Simon Rock: „Wir sind doch die Geschädigten in diesem Fall“

Zur Aktuellen Stunde auf Antrag der FDP-Fraktion zu Korruptionsverdacht im Zusammenhang mit der Sanierung der Staatskanzlei

Portrait Simon Rock

Simon Rock (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, eine Sache ist klar: Alle demokratischen Fraktionen in diesem Hause, die Landesregierung, den BLB und die Justiz, uns alle eint das Ziel, die Vorwürfe im Zusammenhang mit der Sanierung der Staatskanzlei zügig und restlos aufzuklären.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Wenn eine Aktuelle Stunde im Landtag dazu beitragen kann, diese Vorwürfe aufzuklären, dann soll sie bitte stattfinden. Mir ist zwar noch nicht ganz klar, welchen Beitrag sie leisten kann – aber geschenkt!

Ihre Beantragung, lieber Herr Witzel, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, hängen Sie daran auf, dass der Inhalt des Berichts der Innenrevision des BLB zu einem Zeitpunkt an die Medien gespielt wurde, als er dem Landtag noch nicht vorlag. Mir selbst ist nicht bekannt, wie und auf welche Weise der Bericht an die Presse gelangt ist. Ich vermute sehr stark, dass das nicht vonseiten der Landesregierung erfolgt ist.

Aber zwischen Landesregierung und Parlament gab es spätestens seit vergangenem Donnerstag im Haushalts- und Finanzausschuss einen klar verabredeten Fahrplan. Der Finanzminister hat klar zugesagt, dass der Bericht dem Landtag zeitnah zur Verfügung gestellt wird, nachdem die rechtlichen Fragen geklärt sind. Und genauso ist es am Dienstag geschehen. Der Bericht wurde dem Landtag als vertrauliches Dokument zur Verfügung gestellt. Hierzu hätte es im Übrigen auch keine weitere Forderung von Aktuellen Stunden oder Ähnliches gebraucht.

Nichtsdestotrotz gibt es ein hohes Aufklärungsinteresse bezüglich der aktuell erhobenen Vorwürfe, und es gibt verschiedene Ebenen, die zur Aufklärung beitragen können.

Zunächst und allen voran erwähne ich die unabhängig ermittelnde Justiz, insbesondere Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt. Ich finde, wir können in Deutschland stolz darauf sein, dass wir einen funktionierenden Rechtsstaat haben, der unabhängig von Regierungseinflüssen ermittelt.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Ein Bericht der Staatsanwaltschaft wurde dem HFA vorletzte Woche zunächst mündlich und zwischenzeitlich auch schriftlich zur Verfügung gestellt.

(Ralf Witzel [FDP]: Aber nur auf Anfrage der FDP!)

– Ja, nur auf Nachfrage der FDP, aber er wurde zur Verfügung gestellt. Es lag vielleicht auch daran, dass es dem Finanzminister zu dem Zeitpunkt selbst nicht bekannt war, wie Sie ja selbst herausgestellt haben.

Die Aufklärung ist damit – das ist völlig klar – noch längst nicht abgeschlossen. Ich möchte hier auch betonen: Es ist nicht so, dass der Finanzminister irgendein Interesse an diesen möglichen Skandalen hat. Vielmehr ist er selbst Geschädigter an der Stelle. Deshalb hat der Finanzminister völlig zu Recht einen Fünfpunkteplan vorgestellt und selbst Maßnahmen im Sinne der Aufklärung des Sachverhalts ergriffen.

Man muss an der Stelle meiner Meinung nach auch mal klarstellen, dass jeder einzelne dieser fünf Punkte wichtig ist.

(Beifall von den GRÜNEN)

Als ersten Punkt nenne ich die externe Untersuchung durch die unabhängige Wirtschaftsprüfungskanzlei Deloitte. Diese soll einerseits die Kontrollsysteme des BLB in den Blick nehmen und andererseits eine konkrete und detaillierte Prüfung aller Vorgänge im Zusammenhang mit dem Umbau der Staatskanzlei leisten.

Ich will an der Stelle auch noch mal betonen: Dieser Auftrag kann fortlaufend erweitert werden, und wir haben im Ausschuss für Haushaltskontrolle vor zwei Tagen entsprechende Hinweise gegeben, und die werden, soweit ich das weiß, von der Landesregierung dankbar aufgegriffen. Insofern kann man nicht sagen, die Landesregierung würde das Parlament an irgendeiner Stelle ignorieren oder Hinweise nicht aufnehmen.

Zweitens. Auch die mit der Prüfung des aktuellen Jahresabschlusses beauftragte Wirtschaftsprüfungskanzlei ist aufgefordert, ihre Prüfung mit einem besonderen Fokus auf Compliance und Systemrisiken durchzuführen.

Dritter Punkt: Die Innenrevision, die bereits eine entscheidende Rolle bei der Aufklärung des Sachverhalts gespielt hat, soll ihren Blick und ihre Prüfung auf alle Projekte des BLB ausweiten. Das ist für mich selbstverständlich; denn man kann in der Tat nicht ausschließen, dass es noch weitere Fälle in anderen Projekten gegeben hat. Das wissen wir zum derzeitigen Zeitpunkt einfach nicht.

Vierter Punkt: Selbstverständlich sind personalrechtliche Sofortmaßnahmen notwendig, und sie sind auch vonseiten des Finanzministeriums erfolgt.

Nicht zuletzt erwähne ich als fünften Punkt – und da verstehe ich die Häme der Opposition, zumindest im Fachausschuss, überhaupt nicht – die Sonderschulung für alle Führungskräfte des BLB Nordrhein-Westfalen. Es ist doch zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht klar – ich weiß nicht, ob Sie den Ermittlungen schon vorweggreifen wollen, wenn Sie von erwiesener Korruption fabulieren –, ob sich Beschäftigte des BLB im Zusammenhang mit dem Umbau der Staatskanzlei strafbar gemacht haben oder es zu korruptivem Verhalten gekommen ist. Das sind Vermutungen, aber wir müssen erst mal die Ermittlungen abwarten. Aber klar ist: Wenn beim BLB entsprechende Fehler gemacht oder Straftaten begangen worden sind, müssen diese zukünftig verhindert werden.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Insofern verstehe ich den Kollegen Dahm an der Stelle nicht, der diesen Fünfpunkteplan bereits als Ablenkungsmanöver abqualifiziert hat.

(Christian Dahm [SPD]: Habe ich nicht gesagt! Ich habe gar nichts vom Fünfpunkteplan gesagt!)

– Doch, das haben Sie gesagt. Sie haben wörtlich gesagt – ich zitiere –:

„Der gestern eiligst verteilte ‚Fünf-Punkte-Plan‘ taugt jedenfalls nicht als Manöver, um von den bekannt gewordenen Machenschaften abzulenken.“

Das waren Ihre Worte, das waren nicht meine Worte.

(Beifall von den GRÜNEN – Stefan Zimkeit [SPD]: Wo er recht hat, hat er recht!)

Lieber Herr Kollege Dahm, sicher kann man die einzelnen Maßnahmen des Fünfpunkteplans sinnvoll oder weniger sinnvoll finden. Aber die pauschale Verunglimpfung als Ablenkungsmanöver wird den ehrlichen Bemühungen des Finanzministers absolut nicht gerecht.

(Nadja Lüders [SPD]: Wer will denn hier ablenken? Wer lenkt denn ab?)

Ich hätte mir an der Stelle in der Tat eine etwas qualifiziertere Einordnung gewünscht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Denn ich habe wahrgenommen, dass Herr Optendrenk allen Ausschussmitgliedern die Hand reichen möchte, wenn es beispielsweise darum geht, den Untersuchungsauftrag von Deloitte zu erweitern. Daher hoffe ich, wir können als Parlament im Fachausschuss neben Justiz und Regierung eine dritte Säule der Aufarbeitung sein – aber dann auch bitte ohne pauschale Vorwürfe, wie wir sie hier heute Morgen schon vonseiten der Opposition gehört haben. Denn eines ist doch klar: Wir, das Land Nordrhein-Westfalen, die Landesregierung, die Staatskanzlei und das Finanzministerium stellvertretend für alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, sind doch die Geschädigten in diesem Fall.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Die Bürgerinnen und Bürger erwarten völlig zu Recht eine zügige, gründliche und schonungslose Aufklärung, und ich bin mir völlig sicher, die wird es auch geben.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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