Oliver Keymis: „Das nennen wir Solidarmodell“

Zu Antrag der "AfD"-Fraktion zu Rundfunkbeiträgen

Oliver Keymis (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die 651,35 Euro, um die es hier geht, sind natürlich nicht der entscheidende Punkt in der Geschichte. Vielmehr geht es um das, was Herr Nückel gerade zu Recht so beschrieben hat, wie es ist: um die Verweigerung dessen, was der Rechtsstaat zu Recht einfordert, nämlich das, was im Gesetz steht. Wenn sich jemand nicht an das Gesetz hält, dann muss er mit den Konsequenzen leben.

Ich habe mit Interesse eine Korrespondenz verfolgt, in der mir von einer Fachfrau in diesen Fragen mitgeteilt wurde, dass das Risiko an dieser Stelle 50 : 50 ist. Das heißt, dass der Betroffene, der sich im Moment in Haft befindet, 50 % des Risikos trägt; denn er könnte sich genauso frei dazu entscheiden, zu sagen: Ich gebe die Vermögensverhältnisse bekannt. – Dann wäre er sofort frei.

Das tut er aber nicht, weil er politisch demonstrieren und zeigen will: Ich bin hier ein Opfer des Systems. – Dieses Opfer muss dann eben auch die Folgen als Opfer tragen. Das ist natürlich bitter; denn es geht nicht ums Geld. Ich habe den Betrag gerade genannt. Ich nehme an, dass der Mann, um den es geht, in der Lage wäre, den Rundfunkbeitrag zu bezahlen. Er will das aber nicht. Und wenn er das nicht will und damit gegen geltendes Recht verstößt, weil wir die Pflicht haben, unseren Beitrag zu entrichten, dann ist das eben an der Stelle so.

Ich finde immer besonders eindrucksvoll, wenn dann von bestimmten Seiten gesagt wird: Das ist ja etwas, was ich nicht nutze, und deshalb bezahle ich das auch nicht. – Wenn Sie das ernst meinten, dann gäbe es ja ganz viele Dinge, die wir alle nicht nutzen, aber mitbezahlen. Das ist bei vielen Dingen so. Ich benutze keine Panzer. Trotzdem bezahle ich sie. Ich benutze auch bestimmte andere Dinge möglicherweise nicht. Trotzdem bin ich dafür mit in der Verantwortung. Das nennen wir Solidarmodell.

(Lachen von Andreas Keith [AfD])

Wir haben eine entsprechende Verfassung, in der es auch so geregelt ist, dass wir füreinander einstehen.

Wir haben vor allen Dingen Rechtsprechung dazu, die immer wieder deutlich macht, dass wir gemeinsam in der Pflicht stehen. Wer sich dieser Pflicht entzieht, so wie das hier der Fall ist, dem ist nicht anders beizukommen.

Ob das im Verhältnis zu dem steht, was da in Rede steht, ist eine andere Frage. Aber die muss dann auch derjenige für sich entscheiden, der diese Unverhältnismäßigkeit in Kauf nimmt.

An dieser Stelle appelliere ich dringend, dass sich der Mann noch einmal überlegt, was er tut, und dass die, die ihn befeuern, sich auch überlegen, ob das wirklich sinnvoll erscheint. Ich habe den Eindruck, dass das die Mehrheit der Menschen nicht überzeugt, sondern eine Form von Protest ist, die eher auf Unverständnis stößt. Insofern kann man den Antrag, den Sie hier zu dem Thema gestellt haben, ohnehin nur ablehnen.

Aber die Frage an sich ist, glaube ich, überhaupt kein Grund, sich so aufzuregen, wie Sie, Herr Fraktionsvorsitzender, das gerade getan haben. Meines Erachtens sollte man hier ganz sachlich miteinander umgehen und sagen: Das ist Fakt im Rechtsstaat Bundesrepublik Deutschland, und an den haben wir uns alle gemeinsam zu halten – auch der Bürger, der sich da noch in Haft befindet. Er hat alle Möglichkeiten, sich aus dieser misslichen Lage selbst wieder zu befreien. – Ich bedanke mich bei Ihnen.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der SPD)

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