Sigrid Beer: „Die Berufskollegs brauchen keine weiteren warmen Worte, sondern substanzielle Unterstützung“

Zum Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zur dualen Ausbildung

Sigrid Beer (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Vogt, Frau Hannen, Sie haben um Unterstützung für Ihren Antrag geworben. Mehr als eine wohlwollende Enthaltung kann es heute nicht sein.

(Zurufe von der CDU und der FDP: Oh!)

Die Berufskollegs brauchen keine weiteren warmen Worte, sondern substanzielle Unterstützung, die Sie mit diesem Antrag leider überhaupt nicht liefern.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich weiß nicht, ob Sie dieses Heft in dieser Woche gelesen haben.

(Sigrid Beer [GRÜNE] hält ein Heft hoch.)

Die Berufskollegs zeigen Ihnen darin, was sie brauchen. Neben dem Masterplan Grundschule, der schon auf lange Strecke gelegt und mit vielen Enttäuschungen behaftet war, haben Sie in Ihrem Koalitionsvertrag auch eine Agenda zur beruflichen Bildung versprochen. Corona taugt nicht als Ausrede dafür, dass Sie die substanziellen Schritte nicht gegangen sind.

Gerade die Berufskollegs sind darauf angewiesen, dass die Beschäftigung der Werkstattlehrkräfte, der Fachlehrkräfte und der technischen Lehrkräfte attraktiver wird. Sie haben nichts getan. Sie hätten das mit Erlassen, die nicht viel kosten, hinbekommen können. Diese Versäumnisse haben Sie bis zum heutigen Tage durchgeschleppt.

Dass Sie im Haushalt tatsächlich nur ein bisschen für das berufliche Gymnasium tun, zeigt doch, wie wenig Ihnen die klassische berufliche Bildung eigentlich wert ist. Dass Sie das duale Studium im Antrag noch nicht einmal erwähnen, ist auch ein Ding.

(Ralph Bombis [FDP]: Bitte!)

– Ja, Kollege Bombis, nicht dran gedacht, verpennt, vergessen.

(Ralph Bombis [FDP]: Das wollen Sie mir doch nicht wirklich erzählen!)

Das zeigt nur, wie rudimentär die Dinge sind, die Sie hier vorlegen. Sie sind doch verantwortlich für das, was in diesem Antrag geschrieben steht.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich sage es noch mal: Mehr als warme Worte für das BK sind leider nicht drin.

Handwerklich haben Sie hier mit der Lehramtszugangsverordnung auch noch etwas vorgelegt.

(Ralph Bombis [FDP]: Sie müssen uns gar nichts erzählen!)

– Ach, Herr Bombis. Sie müssen gerade in diesem wichtigen Bereich endlich mal zu Ihrer Verantwortung stehen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Es ist so, als ob Sie hier viereinhalb Jahre gesessen und nichts getan hätten.

(Zuruf von Henning Rehbaum [CDU])

Entschuldigung, das ist richtig. Im Rahmen der beruflichen Bildung haben Sie das Entscheidende nicht getan. Das ist wohl richtig. Diese Bilanz muss man hier ziehen.

Was haben Sie gemacht? – Sie haben sogar ganz schwierige Entscheidungen getroffen, indem Sie im Rahmen des Lehramts die Möglichkeiten der Kombination mit dem sonderpädagogischen Lehramt jetzt ausgesetzt haben, rausgenommen haben. Gerade das ist wichtig, um mehr Fachkräfte auch in der beruflichen Bildung zu gewinnen. Wir müssen die Jugendlichen unterstützen, sich gelingend in eine Ausbildung zu begeben. Solche Weichenstellungen haben Sie gemacht.

Sie haben aber keine substanzielle Stärkung der beruflichen Bildung durch die Attraktivierung des Berufs in den Berufskollegs, durch das Öffnen von Karrieren vorgenommen, um Menschen in das Berufskolleg zu ziehen, die dort ihre berufliche Zukunft sehen. Das alles haben Sie versäumt, und das ist Ihnen vorzuhalten. Deswegen kann man diesen warmen Worten, an denen nichts falsch ist, leider nicht zustimmen. Wir können uns dazu nur enthalten.

Liefern Sie doch endlich! Das ist das, was die Berufskollegs brauchen. Sie brauchen zum Beispiel auch ein erweitertes Personalbudget. Wenn mögliche technische Lehrkräfte bei ihnen vorsprechen und dort sogar anfangen wollen, haben die Berufskollegs keine Stellen. Da war auch eine erweiterte pädagogische Verantwortung versprochen. Nichts ist passiert!

Daher ist die Enttäuschung gerade unter den Berufskollegs groß, dass substanziell nichts zur Weiterentwicklung geleistet worden ist. Diesen Vorwurf müssen Sie sich hier gefallen lassen. Das ist das, was aus der Landschaft der BKs zurückschallt.

Sie haben auch nichts in Richtung Fachklassengestaltung getan. Das sehen wir zum Beispiel im Bereich der Goldschmiede. Es ist kein Vertrösten und keine Perspektive, die Ausbildung an einem zentralen Standort zusammenzuziehen, weil es in den letzten Jahren zum Beispiel in Köln nicht so viel Ausbildungsnachfrage gegeben hat.

Genau diese Unzuverlässigkeit ist da. Alles steht immer auf Messers Schneide. Wir brauchen da andere Lösungen, ein neues Denken gerade für den Bereich der Fachklassen. Das müssen wir uns endlich auf eine Agenda der beruflichen Bildung schreiben.

Das, was Sie hier vorgelegt haben, ist leider unterkomplex. Warme Worte kann man gerne mittragen, aber leider bleiben Sie die Substanz schuldig.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

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