Sigrid Beer: „Daran hängen Verträge von Kolleginnen und Kollegen, die nicht wissen, wie es weitergeht“

Antrag der SPD-Fraktion zur Schulsozialarbeit

Sigrid Beer (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach dem Beitrag der Kollegin Hannen wird mir jetzt angst und bange.
(Beifall von der SPD – Jochen Ott [SPD]: Ja!)
Ich finde, man muss nach dreieinhalb Jahren klar haben, dass sozialpädagogische Fachkräfte in der Schuleingangsphase nichts mit der klassischen Schulsozialarbeit zu tun haben.
(Beifall von Josefine Paul [GRÜNE] und der SPD)
Das sollte man das nicht durcheinanderbringen. Außerdem sollte man die Stellen nicht mit den 47,7 Millionen Euro verwechseln, die die Finanzierung der BuT-Stellen ausgemacht haben.
(Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD]: Richtig!)
Die hatte Rot-Grün damals auf den Weg gebracht, und Minister Laumann verkündete im Oktober 2017: Das stellen wir in der mittelfristigen Finanzplanung bis 2021 sicher.
(Zuruf von Martina Hannen [FDP])
Da sind wir noch gar nicht, derzeit sind wir in 2020. Nach dem Schwiemeln von Frau Hannen gerade weiß ich gar nicht mehr, was an Finanzierung gesichert ist.
(Zuruf von Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales)
Ich fand den Bericht, den ich für unsere Fraktion angefordert hatte und den wir für den Schulausschuss bekommen haben, hinlänglich unbestimmt – um das mal deutlich zu sagen.
(Beifall von Josefine Paul [GRÜNE] und der SPD – Jochen Ott [SPD]: So ist es!)
Nämlich: Wir prüfen. Wir haben im März mit den kommunalen Spitzenverbänden geredet. Und die Top-Aussage war: Man kann dem entnehmen, dass die kommunalen Spitzenverbände grundlegendes Interesse haben. – So etwas nenne ich nicht verbindlich; so etwas nenne ich nicht verlässlich. Das ist wirklich ein Unding, was Sie heute abliefern. Steht die Finanzierung in der mittelfristigen Finanzplanung – ja oder nein? Stehen die 47,7 Millionen Euro da noch – ja oder nein?
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Jochen Ott [SPD]: Einfache Frage, einfache Antwort!)
Der Entscheidungsdruck in den Kommunen ist nämlich massiv. Daran hängen Verträge von Kolleginnen und Kollegen, die nicht wissen, wie es weitergeht. Deswegen müssen wir das im Haushaltsplan sehen. Ich bin gespannt. Warum konnten Sie uns das, was der Kollege Rock versucht hat anzudeuten, nicht in die Antwort schreiben? Gibt es das Geld jetzt – ja oder nein?
Sie haben es noch nicht klar, höre ich gerade.
(Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales: Doch, doch!)
– Doch, Herr Laumann? Dann wollen wir doch mal schauen.
Ist es denn jetzt auch vom Tisch, Ihre Aufwendungen für die Berufseinstiegsbegleitung eigentlich schön aus dem BuT-Budget finanzieren zu wollen? Wie viel wird denn dann ins Ministerium herübergeschoben? Das ist doch die große Frage: Wo kommt es zu Kürzungen?
(Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales: Richtig, Sie haben es begriffen!)
Ich sehe, dass da der Sparstift angesetzt wird. Da werden Dinge zusammengeführt.
(Beifall von der SPD – Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales: Nein!)
Immer wenn über Neustrukturierungen geredet wird, werde ich erst mal sehr aufmerksam. Versichern Sie uns hier, dass die Mittel umfänglich erhalten bleiben – das möchte ich jetzt gleich von der Ministerin oder von den Ministern hören. Dann sind wir dabei, und dann können wir über Neustrukturierungen reden.
Aber das Aufgabenportfolio muss umfänglich abgedeckt werden. Wenn in der Antwort argumentiert wurde, dass es mit der Bundesgesetzgebung eine Entbürokratisierung bei den BuT-Aufgaben gegeben habe … – Ich finde das gar nicht so lustig, Herr Laumann und Frau Gebauer.
(Yvonne Gebauer, Ministerin für Schule und Bildung: Wir hören ganz genau zu!)
Das ist doch der Punkt. Die Realität sieht doch so aus: Die haben schon lange keine Anträge mehr akquiriert, stattdessen wurde in den Schulen klassische Sozialarbeit gemacht. Da ist doch die Entwicklung längst weitergegangen. Das haben sie schon gemacht, als wir es unterfüttert hatten. Die brauchen jetzt keine Schaufensterreden,
(Martina Hannen [FDP]: Aber auch keine Schaufensteranträge!)
mittels derer sich alle gegenseitig vergewissern, wie wichtig das sei. – Stattdessen muss es jetzt eine klare Zusicherung geben: Die Mittel bleiben da, und die Kommunen und im Übrigen auch die freien Träger können darüber verfügen.
Wie sieht das aus? Das frage ich mich und auch die Ministerin. Es wird immer so viel davon erzählt, dass man mit allen gesprochen habe. – Wenn wir dann mit denen sprechen, sagen sie: Das ist schon lange her; das war in einem anderen Zusammenhang. Oder: Wir sind gar nicht einbezogen worden. – Eine solche Stellungnahme gibt es auch von der Landesarbeitsgemeinschaft Schulsozialarbeit vom 9.7.: Wir sind nie gefragt worden.
Wo sind denn eigentlich die Standards zur Schulsozialarbeit? Warum wird nicht mit dem Fachverband geredet? Wie sieht es mit der Fachaufsicht aus? Wie sieht es eigentlich mit der Balance zwischen Schulgesetz und Jugendhilfe aus? – Das ist alles nicht geklärt, und dann liefern Sie uns drei dürre Seiten für den Schulausschuss. Das ist keine Grundlage.
Deswegen bin ich froh, dass wir hier einen Antrag haben, über den wir diskutieren müssen. Frau Hannen, dann können Sie da noch ein bisschen nacharbeiten,
(Zuruf von Martina Hannen [FDP])
damit die Trennschärfe gegeben ist
(Beifall von Josefine Paul [GRÜNE] und der SPD)
und wir konzeptionell weiterarbeiten können. Ich empfehle das Schreiben der Landesarbeitsgemeinschaft Schulsozialarbeit. Darin sind die Fragen, die geklärt werden müssen, alle aufgeführt. Ich lese sie gerne mal vor:
(Zuruf von Martina Hannen [FDP])
Welche Lösung haben Sie zur Weiterfinanzierung von Schulsozialarbeit in NRW ab Dezember 2020? Was ist der Arbeitsstand im Hinblick auf die Zusammenführung in der Frage des Erlasses? Wie sieht es mit Qualitätsstandards aus? Wie stellen Sie sich die Einbindung der Expertise von SchulsozialarbeiterInnen und einen Beteiligungsprozess von Verbänden überhaupt vor?
Keine Antworten, drei dürre Seiten, viel Nebel, und deswegen ist es wichtig, dass wir heute hier darüber reden, damit die Zukunft der Schulsozialarbeit wirklich gesichert ist und damit schnell Klarheit herrscht, dass die Verträge kommunal und auch bei den freien Trägern weitergeführt werden können.
Dazu habe ich heute hier noch nichts gehört, aber ich bin gespannt und offen, auch für die Antwort von der Landesregierung. Da muss endlich Butter bei die Fische.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Der zweite Rerdebeitrag zu diesen Tagesordnungspunkt von
Sigrid Beer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren! Frau Ministerin, zum einen freut mich die eine klare Aussage.
(Beifall von Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD])
Das andere ist aber, dass die Kommunen Klarheit darüber haben müssen, ob sie die Stellen wieder besetzen können. Die Kolleginnen und Kollegen müssen Klarheit haben, damit sie sich nicht wegbewerben müssen; denn die Konkurrenz um die Stellen ist groß, und es gibt viele vielfältige Angebote. Die Träger müssen wissen, ob sie die Stellen weiterführen können. – Es reicht nicht, dass wir das im Dezember hier beschließen, sondern das muss jetzt klar sein.
Wir müssen dann auch noch einmal über die Standards reden. Zudem hätte ich mir gewünscht, dass hier neben dieser erfreulichen Botschaft etwas zu Neukonzeptionen gesagt wird; denn da können schon noch Pferdefüße drinstecken. Deswegen müssen wir das fachlich betrachten.
(Beifall von Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD])
Der von mir angeforderte Bericht wird in der nächsten Schulausschusssitzung behandelt; eine wunderbare Gelegenheit, das anzufüttern und uns vielleicht etwas mehr als die drei dürren Seiten vorzulegen. Wir werden das auf jeden Fall nachfragen, denn wir können nicht auf Anhörung und Debatte warten.
Es war gut, dass wir den Antrag heute beraten haben. Das war ein Impuls, der dazu beigetragen hat, dass wir hier ein Stück mehr Klarheit haben. Der Nebel hat sich aber noch nicht ganz gelichtet. – Danke.
(Beifall von den GRÜNEN und Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD])

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