Michael Röls-Leitmann (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Der Binnenschifffahrt kommt eine außerordentlich große Bedeutung für das Land Nordrhein-Westfalen zu. Sie ist ein wichtiger Baustein für Logistikbelieferungen von Industriebetrieben in Nordrhein-Westfalen. Sie ist ein sehr klimafreundlicher Ladungsträger.
Wir können mit Binnenschiffen auch zusätzliche Ladung verlagern. Das Schienennetz ist stark ausgelastet, aber in der Binnenschifffahrt gibt es noch Kapazitäten, um Verkehre von der Straße im Sinne des Klimaschutzes auf das Wasser zu verlagern.
Außerdem kommt den Binnenhäfen in Nordrhein-Westfalen als oftmals trimodalen Hubs eine große Bedeutung zu, die über Logistik hinaus für Fragen resilienten Transports, die Sie in Ihrem Antrag ansprechen, sowie auch für Aspekte von Kreislaufwirtschaft wichtige Impulse setzen. Sie sind wichtige Standorte, deren Entwicklung für die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen – nicht nur für die Standortkommunen dieser Häfen, sondern weit darüber hinaus – eine wichtige Bedeutung haben.
Es stimmt: Die Infrastruktur der Binnenschifffahrt ist in einem besorgniserregenden Zustand. Die Problembeschreibung des Antrags der SPD ist an sehr vielen Stellen treffsicher und genau. Ich finde es gut, dass wir als demokratische Parteien bzw. Fraktionen aus Nordrhein-Westfalen trotz einiger Unterschiede mit einer geeinten Stimme immer wieder für die Binnenschifffahrt sowie deren Interessen und Belange in Deutschland eintreten. Das ist gut für Nordrhein-Westfalen.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)
Mein Vorredner hat es angesprochen: Wir haben letztes Jahr im Landtag einen Beschluss gefasst, der bereits die große Zahl der Punkte adressiert hat: mehr Geld, also eine verlässliche Finanzierung durch den Bund – ein Dauerbrenner beim Thema „Binnenschifffahrt“. Dort liegt schon lange einiges im Argen. Der schlechte Zustand der Infrastruktur kommt ja nicht von irgendwo.
Das Thema „Verfahrensbeschleunigung“ wurde angesprochen. Es wurde bereits im letzten Jahr ein Antrag gestellt, und die Landesregierung hat erste Schritte unternommen.
Adressiert wurden der Fachkräftemangel und wichtige Aspekte aus unserem Beschluss wie der Umgang mit der fortschreitenden Klimakrise, damit einhergehende Zeiträume von Niedrigwasser, neue Schiffstypen, die sich daran anpassen, sowie die Beachtung von Umweltschutzbelangen bei dem Thema „Verfahrensbeschleunigung“. Diese Aspekte haben im letztjährigen Beschluss eine deutlich größere Rolle als in dem aktuellen Antrag gespielt.
Wir haben aber nicht nur Aufträge verteilt. Die Landesregierung hat auch gehandelt.
(Frank Sundermann [SPD]: Wo?)
Ein paar Beispiele möchte ich nennen.
Unser Verkehrsministerium hat die Erarbeitung der Nationalen Hafenstrategie begleitet und dafür Sorge getragen, dass nicht nur die See-, sondern auch die Binnenhäfen Berücksichtigung bei den Maßnahmen finden. Das ist immer sehr wichtig für uns in Nordrhein-Westfalen.
Die Verkehrsministerkonferenz forderte im Herbst 2024 auf Initiative Nordrhein-Westfalens im Rahmen des Umsetzungsprozesses der Nationalen Hafenstrategie verbindliche bundesseitige Finanzierungsinstrumente für den Erhalt, Ersatz- und Neubau von Hafeninfrastruktur, um die Zukunft einer leistungsfähigen und umweltfreundlichen Binnenschifffahrt zu sichern.
Gerade erst …
Präsident André Kuper: Herr Kollege, es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage aus den Reihen der SPD. Lassen Sie die zu?
(Zuruf von der SPD)
Michael Röls-Leitmann (GRÜNE): Ja, gerne.
Präsident André Kuper: Bitte.
Frank Börner (SPD): Herzlichen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Sie haben gerade auf den Antrag aus dem vergangenen Jahr verwiesen. Haben Sie einen Überblick, wie viel von dem, was letztes Jahr in dem Antrag stand, inzwischen irgendwo in der Realität und nicht nur in zusätzlichen Papieren angekommen ist?
Michael Röls-Leitmann (GRÜNE): Ich habe mir das selbstverständlich angeschaut, weil es einiges zu tun gibt, für das die Landesregierung beauftragt wurde. Bevor Sie mich unterbrochen haben, war ich in meiner Aufzählung dabei, einige Schlaglichter zu nennen. Wo sich noch nicht ausreichend viel getan hat, ist auf der Bundesebene. Auf diese Frage komme ich in meiner Rede gleich noch zurück. Herzlichen Dank also für die Frage. Sie wird im weiteren Verlauf der Rede beantwortet.
(Gordan Dudas [SPD]: Ah!)
Erst vor zwei Wochen wurde das Forschungsschiff „NOVA“ getauft.
(Beifall von Dr. Julia Höller [GRÜNE])
Es ist ein super Projekt, finde ich. Mithilfe einer Landesförderung von über 1 Million Euro wird auf diesem Schiff von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität Duisburg-Essen und des Entwicklungszentrums für Schiffstechnik und Transportsysteme an wichtigen Zukunftsfragen für die Binnenschifffahrt wie alternativen Antrieben und dem autonomen Betrieb geforscht.
Seit dem Start der neuen Bundesregierung hat Minister Krischer sich bereits mehrfach für die Verteilung der finanziellen Mittel aus dem Sondervermögen Infrastruktur nach Bedarf statt nach Proporz ausgesprochen. Auch das ist eine wichtige Frage, denn die Bedarfe sind nicht überall gleich. Wir in Nordrhein-Westfalen haben einen sehr hohen Sanierungsstau. Deswegen ist es richtig, dass die Landesregierung – nicht nur, aber auch in Person von Minister Krischer – an der Stelle auf die Bundesregierung einwirkt.
Worum geht es also? Geht es etwa um die aufrichtige Sorge, die Landesregierung würde sich auf Bundesebene nicht hinreichend für die Interessen Nordrhein-Westfalens sowie der Binnenschifffahrt einsetzen? Das kann nicht der Anlass dieses Antrags sein.
Soll die Landesregierung nun Sorge dafür tragen, dass die Mittel aus dem Sondervermögen Infrastruktur, das wir Grüne Ihrer Koalition in Berlin erst ermöglichen, irgendwie ansatzweise sinnvoll eingesetzt werden? Ich glaube, da liegt ein Missverständnis vor. Was ist das hier? Ist es ein Hilferuf? Wenn es schon so schlimm in der Koalition in Berlin aussieht, dann geben Sie ein Signal. Wir können mit Sicherheit auch da helfen.
(Frank Börner [SPD]: Oh! – Zuruf von Tim Achtermeyer [GRÜNE])
Oliver Krischer und die Landesregierung erledigen im Landesinteresse und im Sinne der Binnenschifffahrt seit drei Jahren zuverlässig ihren Job. Jetzt muss es auch die Bundesregierung hinbekommen. Auf die Debatte im Ausschuss freue ich mich sehr. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Zurufe von Thorsten Klute [SPD] und Elisabeth Müller-Witt [SPD])