Meral Thoms: „NRW kann hier keinen Sonderweg gehen“

Zum Antrag der "AfD"-Fraktion zur elektronischen Patientenakte

Portrait Meral Thoms

Meral Thoms (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die elektronische Patientenakte, die ePA, wurde erst vor wenigen Wochen bundesweit eingeführt, und noch ist sie für wenige Menschen im Alltag spürbar.

In vielen Modellregionen, die wir auch in NRW hatten, verlief die Umsetzung nicht reibungslos. Es gab technische Hürden, Startschwierigkeiten in den Praxen, und von Fachleuten wurden berechtigte Sicherheitsbedenken geäußert.

Diese Herausforderungen dürfen aber auf keinen Fall davon ablenken, worum es im Kern geht, nämlich um eine moderne, bessere und sichere Versorgung unserer Patientinnen und Patienten; um einen Meilenstein in der Gesundheitsversorgung.

Die ePA ist kein Selbstzweck, sondern sie soll dabei helfen, lebenswichtige Informationen zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort verfügbar zu machen. Das bedeutet: weniger Doppeluntersuchungen, weniger lebensgefährliche Informationslücken – gerade im Notfall – und eine bessere Behandlungsqualität, vor allem bei komplexen Krankheitsverläufen.

Wenn man nun den AfD-Antrag liest, könnte man fast meinen, es würde sich um einen konstruktiven Antrag bzw. Beitrag zur Digitalisierung im Gesundheitswesen handeln. Die Forderungen wirken auf den ersten Blick differenziert. Der Datenschutz soll gestärkt, die Aufklärung verbessert und die ePA kritisch begleitet werden.

Wer sich aber die Positionen der AfD auf der Bundesebene anschaut, erkennt sofort: Hier passt doch wirklich etwas nicht zusammen. Denn im Bundestag ist die Linie der AfD eine ganz andere. Der Bundestagsabgeordnete Thomas Dietz spricht auf der offiziellen Website der AfD-Bundestagsfraktion im Kontext mit der ePA von einem Systemzwang, von einer Überwachung und von einer Zwangsdigitalisierung der Bürgerinnen und Bürger – kein Wort zu differenzierter Begleitung, kein Vorschlag zur Verbesserung, nur pauschale Ablehnung. Es ist populistische Rhetorik; das bewährte und altbekannte Misstrauensnarrativ gegen unser demokratisches System.

Da stellt sich die Frage: Wie hält es die AfD mit der Position der eigenen Bundespartei? Unterstützen Sie die Idee der elektronischen Patientenakte grundsätzlich, wie wir es heute gehört haben und wie es im Antrag suggeriert wird, oder lehnen Sie sie wie die Bundestagskollegen ab?

Dieser Widerspruch ist nicht nur eine Frage politischer Glaubwürdigkeit, sondern er zeigt auch, dass es der AfD offenbar weniger um die Sache als um Stimmungsmache geht. Denn wer im Bundestag Angst schürt und im Landtag scheinbar pragmatische Vorschläge macht, muss sich fragen lassen, was davon eigentlich ernst gemeint ist.

Bei genauerem Hinsehen zeigt sich im Übrigen: Auch der Antrag der NRW-AfD ist längst nicht so sachlich, wie es auf den ersten Blick erscheint. Das haben die Vorredner schon betont. Denn viele der Forderungen sind schlichtweg bei uns an der falschen Stelle. Die Einführung, die Umsetzung und auch die Weiterentwicklung der ePA liegt beim Bundesgesundheitsministerium und bei der Gematik. Dort werden die Standards festgelegt, dort wird über Sicherheit und Interoperabilität entschieden.

NRW kann hier keinen Sonderweg gehen. Das würde überhaupt keinen Sinn machen. Die AfD betreibt hier mal wieder Aktionismus – mit Forderungen, die nicht umsetzbar sind, mit Debatten, die nur eines erreichen, nämlich Verunsicherung. Das hilft wirklich niemandem, nicht den Patientinnen und Patienten, nicht dem medizinischen Personal. Wir lehnen den Antrag ab. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelt Beifall von der CDU)

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