Sigrid Beer: „Wir müssen darauf achten, dass wir keine Zweiklassengesellschaft im Bereich der Informatik an den Schulen haben“

Zum Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zu Informatik als Schulfach

Der Grüne Änderungsantrag

Sigrid Beer (GRÜNE): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich will gleich zu Anfang sagen – Herr Braun, Sie haben es richtig interpretiert –: Wir werden Ihrem Antrag zustimmen, weil wir das als ein wichtiges und berechtigtes Anliegen ansehen. Diese Wege müssen gegangen werden. Es ist auch gut, das jetzt im Vorfeld anzulegen, weil es eine Zeit dauert, wie wir wissen, da die KMK in ihren Prozessen nicht immer ganz so schnell ist. Ich hoffe aber, dass es auf dieser Ebene etwas beschleunigt abläuft.

Sie haben von einem Baustein gesprochen. Ich hätte erwartet – deswegen haben wir unseren Änderungsantrag eingebracht –, dass hier nicht nur ein Baustein serviert wird, sondern dass wir das Ganze systemisch und systematisch anlegen. Herr Kollege Ott hat gerade zu Recht darauf hingewiesen, welch große Baustelle das in der Tat ist und dass wir die Ausbildung und Fortbildung von Informatiklehrer*innen massiv vorantreiben müssen.

Deswegen will ich nichts zur Sinnhaftigkeit des Grundanliegens sagen, sondern diese Baustellen noch einmal benennen.

Ich habe mir die Mühe gemacht, im Chancenrechner für das Land Nordrhein-Westfalen nachzuschauen, welche Studienmöglichkeiten und welche Kombinationsmöglichkeiten es denn jetzt gibt. Leider ist es immer noch nicht so, dass alles geöffnet ist. Deshalb können wir wertvolle Studienkombinationen leider nicht zulassen. Mit Geografie kann man in Nordrhein-Westfalen Informatik nicht kombinieren, mit Musik, Kunst, Sport, Technik, Pädagogik, mit Hauswirtschaft nur für das BK – mit Türkisch übrigens auch nicht. Mit anderen Sprachen geht es jedoch; das ist richtig. Aber in diesem Chancenrechner kommt – das kommt noch obendrauf – zum Beispiel das Fach Islamische Theologie überhaupt nicht vor. Da ist also noch ganz viel Platz und ganz viel Luft nach oben, wenn wir das machen wollen.

Und wir müssen mit den Hochschulen darüber sprechen, dass entsprechende Studienmöglichkeiten eingerichtet werden. Das muss parallel laufen, und das hätten Sie schon unternehmen müssen.

Auch muss die informatische Grundbildung für den Bereich der Primarstufe viel mehr unterstützt werden – mit Kapazitäten in der Lehrerausbildung und in der Lehrerfortbildung. Dass die Zertifikatskurse gut ausgebucht sind und die Nachfrage enorm ist, zeigt doch, dass das Potenzial an den Hochschulen weiter unterstützt werden muss. Dazu braucht man auch Mittel.

Ich hätte erwartet, dass das jetzt mit dem Wissenschaftsministerium abgeklärt wird

(Beifall von Jochen Ott [SPD])

und dass diese Möglichkeiten hier mit beschrieben werden.

Wir können doch nicht in Salamitaktik an einer so zentralen Kulturtechnik weiterarbeiten und dann auf den nächsten Antrag warten, der mehr deklaratorisch ist, als dass er uns substanziell nach vorne bringt.

Deswegen ist es sehr schade, dass Sie hier im Landtag dem Bekenntnis zu mehr Ausbildungs- und Fortbildungsressourcen nicht zustimmen wollen, sondern sagen: Das kommt dann schon von alleine. – Nein, das kommt im Rahmen des Hochschulgesetzes und der Autonomie der Hochschulen nicht von alleine. Das muss politisch angelegt werden.

Wenn der Landtag den Willen hat, das Fach Informatik auszubauen, in den Schulen flächendeckend zu etablieren und auch Möglichkeiten in der Sek. II zu schaffen, dann muss man hier auch gemeinsam die Grundlagen dafür legen. Deswegen ist es sehr schade, dass Sie den Änderungsantrag nicht unterstützen.

Einen Punkt will ich noch sagen: Wir müssen auch darauf achten, dass ausgebildete Fachlehrkräfte tatsächlich an allen Langzeitschulformen – am Gymnasium, an der Gesamtschule und auch am beruflichen Gymnasium – vorhanden sind und dass wir keine Zweiklassengesellschaft im Bereich der Informatik an den Schulen und bei der Präsenz von Fachlehrkräften haben.

Unsere Unterstützung für diesen Antrag haben Sie. Dass Sie den Änderungsantrag nicht mittragen können, zeugt von Ihrer Zaghaftigkeit und wenig konsistenten Politik, die über Ressorts leider nicht das systematisch anlegt, was wir in diesem Land, was Schülerinnen und Schüler für ihre Bildung brauchen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Präsident André Kuper: Vielen Dank, Frau Kollegin Beer. –

Der zweite Redebeitrag zu diesem Tagesordnungspunkt von

Sigrid Beer (GRÜNE): Danke schön. – Herr Präsident! Frau Ministerin, ich bitte, sich umfänglich zu informieren. Das muss man ja präsent haben, wenn es um so wichtige Dinge geht. Man kann das in Paderborn nur eingeschränkt für das BK und nicht für die allgemeinbildenden Schulen in dieser Fächerkombination …

(Yvonne Gebauer, Ministerin für Schule und Bildung: In Paderborn?)

– Ja, in Paderborn. Ganz genau.

Es gibt nur einen Studienstandort für Hauswirtschaft in diesem Land. Das sollten Sie eigentlich wissen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich will es noch einmal sagen: Man kann nicht kombinieren mit Geografie, mit Musik, mit Kunst, mit Sport, mit Technik, mit Pädagogik, Hauswirtschaft nur für das BK an der Uni Paderborn, mit Türkisch zum Beispiel auch nicht. Islamischer Religionsunterricht kommt im Chancenrechner gar nicht vor. Da bitte ich einfach noch einmal nachzuarbeiten. Sie sollten eine Übersicht darüber haben und hier keine Dinge nennen, die so einfach in Nordrhein-Westfalen gar nicht möglich sind. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN)