Meral Thoms: „Es ist richtig, die moderaten Schutzmaßnahmen, die wir aktuell haben, immer wieder auf den Prüfstand zu stellen“

Zum Antrag der FDP-Fraktion zur Aufhebung der Isolationspflicht

Portrait Meral Thoms

Meral Thoms (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Ja, es ist richtig, die Isolationspflicht für Coronainfizierte immer wieder auf den Prüfstand zu stellen und zu hinterfragen. Auch wir tun dies.

Vor genau drei Wochen haben wir in diesem Hause – das haben wir eben schon gehört – einen nahezu gleichen Antrag der FDP debattiert und abgelehnt. Aber das allein ist natürlich kein ausreichender Grund, auch heute genauso so zu argumentieren und zu entscheiden. Denn natürlich hat sich in der Zwischenzeit einiges getan. In einigen Bundesländern ist die Isolationspflicht aufgehoben. Allerdings – das müssen wir festhalten – in der Mehrheit der Bundesländer, nämlich in elf, besteht sie weiterhin.

Wir haben in den letzten Wochen einen weiteren Rückgang des Infektionsgeschehens erlebt. Über diese Entwicklung sind wir natürlich alle gemeinsam sehr erleichtert. Denn Sie gibt uns eine wichtige Verschnaufpause, was auch vor dem Hintergrund der Personalengpässe, Arbeitsausfälle in den Krankenhäusern und Pflegeheimen so wichtig für uns ist.

Auch die Belegung der Intensivbetten mit COVID-19-Patientinnen sinkt. Gleichzeitig sehen wir aber auch, aktuell ist die Auslastung der Intensivbetten mit COVID-Patientinnen noch höher als vor der Herbstwelle. Jetzt stellt sich für uns als Mitglieder des Landtags natürlich die Frage: Wie gehen wir verantwortungsvoll mit dieser Situation um?

Nehmen wir das Szenario eins: Wir tun so, als hätten wir die vergangenen zwei Jahre rein gar nichts über das Coronavirus gelernt. Wir glauben jetzt fest daran, der Trend ist rückläufig. So wird das weitergehen. Und irgendwann wird sich die Viruslast auf einem niedrigen Niveau stabilisieren. – Das wäre doch ein großartiges Szenario. Das wünschen wir uns doch alle.

Aber wie sicher können wir uns sein, dass es genauso passieren wird, dass die Daten, die Parameter weiter rückläufig sind? In der Vergangenheit haben wir auf jeden Fall gesehen: Auf das Ende einer Coronawelle folgt schon bald eine neue Welle. Auf das Erreichen einer Talsohle folgte ein erneuter Anstieg.

Ich kann natürlich nicht in die Zukunft sehen, niemand von uns kann das. Das Coronavirus kann immer wieder für Überraschungen gut sein. Wir können uns deswegen gerade nicht darauf verlassen, dass die Krankheitslast kontinuierlich sinkt und sich das Coronavirus irgendwann in die Reihe der üblichen Erkältungskrankheiten einreiht. Wir hoffen darauf, aber sicher ist es nicht. Es gibt keine neuen medizinischen Gründe, warum wir jetzt die Isolationspflicht aufheben sollten.

Besser wäre, wir denken in einem alternativen Szenario zwei: Wir freuen uns über die aktuelle Verschnaufpause, beobachten weiter die Entwicklung, wir schonen unsere Ressourcen im Gesundheitssystem, insbesondere natürlich unser Personal. Und wir handeln besonnen weiter vorausschauend und nehmen all die Erfahrungen, die wir in den letzten zweieinhalb Jahren gesammelt haben, und auch die bewährten Schutzinstrumente mit auf die Reise.

Wir haben es eben schon gehört: Vor uns liegen erst noch die kalten Wintermonate. Wir wissen nicht, welche Temperaturen auf uns zukommen und wie sich das Virus weiterentwickeln wird.

Wir hören auch weiterhin auf die Expertinnen und Experten, auf das Robert Koch-Institut. Sie raten uns, die Isolationspflicht beizubehalten. Wir schauen außerdem nach rechts und links. Da ist eine Grippewelle im Entstehen und kündigt sich schon sehr früh an. In Australien gab es in diesem Jahr eine besonders starke Grippewelle. Es ist nicht davon auszugehen, dass wir erneut von der Influenza verschont bleiben. Im schlimmsten Fall – das hoffen wir alle nicht – haben wir es mit zwei Viruswellen zu tun.

Die konsequente Unterbrechung von Infektionsketten und die Reduzierung von Ansteckungsrisiken schützen uns auch vor anderen Erkrankungen.

Es ist richtig, die moderaten Schutzmaßnahmen, die wir aktuell haben, immer wieder auf den Prüfstand zu stellen. Je nach pandemischer Entwicklung kann die Anpassung in die eine, aber auch in die andere Richtung gehen.

Aktuell haben wir moderate Anpassungen vorgenommen: Ab dem 30. November endet die Isolationspflicht für Privatpersonen nach fünf Tagen ohne Test. – Wir halten aber an der Isolationspflicht fest. Unser Handeln wird immer besonnen, vorausschauend und im Schulterschluss mit den Expertinnen und Experten sein. Die Menschen in Nordrhein-Westfalen können sich darauf verlassen, dass wir verantwortlich und ohne Schnellschüsse handeln. Wir werden den vorliegenden Antrag auch diese Woche ablehnen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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