Meral Thoms: „Gesundheitsversorgung ist Daseinsvorsorge“

Zum Antrag der Fraktionen von CDU und GRÜNEN im Landtag zur Medikamentenversorgung

Portrait Meral Thoms

Der Antrag „Medikamentenversorgung für Kinder und Jugendliche kurzfristig sicherstellen“

Meral Thoms (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Im Krankheitsfall, gerade dann, verlassen wir uns auf eine sichere Gesundheitsversorgung für uns und unsere Liebsten. Dazu gehört natürlich auch die Sicherheit, dass wir zuverlässig und immer die Medikamente bekommen, die wir benötigen.

Aktuell ist die Versorgung mit einigen Medikamenten kritisch – das haben wir gerade schon gehört – und spitzt sich sogar weiter zu. Betroffen sind insbesondere Arzneimittel für Kinder und Jugendliche, darunter wichtige Antibiotika sowie Fieber- und Schmerzmittel. Kinderärzte aus ganz Europa haben in der vergangenen Woche in einem gemeinsamen Brandbrief eindrücklich auf die schwierige Situation aufmerksam gemacht.

Versorgungs- und Lieferengpässe belasten alle Beteiligten erheblich – das ist allen klar –, zuallererst natürlich die betroffenen Kinder und Jugendlichen, die vielleicht Schmerzen haben, und ihre Familien. Fragen wie: „Ist mein Medikament verfügbar und, falls ja, wo, bei der Apotheke um die Ecke oder wo bekomme ich es oder wie lange muss ich darauf warten, falls es bestellt werden muss?“, führen bei den Betroffenen natürlich zu Stress und Sorgen.

Der Mehraufwand entsteht aber auch in den Apotheken. Es wird sehr viel Zeit und Energie darauf verwendet, Präparate zu beschaffen und auszutauschen, um für die kleinen Patientinnen und Patienten die bestmögliche Versorgung sicherzustellen.

Auch die Kinderärztinnen und -ärzte sind in hohem Maße gefordert. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte hat darauf aufmerksam gemacht, dass aufgrund der Engpässe in den vergangenen Monaten von herkömmlichen Therapieleitlinien abgewichen werden muss, um die Kinder angemessen zu versorgen.

Niemanden lassen solche Schilderungen kalt. Wir alle wünschen uns eine schnelle Behebung der aktuellen Engpässe. Wir wissen aber leider alle auch, dass sich die strukturellen Ursachen unserer heutigen Probleme zumindest nicht kurzfristig lösen lassen. Die aktuelle Mangellage ist begründet in einer jahrzehntelang betriebenen Preispolitik – ja, man kann schon sagen, ein Preisdumping.

(Beifall von den GRÜNEN)

Bei patentfreien Arzneimitteln wurde zu einseitig auf die Kosten geschaut. Der Aspekt der Versorgungssicherheit, mit dem wir uns heute beschäftigen, wurde einfach lange vernachlässigt. Daraus ergaben sich globale Lieferketten, konzentriert auf wenige Hersteller, die häufig in China oder Indien produzieren. Diese Kombination macht uns verwundbar. Schon kleine Störungen in der Produktion oder Lieferkette können bei uns zu Engpässen führen. Das merken wir gerade alle schmerzlich. Darauf machen uns auch die Akteure im Gesundheitswesen zu Recht aufmerksam.

Immerhin scheinen wir uns heute in der Politik sowohl über das Problem als auch über seine Ursachen ziemlich einig zu sein, und das ist gut so. Lassen Sie uns die Lösung jetzt gemeinsam angehen mit aller Energie. Im Bund hat die Ampelregierung einen wichtigen Kabinettsentwurf auf den Weg gebracht zur Bekämpfung von Lieferengpässen. Die Länder haben im Bundesrat ebenfalls schon Stellung bezogen.

Ist es gut und richtig, zum Beispiel über das Instrument der Rabattverträge zu einer Diversifizierung von Lieferketten zu kommen. Produktionsstandorte in Europa müssen bei der Losvergabe noch stärker berücksichtigt werden.

Auch wir hier in unserem Land, in NRW, können mit anpacken. So muss die Arzneimittelforschung und auch die Produktion in Deutschland und auch bei uns in Nordrhein-Westfalen gestärkt werden.

Seit letzter Woche hat das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte ganz offiziell einen Versorgungsmangel bei Antibiotika-säften für Kinder festgestellt. Das ist schlimm, und das gibt jetzt den Ländern die Möglichkeit, flexibler auf entsprechende Engpässe zu reagieren und im Einzelfall von den Vorgaben des Arzneimittelgesetzes befristet abzuweichen.

Es ist richtig, dass wir in Nordrhein-Westfalen hiervon zügig Gebrauch machen und die Einfuhr von nicht zugelassenen Antibiotikasäften für Kinder ermöglichen. Dabei sollte uns allen klar sein, dass es sich hierbei selbstverständlich um Medikamente mit hohen Standards handelt.

All diese Maßnahmen zahlen auf das gleiche Ziel ein. Für uns alle gilt: Gesundheitsversorgung ist Daseinsvorsorge. Unser gemeinsames Ziel ist, dass die Menschen in NRW im Krankheitsfall sicher sein können, dass sie die Medikamente bekommen, die sie benötigen, und zwar kurzfristig verfügbar. Damit dies geschieht, müssen Land und Bund gemeinsam an einem Strang ziehen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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