Sigrid Beer: „Qualität und Quantität darf man nicht gegeneinander ausspielen“

Antrag der Fraktionn von CDU und FDP zur Lehrerausbildung

Sigrid Beer (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag befasst sich in der Tat mit einer zentralen Frage: Wie gewinnen wir Lehrkräfte? Da stimme ich Ihnen zu, Frau Beihl. Das müssen wir uns wirklich zentral vornehmen, und wir müssen nach vielen Wegen suchen.
Aber ich kann mir nur wünschen, dass es für diesen Antrag – das schien noch nicht entschieden gewesen zu sein, als wir in der Obleuterunde darüber gesprochen haben – eine Anhörung geben wird. Denn daran sind sehr viele Fragezeichen zu machen.
Ich will vor allen Dingen einen Punkt herausgreifen, nämlich die Frage, ob und an welcher Stelle Praxisphasen weiter verkürzt werden können. Gerade das Referat zu verkürzen, halte ich für äußerst schwierig und nicht gangbar.
In Bezug auf andere Vorbildungen ist es in der Lehrerausbildung schon jetzt der Fall, dass diese in den universitären Praxisphasen anerkannt werden – etwa, wenn Leute aus der Jugendarbeit kommen oder wenn sie in anderen fachlichen Bereichen Erfahrungen haben.
Wir stellen hier doch gemeinsam fest, dass die Anforderungen im Lehrerberuf immer komplexer werden. Deshalb darf an dieser Stelle Ausbildung nicht zurückgeschnitten werden.
Ich will noch einmal auf die Geschichte des Lehrerausbildungsgesetzes eingehen. Wir haben damals hier gemeinsam abgewehrt, dass das Referendariat auf 12 Monate begrenzt wurde. Es war ein Kampf, dass wir das hingekriegt haben. Die 18 Monate sind wirklich mit Schmerzen eingegangen worden.
Wenn wir hier für Einzelne das Tor öffnen, weiß ich nicht, ob daraus nicht die Büchse der Pandora wird und dann plötzlich die Debatte über eine grundsätzliche Kürzung des Referendariats wieder aufgemacht wird.
Das hat – ein Schelm, wer Böses dabei denkt! – natürlich auch etwas mit besoldungsrechtlichen Fragen zu tun; etwa, wenn darüber nachgedacht wird, ob in Bezug auf das Grundschullehramt vielleicht Praxisphasen verkürzt werden. Will man so vielleicht der A13-Debatte entkommen? Was bedeutet das für die Sekundarstufe I?
Das müsste als erster Schritt erst einmal festgezurrt werden, und wir müssten die Umsetzung von A13 für das Grundschullehramt und für die Sekundarstufe I haben. Trotzdem würde ich dann immer noch sagen: Dieses Unterfangen, das Sie da vorgelegt haben, geht so nicht.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
In diesem Antrag fehlt mir außerdem die tatsächliche Unterstützung für die Schulen, die jetzt Ausbildungsunterstützung leisten, gerade im Bereich des Seiteneinstiegs. Diese Schulen brauchen Entlastungsstunden. Sie machen das jetzt, wenn Lehrkräfte mit anderem Lehramt in die Schulen kommen und dort eingearbeitet werden müssen, also auf die spezielle Schulform und Schulstufe vorbereitet werden müssen, wenn sie ins Team geholt werden. Davon steht bei Ihnen nichts.
Ich unterstütze die weitere Qualifizierung des Seiteneinstiegs. Aber das muss substanziell entsprechend ausformuliert werden. Es ist mir zu schwach, wenn Sie mit Prüfaufträgen um die Ecke kommen. Ich dachte, Sie regieren hier und wissen, was Sie wollen.
Offensichtlich ist das noch nicht festgelegt. Deswegen sollten wir den Sachverstand der Hochschulen – einschließlich der Praxisphasen, aber vor allen Dingen auch der Lehrerausbildung in der zweiten Phase – und der Schulen mit einbeziehen, um diesen Antrag zu diskutieren.
Denn darin stecken zu viele Gefahren und Unwägbarkeiten, die die Qualität von Unterricht und Ausbildung beeinträchtigen können.
Qualität und Quantität darf man in der Tat nicht gegeneinander ausspielen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)