Wibke Brems: „Wir stehen für Verantwortung, gerade dann, wenn die Zeiten herausfordernd sind“

Zur Aktuellen Stunde auf Anträge der FDP- und der SPD Fraktion zur Wirtschaftspolitik

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch wenn es jetzt eben schon eine nichtförmliche Rüge gab, muss ich zunächst einmal darauf eingehen, dass die AfD im Rahmen ihrer Wissenschafts- und Klimaleugnung gerade wirklich mit NS-Rhetorik gespielt hat. Solche Äußerungen haben hier in diesem Hohen Haus nichts verloren.

(Beifall von dem GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

Nun zu dem heutigen Thema und der Frage, die uns ja da alle umtreibt. Es geht um Sicherheit, Sicherheit, die Menschen in NRW jeden Tag beschäftigt: Werde ich meinen Job behalten? Kann ich meine Familie versorgen? Welche Zukunft haben meine Kinder?

Lange Zeit schien für vieles davon für uns selbstverständlich: Frieden in Europa, verlässliche internationale Partnerschaften, wirtschaftlicher Erfolg. Heute ist das leider irgendwie alles anders: Unsicherheit greift um sich, und sie wird geschürt. Klimakrise und Artensterben verändern unsere Lebensgrundlagen maßgeblich.

(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

Ein Krieg mitten in Europa erschüttert unsere Sicherheit, bedroht unsere Demokratie, und sie hat auch unseren Blick auf unsere Energieversorgung verändert.

In den USA regiert ein Präsident, der außen- und wirtschaftspolitisch unvorhersehbar handelt. Mal werden Zölle angekündigt, dann wieder ausgesetzt, jetzt sogar verdoppelt, diesmal auf Stahl aus Europa. Mal werden langjährige Partner infrage gestellt, dann wieder umworben.

Diese Unberechenbarkeit sorgt für Verunsicherung. Gerade in einem exportstarken Land wie NRW, gerade in Zeiten globaler Unsicherheit zeigt sich: Die transatlantische Partnerschaft bleibt wichtig. – Aber Partnerschaft heißt nicht Gefolgschaft. Wer Zölle als Druckmittel einsetzt, muss mit einer klaren Antwort Europas rechnen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ja, die wirtschaftliche Lage ist ernst, auch in Nordrhein-Westfalen. Zwei Jahre in Folge ist die Wirtschaftsleistung gesunken. Industriezweige wie die Metallerzeugung oder die Automobilbranche stehen unter Druck: durch hohe Energiepreise, durch internationalen Wettbewerb, durch strukturelle Veränderungen. – Das sorgt für Unsicherheit – für Unternehmen, für Beschäftigte, für ganze Regionen. Bei thyssenkrupp stehen 11.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel. Das sind nicht nur Zahlen, das sind Menschen, und diese Menschen brauchen eine klare Perspektive. Generation um Generation haben sie dieses Land aufgebaut und so auch mit für Sicherheit gesorgt. Diese Sicherheit schuldet thyssenkrupp nun ihnen.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

In solchen Situationen richten sich dann viele Blicke auf die Politik. Erwartungen werden immer größer und größer.

Leider mussten wir heute feststellen, dass auch die SPD diese Situation dann mal wieder ausnutzt.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Sie tut so, als würde die Landesregierung tatenlos zusehen. Das ist aber falsch, und es ist unehrlich.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU – Zurufe von der SPD)

Sie wissen doch genau, die Landesregierung kann und darf sich nicht einfach in unternehmerische Entscheidungen einmischen. Wer das Gegenteil behauptet, schürt Erwartungen,

(Zurufe von der SPD)

die nicht erfüllbar sind. Und das hilft doch niemandem.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU – Zuruf von Dr. Günther Bergmann [CDU])

Ich finde, dass die Rede von Herrn Ott eben sehr entlarvend war

(Lachen von der SPD)

und genau gezeigt hat, worum es ihm geht, und zwar nur um die SPD und nicht um die Beschäftigten.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Was auch nicht weiterhilft, ist das, was Herr Höne für die FDP heute hier als Rundumschlag versucht hat nach dem Motto: Alles ist schlecht, alles muss anders werden. – Was soll das konkret heißen? Weniger Klimaschutz, weniger Standards, weniger Verantwortung? Die FDP ruft permanent nach Freiheit, aber meint vor allem Freiheit von Verantwortung. Sie fordert maximale unternehmerische Freiheit und gleichzeitig absolute Sicherheit für Unternehmen. Das ist ein Widerspruch; denn wer Freiheit ruft, aber Verantwortung ablehnt, der sorgt nicht für Fortschritt, sondern für Rückschritt.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Denn wer Freiheit will, muss auch mit Risiko umgehen können. Wer aber Sicherheit fordert, muss bereit sein, gesetzte Rahmen zu akzeptieren, Rahmen, die für Stabilität sorgen, für Wettbewerbsfähigkeit, für Zukunftsfähigkeit.

Wer Sicherheit will, muss in Zukunft investieren. Und das machen wir in Nordrhein-Westfalen. Eine sichere Zukunft liegt beispielsweise im klimaneutralen Stahl. Deswegen fördert diese Landesregierung diesen mit 700 Millionen Euro, die größte Industriesubvention in der Geschichte unseres Landes. Ohne diese Förderung gäbe es dieses Projekt nicht. 700 Millionen Euro für klimaneutralen Stahl, das ist aktive Industriepolitik mit Zukunft.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Bei thyssenkrupp ist Vertrauen verloren gegangen, auch durch die Art, wie der Konzern kommuniziert hat. Thyssenkrupp muss die Karten auf den Tisch legen, die eigene Verantwortung annehmen und transparent mit den Beschäftigten umgehen, wie es konkret für sie weitergeht. Ich sage ganz klar: Wir stehen fest an der Seite der Regionen, die vom industriellen Wandel besonders betroffen sind. Wir stehen fest an der Seite der Beschäftigten.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Echter Klimaschutz ist eben kein Widerspruch zu wirtschaftlicher Stärke. Er ist die sichere Voraussetzung für die Zukunft. Wer heute in klimafreundliche Technologien investiert, sichert die Arbeitsplätze von morgen. Wer auf erneuerbare Energien setzt, macht sich unabhängig von fossilen Krisen, von Despoten und irrationalen Präsidenten. Wer den Wandel vorausschauend gestaltet, statt ihn zu verschleppen, der schafft Vertrauen, bei Beschäftigten, bei Unternehmen und bei der nächsten Generation.

Wir, diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen, schaffen Sicherheit, wo wir können: durch Investitionen in eine klimaneutrale Zukunft. – Wir sagen aber gleichzeitig dazu: Es wird nicht alles sofort anders und besser. Aber wir handeln Schritt für Schritt, Tag für Tag, nicht für Schlagzeilen, sondern für eine echte Veränderung, nicht für kurzfristige Effekte, sondern für langfristige Stabilität.

Wir gestalten für 18 Millionen Menschen, für die Beschäftigten bei thyssenkrupp, für die kleinen Betriebe im Sauerland, für die Familien im Ruhrgebiet und für die Kinder, die heute Kaufladen spielen und morgen auch noch eine gute Lebens- und Wirtschaftsgrundlage haben sollen. Wir stehen für Sicherheit, für Verlässlichkeit, für eine Politik, die trägt, auch in schwierigen Zeiten. Und wir stehen für Verantwortung, gerade dann, wenn die Zeiten herausfordernd sind, weil Zukunft Mut braucht. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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