt. Dennoch können weitere Anschläge nicht ausgeschlossen werden. Diese Anschläge sind die Spitzen rechter Gewalt, die immer wieder auch von Personen ausgehen, die zuvor keine für die Sicherheitsbehörden erkennbare Anbindung an die rechtsextreme Szene hatten. Diese orientieren sich vielfach an der Ideologie des „Ethnopluralismus“ und der Verschwörungstheorie des „Großen Austauschs“, die durch die „Neue Rechte“ propagiert werden.
Zugleich versuchen bürgerwehrähnliche Gruppierungen und neonazistische Gruppen den öffentlichen Raum mit teilweise wöchentlichen Versammlungen einzunehmen und treten dabei äußerst gewaltbereit auf. Auch die Versammlungen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen versuchten rechtsextreme Gruppierungen zur Verbreitung ihrer menschenverachtenden Ideologie zu nutzen.
Während sich im Vergleich der ersten Halbjahre 2018 und 2019 ein deutlicher Anstieg der politisch rechts motivierte Kriminalität zeigte, blieb die Anzahl der Straftaten im gesamten Jahr 2019 mit 3.661 Fällen in etwa auf der Ebene des Jahres 2018 mit 3.767 Straftaten. Diese Zahlen bewegen sich weiterhin deutlich über dem Niveau von 2014, also bevor die Anzahl der politisch rechts motivierten Straftaten unter dem Eindruck rechtspopulistischer Mobilisierung sprunghaft anstieg.
Aufgrund der langjährigen Erfahrungen von Expertinnen und Experten ist anzunehmen, dass die Dunkelziffer politisch rechts motivierter Straftaten deutlich höher liegt, als die in der Kriminalstatistik erfassten Zahlen. Dennoch liefert die Statistik über die politisch rechts motivierte Kriminalität wichtige Anhaltspunkte über die Aktivitäten von Neonazis in Nordrhein- Westfalen und kann damit einen entscheidenden Erkenntnisgewinn und wichtigen Beitrag zur Entwicklung zivilgesellschaftlicher Strategien gegen Rassismus und Rechtsextremismus liefern.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
1.         Wie viele politisch rechts motivierte Straftaten wurden im ersten Halbjahr 2020 in Nordrhein-Westfalen verübt? (Bitte nach Ort und Deliktsgruppe auflisten.)
2.         Wie viele Straftaten der Allgemeinkriminalität von bekannten Rechtsextremen wurden im ersten Halbjahr 2020 in Nordrhein-Westfalen verübt?
3.         Wie verteilen sich die politisch rechts motivierten Straftaten im ersten Halbjahr 2020 nach Themenfeldern? (Bitte Zahlen für Ober- und Unterthemen angeben.)
4.         Wie viele Tatverdächtige wurden wegen politisch rechts motivierter Straftaten im ersten Halbjahr 2020 in NRW festgenommen? (Bitte nach Ort, Alter und Geschlecht auflisten.)
5.         In wie vielen Fällen politisch rechts motivierter Kriminalität kam es im ersten Halbjahr 2020 zur Einleitung von Ermittlungsverfahren, Erhebung einer Anklage, Verurteilung oder Einstellung der Ermittlungen? (Bitte auch Grund für die Einstellung des Verfahrens angeben.)