Unrühmliches Schauspiel beenden: Landesregierung muss sich trotz Corona-Krise für kurzfristiges Ende der Erneuerbaren Blockade in Berlin einsetzen!

Antrag der GRÜNEN im Landtag

Portrait Wibke Brems 5-23

I.       Ausgangslage
Schon lange ist absehbar, dass der mit der „Photovoltaik-Novelle“ im Jahr 2012 eingeführte „Solardeckel“ im Erneuerbare-Energie-Gesetz (EEG) in wenigen Monaten erreicht sein wird. Der „Solardeckel“ legt fest, dass keine feste Vergütung mehr für neue Photovoltaikanlagen gezahlt wird, sobald in Deutschland Photovoltaikanlagen mit insgesamt 52 Gigawatt installierter Leistung am Netz sind. Auch wenn die Kosten von Photovoltaiksystemen in den vergangenen Jahren enorm gesunken sind, wären die betroffenen Anlagen mit einer Leistung von weniger als 750 Kilowatt ohne eine feste Vergütung über das EEG aktuell noch nicht wirtschaftlich zu betreiben. Ein abrupter und vollständiger Markteinbruch in dem weitaus größten Anlagensegment wäre die Folge.
Es herrscht politischer Konsens, dass diese Regelung im Erneuerbare-Energien-Gesetz kurzfristig angepasst werden muss, um einen weiteren Ausbau auch von kleineren Photovoltaikanlagen zu ermöglichen. Einzelne Bundesländer und auch der Bundesrat hatten eine entsprechende Anpassung wiederholt gefordert. Die Bundesregierung hatte dies auch noch für das Jahr 2019 in Aussicht gestellt. Weder wurde diese Zusage eingehalten, noch ist eine schnelle Lösung in Sicht. Zuletzt hatte der Bundesrat am 13. März in seiner Stellungnahme zum Kohleausstiegsgesetz die Bundesregierung dazu aufgefordert, den „Solardeckel“ abzuschaffen. (https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2020/0001-0100/51-20(B).pdf?    blob=publica- tionFile&v=1) Denn schon vor Ausbruch der Corona-Pandemie wurden Aufträge für neue Anlagen storniert, Banken haben Finanzierungszusagen zurückgezogen, zu groß ist bereits jetzt das Risiko, dass Anlagen nicht mehr rechtzeitig vor dem Förderstopp in Betrieb genommen werden können. Einen weiteren Aufschub darf es daher nicht geben.
Allerdings verweigern Teile der CDU-Bundestagsfraktion die Abschaffung des „Solardeckels“ weiterhin, wenn nicht gleichzeitig ein bundesweit einheitlicher Mindestabstand zwischen Wind- energieanlagen und Wohnbebauung eingeführt wird. (https://www.energate-messenger.de/news/200983/bund-und-laender-vertagen-sich-bei-energie-wende) Eine Kopplung beider Sachverhalte lässt sich nicht inhaltlich rechtfertigen, sondern ist rein taktisch motiviert. Ein solches Vorgehen ist absolut unverantwortlich, stehen hier doch zehntausende Arbeitsplätze in der Solarbranche und Zukunftsinvestitionen in Milliardenhöhe auf dem Spiel. Es braucht vielmehr eine umgehende Abschaffung des Solardeckels, unabhängig von einer Lösung bei der Windenergie.
Darüber hinaus existiert weiterhin kein wissenschaftlicher Beleg dafür, dass die Einführung pauschaler Mindestabstände von Windenergieanlagen zur Wohnbebauung die Akzeptanz die- ser Anlagen bei den Anwohnerinnen und Anwohnern erhöhen würde. Was aber Fakt ist: Eine solche Regelung würde die verfügbaren Flächenpotenziale zusätzlich erheblich einschränken und so den Ausbau der Windenergie weiter erschweren, statt ihn zu erleichtern.

Am 12. März wurde zwischen Bundesregierung und Bundesländern wieder keine Lösung erreicht, sondern die Einsetzung einer Arbeitsgruppe beschlossen. Bereits im Januar 2019 wurde mit der AG Akzeptanz ein Gremium von Vertreter*innen der Großen Koalition gebildet mit dem Ziel Vorschläge zur Akzeptanzsteigerung und Beschleunigung des Windenergiezubaus zu erarbeiten – ohne Ergebnis. Eine kurzfristige Lösung ist also auch in der neuen BundLänder-Arbeitsgruppe nicht zu erwarten. Die Landesregierung muss daher ihren Einfluss geltend machen und sich dafür einsetzen, dass die Abschaffung des Solardeckels von einer Verständigung bei der Windenergie entkoppelt wird. Gleichzeitig muss sie sich vehement gegen bundeseinheitliche Abstandsregelungen einsetzen. Die gesetzlichen Anforderungen des Immissionsschutzes, nach denen neben Schall und Schattenwurf auch eine mögliche optisch bedrängende Wirkung im Einzelfall geprüft wird, stellen bei richtiger Anwendung einen angemessenen Ausgleich der betroffenen Interessen sicher.
Durch einbrechende Neuinstallationszahlen stand die Windenergiebranche bereits vor Ausbruch der Corona-Pandemie stark unter Druck. Statt ihr mit zusätzlichen Beschränkungen den Garaus zu machen und die Deindustrialisierung unseres Landes durch bewusste politische Entscheidungen zulasten einer Zukunftsbranche voranzutreiben, muss sich die Landesregierung für wirksame Maßnahmen zur Beschleunigung und tatsächlichen Akzeptanzsteigerung des Windenergieausbaus einsetzen. Es wurde in den vergangenen Jahren hinreichend analysiert, welche Maßnahmen dazu geeignet sind – Landes- und Bundesregierung müssen sie nur noch beschließen.
Gerade im Angesicht der wirtschaftlich dramatischen Situation infolge der Corona-Pandemie wäre es wirtschaftspolitisch verantwortungslos, Milliardeninvestitionen in zukunftsfähige Energieinfrastrukturen und weitere Arbeitsplätze in einer Branche, die seit 2016 bereits ca. 35.000 Arbeitsplätze abbauen musste, leichtfertig zu gefährden. Diese Investitionen sind durch die Regelungen des EEG weitgehend von Marktrisiken befreit, weshalb sie geradezu prädestiniert sind für die Konjunkturunterstützung im Nachgang der Corona-Pandemie. Eine Ausbauoffensive bei den Erneuerbaren Energien würde also zum Einen zur Erreichung der Klimaziele beitragen und zum Anderen auch kurzfristig wirksame Beiträge zu Wohlstand und Beschäftigung leisten.

II.      Beschlussfassung

Der Landtag stellt fest:
1.    Die wirtschaftliche Entwicklung infolge der Corona-Pandemie ist zu ernst, als dass die Bundesregierung aus ideologischen Gründen die gesamte Solarbranche mit zehntausenden Arbeitsplätzen gefährden darf.
2.    Die gesamtwirtschaftlichen Effekte des Zubaus von Anlagen zur Nutzung Erneuerbarer Energien sind zur Bewältigung der Auswirkungen der Corona-Pandemie wichtiger als je zuvor und müssen bestmöglich genutzt werden.
3.    Die bislang von der Landesregierung ergriffenen Maßnahmen sind nicht geeignet, die in der Energieversorgungsstrategie formulierten Ausbauziele für die Photovoltaik und Windenergie erreichen zu können.
Der Landtag beauftragt die Landesregierung,
1.    sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass kurzfristig eine Gesetzesinitiative in den Bundestag eingebracht wird, mit welcher der Förderdeckel für die Photovoltaik umgehend aufgehoben wird.
2.    sich in der zwischen Bundesregierung und Bundesländern eingesetzten Arbeitsgruppe gegen pauschale Abstandsflächen zwischen Windenergieanlagen und Wohnbebauung einzusetzen.
3.    sich in der zwischen Bundesregierung und Bundesländern eingesetzten Arbeitsgruppe stattdessen für wirksame Maßnahmen zur Beschleunigung des Windenergiezubaus einzusetzen bei gleichzeitigen Verbesserungen bezüglich regionaler Wertschöpfung, kommunaler und Bürgerbeteiligung und Flächenverfügbarkeit und Verfahrensbeschleunigung.
4.    auf Landesebene wirksame Maßnahmen zu ergreifen, die die Erreichung der Ausbauziele bei Photovoltaik und Windenergie sicherstellen können.