İlayda Bostancıeri: Newsletter Gleichstellung und Frauen

Portrait Ilayda Bostancieri_klein

Wir möchten die Gelegenheit nutzen, mit Ihnen und Euch auf das Jahr zurückzuschauen und einen Überblick geben, was uns im Landtag NRW im Bereich der Frauen- und Gleichstellungspolitik in 2023 bewegt hat.

Die Krisen, die uns weltweit beschäftigen, machen auch vor Nordrein-Westfalen nicht Halt. Dennoch liegt ein Jahr hinter uns, in dem wir wichtige Themen angehen und Neuerungen umsetzen konnten.

Dazu gehörten im ersten Halbjahr 2023 die Anträge gegen Diskriminierung im Erwerbsleben und zur Weiterentwicklung der Girls‘ and Boys‘ Academies, über die wir im letzten Newsletter berichtet haben. Neben einem Antrag zur Verbesserung der Situation von Endometriose-Betroffenen und den Neuerungen im Bereich der Frauenhilfeinfrastruktur, stand die Verabschiedung des Haushalts für 2024 im Zentrum unserer Arbeit. Hier war es uns angesichts der angespannten Lage besonders wichtig, dass die unumgänglichen Kürzungen keine Angebotseinschränkungen im Bereich Gleichstellung und Frauen mit sich führen.

Inhalt

Antrag: Die Situation von Endometriose-Betroffenen verbessern

Landeshaushalt 2024

Neue Förderrichtlinie für Frauenhäuser

Erhöhung der Platzpauschale für Frauenhäuser

Neue Förderrichtlinie für Frauenberatungsstellen

Facharbeitskreis Mädchenpolitischer Ratschlag: Geschlechtersensible Berufswahlorientierung

 

Antrag: Die Situation von Endometriose-Betroffenen verbessern

Viele Menschen, die von Endometriose betroffen sind, erdulden regelmäßig u.a. chronische Schmerzen, starke Regelblutungen, Übelkeit und Kreislaufschwäche. Betroffene leiden überdurchschnittlich oft an Unfruchtbarkeit, auch das Risiko von Komplikationen während der Schwangerschaft ist bei Endometriose erhöht.

Und obwohl diese Einschränkungen erheblich sind und schätzungsweise zehn bis 15 Prozent aller Frauen und Menschen mit Uterus im fortpflanzungsfähigen Alter betroffen sind, braucht es noch immer im Schnitt sieben bis zehn Jahre ab Auftreten der ersten Symptome bis Betroffene ernst genommen werden und eine gesicherte Diagnose erhalten.

Im Frühjahr fand eine Anhörung zum Thema Endometriose im Ausschuss für Gleichstellung und Frauen statt. Hier hatten Betroffene  eindrücklich geschildert, wie die Krankheit sie beeinflusst und mit welchen Problemen sie bei der Diagnose, Behandlung und Bewältigung ihres Alltags konfrontiert werden. Die eingeladenen Expert*innen aus dem Gesundheitsbereich schilderten die mangelhafte Forschungslage und Lücken, die im medizinischen Bereich geschlossen werden müssen. Deswegen haben wir GRÜNE  mit den Fraktionen von CDU, SPD und FDP einen gemeinsamen Antrag ins Plenum gebracht, um die Situation in Hinblick auf Aufklärung, Versorgung und Forschung zu verbessern. Dieser sieht vor, Aufklärung rund um die Erkrankung zu intensivieren und den aktuellen Wissenstand auch in der Aus- und Weiterbildung medizinischer Fachpersonen zu verankern. Außerdem soll die Datenlage zu Endometriose durch Forschung verbessert werden, wofür der Bund bereits Mittel zur Verfügung gestellt hat. Ein besonderer Fokus soll hierbei auf interdisziplinären Forschungsansätzen liegen, damit neben Schmerztherapie auch die psychosoziale und psychotherapeutische Betreuung der Patientinnen weiterentwickelt und sichergestellt werden kann.

Landeshaushalt 2024

Wir befinden uns in Zeiten multipler Krisen und Herausforderungen, für die es keine einfachen Lösungen gibt. Dies hat auch Einfluss auf die Haushaltslage im Land. Trotzdem war und ist es uns nach wie vor wichtig, einen Fokus auf den Bereich Frauen und Gleichstellung zu legen, um allen Menschen zu ermöglichen, in NRW gleichberechtigt und sicher leben zu können. So konnten wir in der vergangenen Woche im Plenum einen Landeshaushalt für 2024 verabschieden, der es uns nicht nur ermöglicht, den Status Quo zu halten, sondern auch Neues auf den Weg zu bringen.

So haben wir es geschafft, die Beratungsangebote für Frauen im kommenden Jahr auszubauen. Dafür wurden mehrere Fachberatungsstellen gegen sexualisierte Gewalt zusätzlich in allgemeine Frauenberatungsstellen integriert. Hier finden gewaltbetroffene Frauen ein spezialisiertes Angebot und Hilfe. Im Bereich der Prävention gegen weibliche Genitalbeschneidung – FGM/C – wird  das Projekt „YUNA“ verstetigt; weitere Projekte befinden sich in Planung.  Auch die Träger der Männerschutzwohnungen sowie das Hilfetelefon „Gewalt an Männern“ können ihre Arbeit im nächsten Jahr fortführen. An der Durchführung des Männerhilfetelefons beteiligt sich übrigens seit kurzem als fünftes Bundesland auch Rheinland-Pfalz. Das begrüßen wir sehr!

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Gleichstellung im Erwerbsleben. Angesichts des Fachkräftemangels können wir es uns nicht leisten, auf die Kompetenzen von Frauen im Arbeitsmarkt zu verzichten. Hier setzen die Kompetenzzentren „Frau und Beruf“ an, um die Erwerbstätigkeit von Frauen und die berufliche Chancengerechtigkeit zu steigern. Daher war es uns wichtig, dass die Mittel für die Weiterführung auch in der aktuell schwierigen Haushaltslage landesseitig zur Verfügung gestellt werden können. Hier hat Ministerin Josefine Paul bereits im letzten Jahr vorgesorgt und für die Kompetenzzentren eine Verpflichtungsermächtigung erteilt, die für die kommenden Jahre greift.

Neue Förderrichtlinie für Frauenhäuser

Zum 17.10.2023 ist die neue Förderrichtlinie zur Förderung von Frauenhäusern in Kraft getreten. Ziel der Überarbeitung war es, der Frauenhilfeinfrastruktur auch weiterhin langfristig Planungssicherheit für ihre wichtige Arbeit zu geben. Das sind die wesentliche Änderungen:

  • Die Träger haben mehr Flexibilität bei den Qualifikationsvorgaben für ihr Personal. Damit soll dem akuten Fachkräftemangel Rechnung getragen werden.
  • Die Förderung einer zusätzlichen Fachkraftstelle für die Arbeit mit Kindern in den Frauenhäusern ist jetzt auch in der Richtlinie verankert.
  • Eine höhere personelle Grundausstattung des Frauenhauses von vier Personalstellen statt bislang drei ist vorgesehen. Damit wurde dem Anliegen Rechnung getragen, die vierte Personalstelle nicht nur als mögliche Zusatzförderung zu definieren.
  • Um gestiegene Personalkosten zumindest im Ansatz aufzufangen, wurde  zudem im Zuge der Erarbeitung der Förderrichtlinie für das Haushaltsjahr 2024 die Anpassung der Personalpauschalen für das Frauenunterstützungssystem im Bereich der Sozial- und Erziehungsdienste vorgesehen.
  • Außerdem erhöht die Landesregierung für die nächste Förderperiode ab 2024 die jährliche Förderpauschale für jeden Frauenplatz über der Mindestzahl von acht Frauenplätzen von 7.000 auf 10.000 Euro.

Die vierjährige Förderperiode für die landesgeförderten Frauenhäuser wurden durch entsprechende Verpflichtungsermächtigungen im Haushaltsaufstellungsverfahren abgesichert.

Erhöhung der Platzpauschale für Frauenhäuser

Wir haben 689 landesgeförderte Schutzplätze für Frauen in NRW sowie 717 Plätze für deren Kinder – und es stehen Gelder für weiterer Frauenhäuser bereit. Gleichzeitig bestehen weiterhin Schutzlücken und die Frauenhäuser sind regelmäßig überlastet. Unser Ziel ist es, die Platzzahl gemäß der Empfehlung der Istanbul-Konvention stetig zu erhöhen.

Um die Zahl der Plätze auch in den bestehenden Frauenhäusern zu steigern und die Finanzierung der Frauenhäuser zu stärken, wird die Platzpauschale für Frauenhäuser mit mindestens acht Schutzplätzen von bisher 7.000€ auf 10.000€ ab 2024 erhöht. Der Erhalt und die und Ausweitung von Schutzplätzen in Frauenhäusern bietet für von Gewalt betroffene Frauen eine essenzielle Möglichkeit, häuslicher Gewalt zu entgehen und bleibt damit für uns von zentraler Bedeutung.

Neue Förderrichtlinie für Frauenberatungsstellen

Neben den Frauenhäusern erhalten auch die Frauenberatungsstellen aktuell eine neue Förderrichtlinie.

Die neue Förderrichtlinie sieht fachlich-inhaltliche Ergänzungen vor. Dazu gehört erstens die Aufnahme von „Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit“ in die förderfähigen Tätigkeiten der Frauenberatungsstellen. Auch wirtschaftliche Gewalt gegen Frauen wird in die Definition der Gewaltformen aufgenommen. Um den Frauenberatungsstellen eine größere Flexibilität zu ermöglichen, reicht zukünftig für den Nachweis  der Kooperation zwischen einer auf sexualisierte Gewalt spezialisierten Beratungsstelle und einer allgemeinen Beratungsstelle in derselben Stadt bzw. demselben Kreis  eine Erklärung im Zuwendungsantrag aus, dass eine schriftliche Kooperationsvereinbarung geschlossen wurde.

In Hinblick auf Personalausstattung können spezialisierte Beratungsstellen weiterhin Pauschalbeträge für 2,5 Stellen erhalten.

Facharbeitskreis Mädchenpolitischer Ratschlag: Geschlechtersensible Berufswahlorientierung

Die Berufswahlorientierung für Mädchen gendersensibel auszurichten, ist ein Grundstein für eine gleichberechtigte Gesellschaft. Wir wollen, dass Mädchen ihre Möglichkeiten kennen, um ihr Potenzial voll entfalten zu können. Dazu ist es wichtig, Rollenklischees zu überwinden, damit sie ihren Beruf frei nach ihren Neigungen und nicht aufgrund des Geschlechts wählen können.

Das war auch das Thema des vergangenen Mädchenpolitischen Ratschlags. Dagmar Hanses (Sprecherin für Jugendpolitik) und İlayda Bostancıeri (Sprecherin für Frauen- und Gleichstellungspolitik) treffen sich regelmäßig mit Vereinen und Verbänden aus dem Bereich der Mädchenarbeit. Im Gespräch mit verschiedenen Akteur*innen der Mädchenarbeit werden Erfahrungen ausgetauscht und entstehen immer wieder neue Perspektiven und Ideen rund um das Thema Mädchenpolitik.

Im Rahmen des Austausches zur gendersensiblen Berufswahlorientierung wurden verschiedene Aspekte aufgezeigt. Kinder entwickeln bereits im Verlauf des Kindergartenalters eine Vorstellung von Berufen und ihrer vermeintlichen Geschlechterzugehörigkeit. Hier braucht es früh klischeeuntypische Vorbilder und begleitende Mentor*innen. Denn nur was vorgelebt und aktiv gezeigt wird, kann helfen, Stereotype zu überwinden und ein breiteres Spektrum an Berufsfeldern aufzuzeigen.

Eine gendersensible Berufswahlorientierung kann dazu beitragen, geschlechtsspezifische Lohnunterschiede (Gender Pay Gap) zu verringern und die Auswahlmöglichkeiten bei der Berufswahl zu weiten, indem sie junge Frauen ermutigt, auch besser bezahlte Berufe unabhängig von Geschlechterklischees zu verfolgen.

Ein wichtiger Schritt besteht darin, Erziehungsberechtigte und Lehrkräfte für geschlechtsspezifische Stereotypen zu sensibilisieren, damit Mädchen in ihren individuellen Interessen besser unterstützt werden, unabhängig von traditionellen Erwartungen oder gesellschaftlichen Normen. Bei der geschlechtersensiblen Berufswahlorientierung muss auch der Blick geweitet werden, damit auch nicht-binäre und transgeschlechtliche Kinder und Jugendliche besser mitgedacht werden. Hier haben wir noch Arbeit vor uns, um auch das Feld der Berufswahlorientierung noch intersektionaler angehen zu können.

Unser Ziel besteht darin, Mädchen dazu zu befähigen, ihre Talente, Interessen und Stärken frei zu erkunden und zu nutzen. Wir möchten, dass sie ihre Berufswahl unabhängig davon treffen, ob diese in traditionell als „männlich“ oder „weiblich“ wahrgenommenen Berufsfeldern liegen.

 

Mit dem terroristischen Angriff der Hamas gegen Israel, dem andauernden Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und der weiterhin wirtschaftlich angespannten Lage bei vielen Menschen, blicken wir auf ein Jahr voller Herausforderungen zurück. Wo Gewalt und Not herrschen, sind Frauen und Kinder besonders stark betroffen. Umso mehr ist und bleibt es zentrale Aufgabe der Politik, dass wir uns für Geschlechtergerechtigkeit und gegen Gewalt und Diskriminierung einsetzen. Dafür haben wir zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am 25. November ein Zeichen gesetzt und dafür werden wir auch im kommenden Jahr weiterkämpfen.

Zum Abschluss möchten wir auch die Gelegenheit nutzen, uns bei Ihnen und Euch für das Engagement im ganzen Land zu bedanken. Wir hoffen auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit und wünschen Ihnen und Euch, dass die Weihnachtszeit voller Ruhe, Frieden und Zeit für wichtige Menschen steckt.

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