Kommunalinfo: „Zukunftsvertrag für Nordrhein-Westfalen“ – Kurzauswertung für den Bereich Migration, Integration, Flucht, Europa und Internationales

Portrait Gönül Eglence
Portrait Benjamin Rauer
Portrait Berivan Aymaz 2021

Die Vertreter*innen von GRÜNEN und CDU haben am 27. Juni den Koalitionsvertrag unterzeichnet. Mit dem Zukunftsvertrag stellen wir die Weichen für ein sozial gerechteres, nachhaltiges, modernes und wirtschaftlich starkes Nordrhein-Westfalen und übernehmen dafür gemeinsam Verantwortung. Mit dieser Kommunalinfo möchten wir Euch über die Vereinbarungen in unserem Koalitionsvertrag zu den Themen Migration, Integration, Flucht, Europa und Internationales informieren. Wir – Berîvan Aymaz, Stefan Engstfeld, Gönül Eğlence und Benjamin Rauer – durften in dieser Facharbeitsgruppe für die Grünen verhandeln.

Paradigmenwechsel bei der Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten

Die Unterbringung von schutzsuchenden Menschen von bis zu 24 Monaten in isolierten Sammelunterkünften ist vorbei. Familien mit Kindern und vulnerable Personengruppen sollen schon nach drei Monaten, alle anderen möglichst nach sechs Monaten in die Kommunen zugewiesen werden und so den Zugang zu bedarfsorientierten Betreuungsangeboten erhalten. Das gilt für alle Schutzsuchenden, unabhängig von ihrer Bleibeperspektive.

Das Recht auf Gesundheitsversorgung ist ein Menschenrecht. Mit der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte wurde ein wichtiger Schritt zur Eingliederung von Asylsuchenden in das Gesundheitssystem gemacht. Die elektronische Gesundheitskarte soll flächendeckend in allen Kommunen bereitgestellt werden. Dazu wollen wir nun konkrete, u.a. finanzielle Anreize für die Kommunen schaffen.

Humanitäres Landesaufnahmeprogramm und verbesserte Bleiberechte

Wir verstehen es als unsere globale, humanitäre Verantwortung, Menschen in Not direkt aus NRW zu helfen. Dafür haben wir im Koalitionsvertrag ein Landesaufnahmeprogramm verabredet, das besonders schutzwürdige Personen aus verschiedenen Herkunftsländern berücksichtigt, zum Beispiel jesidische Frauen und Kinder, die Opfer traumatisierender Gewalt geworden sind. Außerdem wollen wir mit dem Bund dafür Sorge tragen, dass die Kommunen mehr Möglichkeiten erhalten, um Menschen in Notsituationen aufzunehmen.

Für gut integrierte Menschen, die bereits seit Langem bei uns leben, aber lediglich über einen Duldungsstatus verfügen, wollen wir Bleibeperspektiven und einen Zugang zum Arbeitsmarkt schaffen. Dafür wollen wir landesseitig alle humanitären und aufenthaltssichernden Bleiberechtsregelungen ausschöpfen.

Wir schaffen mehr Diversität und Mehrsprachigkeit in unseren Behörden

Wir wollen, dass sich die Vielfalt unserer Gesellschaft in allen Lebensbereichen widerspiegelt. Das bedeutet, dass auch unsere Landesbehörden zu einem Spiegelbild unserer vielfältigen und weltoffenen Einwanderungsgesellschaft in NRW werden müssen. Dafür werden wir ein Maßnahmenpaket erarbeiten, das die verschiedenen Aspekte von der zielgerechten Ansprache möglicher Bewerberinnen und Bewerber unterschiedlichster Herkunft bis hin zu diskriminierungsfreien und diversitätsbewussten Bewerbungsverfahren umfasst. Darüber hinaus haben wir eine klare Erwartungshaltung formuliert, dass Landesbedienstete mit Vorgesetzten- und Leitungsfunktion an Fortbildungen für Diversity-Kompetenz und Antidiskriminierung teilnehmen sollen. Um den Zugang zu Verwaltungs- und Notdiensten für alle Menschen niedrigschwelliger zu gestalten, werden wir Landesmittel zur Verfügung zu stellen, um professionelle Sprachmittlung für Landesbehörden und Notrufe auszubauen und digitale und analoge Verwaltungsangebote mehrsprachig anzubieten.

Wir stehen für ein starkes, demokratisches und solidarisches Europa

Wir sind überzeugt, dass wir die sozialen und ökologischen Herausforderungen des Klimawandels nur auf der internationalen Ebene bewältigen können. Deswegen werden wir gemeinsam daran arbeiten, die europäische Integration zu vertiefen und noch stärker mit anderen europäischen Regionen kooperieren. So wollen wir beispielsweise den grenzüberschreitenden Verkehr stärker vernetzen, das grenzüberschreitende Lernen, Arbeiten und Leben noch intensiver fördern und die Zusammenarbeit in den Bereichen Klima, Umweltschutz und Energie intensivieren.

Wichtige Partner sind für uns dabei die Benelux-Staaten und unsere Partnerregionen in Frankreich, Polen und Italien. Mit ihnen wollen wir besonders eng an der klimaneutralen und digitalen Transformation in Europa arbeiten. Auch nach dem Brexit wollen wir unsere guten Beziehungen zum Vereinigten Königreich aufrechterhalten und jungen Menschen Austauscherfahrungen über ein Stipendienwerk/-programm ermöglichen. Wir werden zudem die Einrichtung eines Deutsch-Britischen Jugendwerks in Angriff nehmen.

 NRW wird seiner globalen Verantwortung gerecht

Die zahlreichen internationalen Partnerschaften und Kooperationen wollen wir ebenfalls ausbauen. Besonders wichtig war es uns festzuhalten, dass wir die vielfältigen Kontakte in den Nordirak zu einer gefestigten Kooperation weiterentwickeln wollen. Damit auch Kommunen ihre internationalen Partnerschaften pflegen und ausbauen können, stärken wir gezielt Akteur*innen, die die Kommunen schon heute dabei beraten und unterstützen. Gleiches gilt für die entwicklungspolitische Bildungsarbeit, die wir finanziell stärken wollen. Besonders zu erwähnen ist hier das Promotor*innen-Programm, dessen wichtige Bildungsarbeit wir absichern und ausbauen wollen.

Wir bekennen uns im Koalitionsvertrag zu einer nachhaltigen öffentlichen Beschaffung. Das heißt, dass wir nicht nur auf die Einhaltung ökologischer, sozialer und menschenrechtlicher Standards bei der Beschaffungspraxis des Landes achten, sondern wo nötig auch neue Regeln schaffen und Vergabestellen beraten. Das Land wird die Städte und Gemeinden bei Ausschreibungen in Bezug auf Nachhaltigkeit, Tariftreue und soziale Kriterien unterstützen.

Diese Punkte sind nur ein kleiner Ausschnitt der Dinge, die wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben. Wer sich für die Details interessiert, findet hier den Vertrag in voller Länge.

Bei Rückfragen könnt Ihr Euch gerne an unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin für Arbeit, Migration und Flüchtlingspolitik, Freya Kuhn (0211/884-2276, freya.kuhn@landtag.nrw.de), und unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin für Europa- und Eine-Welt-Politik, Rebecca Joest (0211/884-2737, rebecca.joest@landtag.nrw.de), wenden.