Sigrid Beer: „Das heißt nicht, dass die Lehrkräfte ihre Sommerferien aufgeben sollen – die haben sie verdient“

Antrag der GRÜNEN im Landtag zum "Bunten Bildungssommer"

Sigrid Beer (GRÜNE): Herr Präsident! „Bunter Bildungssommer“ heißt unser Antrag. Ich habe gedacht, ich ziehe mich dann auch so an. Das muss ja dazu passen.
Wir haben ja heute schon einmal gehört, dass die Landesregierung durchaus den Grundsatz unserer Überlegungen teilt. Das hat mich sehr gefreut. Allerdings ist der Konkretionsgrad ja heute Morgen wieder nicht beschrieben worden. Deswegen gehen meine Fragen auch gleich an die Ministerin, weil die Sache ja wirklich schnell zur Reife und zur Entscheidung geführt werden muss.
Wir haben heute schon darüber gesprochen, dass es Kommunen gibt, die ihre Sommerangebote in der Tat schon canceln und sagen: Das findet bei uns nicht statt.
Das ist absolut kontraproduktiv, denn wir brauchen einen Anschluss für die Kinder und für die Jugendlichen. Ich sage jetzt auch: natürlich besonders für Kinder aus benachteiligten sozialen Lagen, für Kinder mit Behinderungen, mit Handicaps, für geflüchtete Kinder, aber auch insgesamt für die Familien, die sehr viel investiert haben von ihrer Zeit, die Eltern, die ihre Überstunden abgebaut haben, die Eltern, die ihre Urlaubstage genommen haben, damit sie die ganze Situation jetzt handeln konnten. Jetzt kommen sechs Wochen Sommerferien. Von daher ist es eine Win-Win-Situation für die Familien, aber auch für die Kinder, Bildungsangebote zu haben.
Ich sage ausdrücklich noch einmal: Das heißt nicht, dass die Lehrkräfte jetzt ihre Sommerferien aufgeben sollen. Die haben sie nämlich auch zu Recht verdient. Sie haben in dieser Situation Herausragendes geleistet.
(Zuruf von Dr. Joachim Stamp, Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration)
–   Bitte schön, Herr Stamp, Sie haben eine Bemerkung? Darauf will ich gerne eingehen. Denn der Familienminister muss sich ja irgendwie auch beteiligen. Das könnte ja super gehen, wenn er mit der Schulministerin zusammen diese Initiative starten würde.
(Dr. Joachim Stamp, Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration: Das machen wir!)
–   Ja, Herr Stamp, das machen wir – das ist ja das, was wir im Schulausschuss dauernd hören: Das machen wir, wir führen Gespräche, wir sind dabei.
(Zuruf von Jochen Ott [SPD])
Aber es kommt leider nicht zu einem Ergebnis, Herr Stamp. Das ist genau der Punkt.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Da müssen Sie Klarheit schaffen.
(Dr. Joachim Stamp, Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration: Sie müssen vielleicht mal die Coronaschutzverordnung abwarten!)
–   Ach, Herr Stamp. Wir können ja gerne in einen Disput eintreten. Aber der Witz ist doch: Das ist genau dieses Muster, das nicht funktioniert: die Kommunen warten lassen, die Jugendverbände warten lassen, die Familien warten lassen
(Beifall von der SPD)
und sagen: Wir sind aber in Gesprächen, warten Sie mal bitte ab. Warten Sie auf die nächste Schulmail um 22:30 Uhr oder am Wochenende!
(Dr. Joachim Stamp, Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration: Coronaschutzverordnung!)
–   Aber, Herr Stamp, genau, die Coronaschutzverordnung würde nämlich dann auch beschreiben und konkretisieren. Sie müssen nicht den Kopf schütteln. Sie müssen endlich mal die Dinge zu Ende bringen und konkret machen. Das ist genau der Punkt.
(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP] – Weitere Zurufe von der FDP)
–   Sie graben sich gerade Ihre eigenen Löcher, würde ich sagen. Mal ganz, ganz vorsichtig mit all diesen Bemerkungen, die heute schon so gekommen sind. Ich habe heute schon mehrfach davon gesprochen, wo Sie Ihre Hausaufgaben nicht machen und wo nur noch Kopfschütteln da ist.
Herr Stamp, wenn Sie so systematisch vorgehen würden, dann hätten wir nicht die Situationen gehabt, auch was die Kitas angeht, was die Eltern angeht,
(Dr. Joachim Stamp, Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration: Was denn? Besser als in jedem anderen Bundesland!)
die in jedem Gespräch und in jeder Mail bei uns zurzeit thematisiert wird.
Jetzt noch einmal: Wann kommen …
(Jochen Ott [SPD]: Ist das normal, dass er von der Regierungsbank kommentiert und der Präsident nichts sagt? Sie können sich doch da drüben hinsetzen, egal ob es 22 Uhr ist oder nicht!)
–   Lieber Kollege Ott, ich habe jetzt …
(Zurufe – Glocke – Jochen Ott [SPD]: Er kann da rübergehen und von da kommentieren! Herr Präsident! – Zurufe von Franziska Müller-Rech [FDP] – Weitere Zurufe)
Präsident André Kuper: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich verwahre mich gegen jegliche Vorwürfe gegen die Sitzungsleitung, und wir greifen an dieser Stelle ein. Ich darf auch den Minister bitten, die entsprechende Rücksicht zu nehmen, und wir werden jetzt eine vernünftige Debatte weiterführen.
Sigrid Beer (GRÜNE): Vielen Dank, Herr Präsident. – Die formale Anmerkung ist richtig. Ich hatte aber überhaupt kein Problem, weil es wichtig ist, dass wir mal – wie sagt man im Ostwestfälischen – zu Potte kommen, damit die Sachen auf den Punkt kommen und nicht darauf verwiesen wird: Jetzt warten wir bitte auf Schulmail oder die Corona-Verordnung. – Sagen Sie doch, dass Sie das in Arbeit haben und die Formate ermöglichen wollen, die wirklich funktionieren.
Sagen Sie jetzt den Jugendverbänden und den Jugendhilfeträgern: Wir brauchen euch. Sagen Sie das auch den Kommunen sehr deutlich, und sagen Sie das nicht auf den letzten Drücker. Das ist nämlich der Punkt und das, was wir im Augenblick erleben, Herr Stamp. Da brauchen Sie und die Ministerin sich nicht herauszureden. Das regelt man auch nicht durch Zwischenrufe von der Regierungsbank.
(Zuruf von der FDP)
Das regelt man nur mit einem Regierungshandeln, das klar und verlässlich ist und das in der Öffentlichkeit entsprechend präsentiert wird.
(Unruhe)
Das ist genau der Punkt und leider das, was Sie vermissen lassen. (Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Also, das war jetzt ein bunter Austausch. (Zurufe)
Ich hoffe nur, dass auch wirklich etwas für die Familien vorgelegt wird. Wir haben Ihnen unser Konzept präsentiert. Sie haben bislang noch gar nichts vorgelegt. Aber ich hoffe, dass Sie den Druck verspüren.
(Zuruf von Frank Rock [CDU])
–   Nein, Herr Rock, aus der Ecke kommt leider auch nichts.
(Zurufe von der CDU)
Die regierungstragenden Fraktionen sind auch in der Frage der Vorlage von Konzepten hier bisher nicht als produktiv aufgefallen. Deswegen hoffe ich für die Familien, dass etwas dabei herauskommt. Ihre Einlassungen heute Abend waren nicht hilfreich. Ob die Ministerin dazu noch etwas zu sagen hat, werden wir hören. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)