Meral Thoms: „Im Kampf gegen die Pandemie wollen wir insbesondere die Schwächsten unter uns schützen“

Zum Antrag der FDP-Fraktion zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht

Portrait Meral Thoms

Meral Thoms (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der in dem Antrag der FDP enthaltenen Forderung, die Impfkampagne mit Nachdruck fortzuführen, schließen wir uns ausdrücklich an. Gestern haben wir die Coronastrategie für Herbst und Winter dargelegt und einen guten Weg vorgezeichnet. Ganz anders sieht es allerdings bei der Forderung nach der vorzeitigen Beendigung der Impfpflicht aus.

Im Kampf gegen die Pandemie – auch das haben wir gestern vorgelegt – wollen wir insbesondere die Schwächsten unter uns schützen. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht verfolgt genau dieses Ziel: vulnerable Gruppen, Kranke und Alte, sollen geschützt werden.

Die Krankheitsschwere hat mit der Omikron-Variante glücklicherweise abgenommen, aber keineswegs die gesundheitlichen Risiken, die mit Corona einhergehen. Aktuell versterben immer noch rund 100 Menschen pro Tag bundesweit im Zusammenhang mit Corona.

(Zuruf von der AfD: Im Zusammenhang!)

Hinzu kommen die möglichen Langzeitfolgen einer Coronaerkrankung. Long COVID hat bei vielen Betroffenen besonderes persönliches Leid mit sich gebracht, und auch die gesellschaftlichen und individuellen Langzeitschäden von Long COVID oder des Chronischen Fatigue-Syndroms werden uns noch lange beschäftigen.

Auch bei folgendem Punkt sind wir bei Ihnen. Es gibt Schwierigkeiten bei der Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht: einerseits ein hoher administrativer Aufwand für Einrichtungen und Gesundheitsämter, andererseits kaum durchsetzbare Sanktionen in Zeiten der Personalknappheit.

Doch reicht dieses Argument für die Abschaffung? Die FDP argumentiert weiter, mit der Verschiebung zur Omikron-Variante. Impfschutz vor Infektion und Übertragung hätten demnach abgenommen. Bis vor Kurzem, bis gestern hätte ich dieser Argumentation auch noch etwas abgewinnen können. Aber wir haben aktuell neue Entwicklungen in Deutschland.

Die neuen auch an die Omikron-Variante angepassten Impfstoffe stellen einen wahren Gamechanger dar. Gerade gestern hat die Europäische Arzneimittelagentur EMA Impfstoffe gegen den Subtyp BA.1 zugelassen, und das war nur der Anfang. In Kürze stehen auch die Impfstoffe zur Zulassung gegen die Subtypen BA.4 und BA.5 an. Mit diesen neuen Impfstoffen dürfen wir auch mit reduzierter Ansteckung und Übertragung rechnen.

Der Antrag berücksichtigt also nicht die neuste Entwicklung, er ist nicht auf dem neuesten Stand.

Lassen Sie uns weiter über den Zeitpunkt des Antrags sprechen. Gerade ebbt die Sommerwelle langsam ab, die kommende Herbstwelle steht vor der Tür; wir rechnen damit. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht ist geltendes Bundesrecht, das wir umsetzen. Die rechtliche Grundlage läuft Ende des Jahres aus. Eine vorzeitige Rücknahme ist völlig unnötig und würde zu großer Verunsicherung führen;

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Denn die Landesregierung – auch das haben wir gestern betont – setzt auf klare Regeln im Kampf gegen die Pandemie. Das ist uns wichtig. Diese Leitlinie wollen wir nicht aufweichen.

Die Abwägungen im Bund, die jetzt zum weiteren Vorgehen anstehen, sind sicher schwierig. Hier sei den Abgeordneten der FDP empfohlen, ganz einfach den kurzen Draht zu ihren Bundestagskolleginnen zu nutzen, sich dort zu beraten und ihre Ansätze einzubringen.

(Beifall von den GRÜNEN, Thorsten Schick [CDU] sowie Sven Werner Tritschler [AfD])

Noch ein weiterer Punkt: Bis zum Auslaufen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht werden wir voraussichtlich auch wieder neue Daten zur Wirksamkeit der neuen Impfstoffe bekommen. Das kann auch die weiteren Beratungen der Expertinnen und Experten, auch in Bezug auf die Fortführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht, erheblich beeinflussen.

Wir Grüne – ich komme zum Abschluss – stehen für ein abwägendes, vorausschauendes Vorgehen im Kampf gegen die Pandemie, basierend auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen, und das mit klaren Regeln.

Die hier geforderte Initiative zur vorzeitigen Abschaffung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht verunsichert hingegen mehr, als dass sie überhaupt nutzen könnte. Deswegen lehnen wir diesen Antrag ab. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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