Landesregierung darf Bürgen von syrischen Geflüchteten finanziell nicht im Regen stehen lassen – zügig einen Hilfsfonds auflegen!

Antrag der Fraktion von Bündnis 90/DIE GRÜNEN

Portrait Berivan Aymaz 2021

I.         Ausgangslage:

Viele Menschen haben in den letzten Jahren in größter Not geholfen und sich bereit erklärt, mit ihrem Einkommen und Vermögen zu bürgen, um im Rahmen des Aufnahmeprogramms des Landes vom 26.09.2013 syrischen Bürgerkriegsflüchtlingen eine sichere Einreise nach Deutschland zu ermöglichen.
Mit dem Landesaufnahmeprogramm für syrische Geflüchtete hat die damalige Landesregierung die Grundlage dafür geschaffen, dass in Deutschland lebende Personen geflüchtete Verwandte bei sich aufnehmen konnten, wenn sie für deren Lebensunterhalt aufkommen würden.
Vor der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis mussten die Verwandten eine Verpflichtungserklärung gemäß § 68 AufenthG abgeben, in der sie die Übernahme der Kosten für den Lebensunterhalt der geflüchteten Personen zusicherten. Darüber hinaus verpflichteten sie sich, sämtliche öffentliche Mittel für den Lebensunterhalt der Geflüchteten zu erstatten. Davon ausgenommen sind Kosten für Krankheit, Schwangerschaft, Geburt, Pflegebedürftigkeit und Behinderung nach §§ 4,6 Asylbewerberleistungsgesetz.
Im Hinblick auf die Dauer der Verpflichtungserklärung sind die Verpflichtungsgeberinnen und -geber davon ausgegangen, dass ihre Zahlungspflicht nach § 68 AufenthG (in der alten Fassung) mit der Erteilung eines „Aufenthaltstitel zu einem anderen Zweck“ endet. Die Anerkennung als Flüchtling im Zuge eines Asylverfahrens wurde als ein anderer Aufenthaltstitel angenommen. Auch das damalige NRW-Innenministerium sowie weitere Bundesländer und auch Teile der Rechtsprechung vertraten diese Auffassung. NRW hat sich dafür stark gemacht, diese Auffassung rechtssicher zu verankern.
Allerdings wurde mit der Neufassung von § 68 AufenthaltG durch das Integrationsgesetz vom 06.08.2016 auf Bundesebene festgelegt, dass alle Verpflichtungserklärungen, die ab dem 6.8.2016 abgegeben wurden, ab Einreise für fünf Jahre gelten, unabhängig davon, ob Geflüchtete als Schutzberechtigte anerkannt werden. Im Januar 2017 bestätigte das Bundesverwaltungsgericht, dass auch Verpflichtungserklärungen, die vor August 2016 abgegeben wurden, dieser Rechtsprechung unterliegen, dann aber für eine Dauer von drei Jahren.
Die Dauer des Fortbestandes der Verpflichtungserklärung blieb jedoch vielen Bürgen unklar. Vor dem Oberverwaltungsgericht Münster klagten in zwei Fällen Bürgen gegen die Erstattungsforderungen der Jobcenter. Das Gericht entschied jedoch mit seinem Urteil vom 8.12.2017, dass die Bürgen weiterhin für die Lebenshaltungskosten der Geflüchteten – ausgenommen der Kranken- und Pflegeversicherungskosten – aufkommen müssen. Somit sind die Bürgen von finanziellen Härten bis hin zur Existenzgrenze bedroht.
Es wäre ein katastrophales Zeichen, wenn diejenigen, die sich in schwierigen Zeiten humanitär eingesetzt haben, auf hohen Kosten sitzen gelassen würden. Hier bedarf es dringend einer Lösung für die Betroffenen durch das Land NRW, denn immerhin wurden für 2.593 Personen Verpflichtungserklärungen abgegeben.
In den vergangenen Jahren haben die unzähligen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer großartige Arbeit geleistet. Sie haben die Herausforderungen der deutschen Flüchtlingspolitik vorbildlich gemeistert und jetzt gilt es, sie dafür nicht zu bestrafen.

II.       Der Landtag stellt fest:

Die Rückforderungen von Sozialleistungen für syrische Geflüchtete stellen für deren Bürgen unkalkulierbare finanzielle Härten dar, zumal sie hinsichtlich der Geltungsdauer der Verpflichtungserklärung von einer anderen rechtlichen Grundlage ausgegangen sind.
Die Belastungen für die Betroffenen müssen daher auf ein Mindestmaß reduziert werden. Der Landtag begrüßt die bisherigen Initiativen der Landesregierung gegenüber der Bundesministerin für Arbeit und Soziales. Die Landesregierung ist aber auch gefordert, schnellstmöglich selbst für eine verbindliche Entlastung zu sorgen.

III.     Der Landtag beschließt:

  • Die Landesregierung wird aufgefordert, einen Hilfsfonds aufzulegen, aus dem die betroffenen Bürgen möglichst unbürokratisch entschädigt werden.
  • Dieser Hilfsfonds soll in einem ersten Schritt mit einer Summe von 5 Millionen Euro ausgestattet werden.
  • Darüber hinaus wird die Landesregierung aufgefordert, sich beim Bund für ein Moratorium der Rückforderungen durch die Sozialleistungsträger (z.B. Jobcenter und Sozialämter) einzusetzen, bis eine tragfähige bundesweite Lösung gefunden wird.