Meral Thoms: „Wenn wir hier Lösungen entwickeln wollen, können wir das nicht im Alleingang machen“

Zum Antrag der FDP-Fraktion zum "Patientenschutz im Grenzland"

Portrait Meral Thoms

Meral Thoms (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Freizügigkeit innerhalb der EU ist ein hohes Gut; das haben wir eben schon gehört. Sie ist eine der zentralen Errungenschaften der europäischen Integration. Diese Freizügigkeit gilt grundsätzlich natürlich auch bei medizinischen Behandlungen: Ich kann mich als EU-Bürgerin im Ausland behandeln lassen, und zwar nicht nur, wenn ich auf der Reise plötzlich krank werde. Nein, das EU-Recht erlaubt auch geplante Behandlungen.

Nach der EU-Richtlinie von 2011 müssen derartige Behandlungen auch grundsätzlich zugelassen werden: Es braucht keine Vorabgenehmigung der Krankenkasse. Wer allerdings Sicherheit über die Höhe der erstattungsfähigen Kosten erhalten will, ist klug beraten, sich vor der Behandlung an seine Krankenkasse zu wenden und die Kostenerstattung zu klären.

(Dr. Günther Bergmann [CDU]: Wohl wahr!)

Das heißt insgesamt: Wer plant, sich im Ausland behandeln zu lassen, muss sich vorher gut über Regelungen und Erstattungsmöglichkeiten informieren, und ja, das kann kompliziert sein. Hier leisten die nationalen Kontaktstellen bereits einen Beitrag und beraten.

Liebe FDP, Sie haben recht: Bei der unkomplizierten Anwendung der Patientenrechte innerhalb der EU haben wir noch Spielraum nach oben. Trotzdem wirft Ihr Antrag zahlreiche Fragen auf.

Natürlich ist die Gesundheitsversorgung in der Grenzregion ein wichtiges Thema, nicht nur für die Menschen, die in den Grenzregionen leben. Aber die EU endet ja nicht an der Grenze zu NRW, den Niederlanden oder Belgien. Wir müssen den Horizont erweitern und auch andere EU-Länder mitdenken, die für viele Menschen, die hier in Deutschland leben, eine wichtige Bedeutung haben – sei es, dass sie im Urlaub in diese Länder reisen, oder auch wegen familiärer Hintergründe.

In Fragen rund um die Finanzierung oder Organisation der Krankenversicherung sind die EU-Mitgliedsstaaten gefragt, sich stärker abzustimmen. Regionale Abkommen können hier tatsächlich eine Verbesserung bringen und sind auch mit dem EU-Recht vereinbar.

Zentrale Voraussetzung ist allerdings, dass wir in dem jeweiligen Politikbereich auch Gesetzgebungskompetenz besitzen. Alles, was mit dem Leistungsrecht der Krankenversicherung zu tun hat, wird ganz klar vom Bund geregelt. Liebe FDP, mit diesem Antrag liegen Sie sicherlich richtig, weil es ein legitimes Anliegen ist, aber Sie klopfen hier im Landtag an die falsche Tür.

Abgesehen von rechtlichen Fragen ist es auch im Hinblick auf regionale Bezüge zu kurz gegriffen, denn die Probleme bei der Gesundheitsversorgung in den Grenzregionen zu den Niederlanden betreffen ja nicht nur die Menschen in Nordrhein-Westfalen, sondern auch in Niedersachsen. An Belgien grenzt zum Beispiel auch Rheinland-Pfalz. Wenn wir hier Lösungen entwickeln wollen, können wir das alles nicht im Alleingang mit so einem engen Horizont machen.

Auch wäre eine Datenerhebung oder ein Gutachten nur mit NRW-Bezug, was wir hier finanzieren, aus Sicht unserer Nachbarinnen und Nachbarn in den Niederlande oder Belgien, die dieses Gutachten lesen, nicht vollständig und deswegen zu kurz gedacht. Aus diesen Gründen haben wir bei Ihrem Antrag noch einige offene Fragen, und der Horizont ist uns zu eng. Gleichwohl freuen wir uns auf die weitere Debatte im Ausschuss. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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