Mehrdad Mostofizadeh: „Lasst uns gemeinsam eine starke Pflegekammer schaffen und zum Erfolg führen“

Gesetzentwurf der Landesregierung zur Errichtung einer Pflegekammer

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Errichtung einer Pflegekammer ist jetzt der Abschluss eines Prozesses, der durch die Landesregierung eingeleitet worden ist. Das haben mehrere Rednerinnen und Redner bereits gesagt.
Es hat eine Befragung stattgefunden. Diese Befragung ist zwar eine repräsentative Befragung. Darüber kann man sicherlich methodische Diskussionen führen. Sie ist aber klar vorbereitet worden, klar initiiert worden und hat auch ein sehr klares Ergebnis bekommen.
Deswegen sagen wir Grünen: Wenn es ein klares Ergebnis gibt, erkennen wir ausdrücklich dieses Ergebnis der Pflegenden an, die sich für die Pflegekammer ausgesprochen haben.
In einem zweiten Schritt ging es dann darum, zu schauen: Wie sieht der Gesetzentwurf der Landesregierung aus? – Der Gesetzentwurf ist auch in eine Anhörung gegangen. Auch das haben die Kolleginnen und Kollegen schon vorgetragen.
In dieser Anhörung gab es durchaus unterschiedliche Herangehensweisen an diese Kammer. Unter anderem – das hat Frau Schneider sehr schön ausgeführt – ging es um die Frage, inwieweit alle Gruppen an der Ethikkommission beteiligt sind und auch alle im Vorstand beteiligt sind, also breit aufgenommen werden. Da gab es einen sehr guten Gesetzentwurf. Er ist aufgrund der Anhörung durch die Änderungsvorschläge, die CDU, FDP und Grüne heute hier vorlegen, noch einmal verbessert worden.
Uns war besonders wichtig, dass die Altenpfleger, die viel im ambulanten Bereich unterwegs sind – da sind selbstverständlich auch Krankenpfleger beschäftigt; es geht aber um diejenigen, die schwerpunktmäßig altenpflegerische Tätigkeiten wahrnehmen –, auch entsprechend repräsentiert sind. Genau das – das war auch schon im Gesetzentwurf angelegt – ist jetzt durch den Änderungsantrag noch stärker betont worden.
Ich möchte dringend für Folgendes werben: Der Beruf der Pflege, auch mit all seinen Facetten, ist so wichtig, dass er nicht parteipolitisch aufgespalten werden sollte. Frau Kollegin Lück, Sie wissen, dass ich Sie wirklich sehr schätze. Ich finde aber nicht in Ordnung – gleich werde ich auch noch etwas in die andere Richtung sagen –, der Pflegekammer vorzuwerfen, dies sei eine perfide Täuschung, und mit der Einrichtung einer Pflegekammer sei verbunden, dass dort eine Interessenvertretung der Pflegenden stattfinden solle.
Ich kann nur sagen: Die Einrichtung einer Pflegekammer hindert doch die Tarifpartner nicht daran, andere Beschlüsse auszuhandeln. Sie hindert auch niemanden daran, stärker als Gewerkschaft aufzutreten. Sie hindert niemanden daran, genau die Interessen, die neben der Pflegekammer zu vertreten sind, auch zu vertreten. Das muss zusätzlich zur Pflegekammer passieren – und nicht dagegen. Das möchte ich an dieser Stelle deutlich sagen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Weil ich in dieser Debatte sehr genau aufgepasst habe, erlaube ich mir noch eine Replik. – Ich muss mich mit Blick auf die letzte Debatte schon fragen, Herr Kollege Hovenjürgen – ich komme gleich noch einmal positiv zur CDU –: Wenn Herr Tönnies immer an die CDU gespendet hat, dann hat er offensichtlich an die Falschen gespendet; denn offensichtlich hat Herr Remmel dafür gesorgt, dass Herr Tönnies mit seinem Geschäftsmodell durchgekommen ist. Da müssen wir mal in Rheda-Wiedenbrück anrufen und sagen: Hört mal, das Geld, was ihr der CDU gegeben habt, gebt das demnächst uns – wenn bei dem, was da angerichtet worden ist, noch etwas übrig bleibt.
Genauso falsch ist es, den Pflegenden etwas aufzudrücken, was nicht in Ordnung ist. Ich kann nur sagen: Wenn wir eine Pflegekammer einrichten – so sind wir Grüne auch an die Thematik rangegangen –, dann muss sie ein Erfolg werden. Deswegen muss sie gut ausgestattet und konzipiert sein. Deswegen ist es auch richtig, dass es in Nordrhein-Westfalen nur eine Pflegekammer gibt und nicht zwei, was ja denkbar gewesen wäre, wenn man sich die Strukturen der anderen Kammern anguckt. Sie muss auch finanziell gut ausgestattet sein. Wir meinen, die Startbedingungen hätte man finanziell noch ein bisschen besser gestalten können. Das müssen wir uns im Haushalt noch mal angucken.
Ich möchte noch einmal die Aufgaben der Pflegekammer in Erinnerung rufen: Sie soll sich mit der beruflichen Fortbildung und den Standards befassen. Da hinkt die Argumentation der SPD doch ganz gewaltig. Wenn Sie dieser Meinung sind, dass wir keine Standards setzen und auch im Beruf nicht durchsetzen sollten, warum leisten wir uns dann eine IHK? Warum dürfen Leute aus der betrieblichen Realität die Prüfungen abnehmen und vieles andere mehr?
Präsident André Kuper: Herr Kollege, es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage.
Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Kommt darauf an, von wem.
Präsident André Kuper: Kollege Hovenjürgen.
Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Das lasse ich zu; der Pflegeexperte.
Präsident André Kuper: Bitte schön.
Josef Hovenjürgen (CDU): Danke schön, lieber Kollege Mostofizadeh. – Also die Feststellung, die Sie in Bezug auf meine Rede getroffen haben, unterstreiche ich. Ist Ihnen denn bewusst, lieber Kollege Mostofizadeh, dass in der Amtszeit des Kollegen Remmel sowohl die Zahl der kleinen Schlachtbetriebe als auch die der kleinen Landwirtschaftsbetriebe namhaft zurückggangen ist?
Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Es war mir klar, dass der Kollege Hovenjürgen die Diskussion über die Pflegekammer nutzen muss, um seine Eitelkeit hier zur Schau zu stellen. Deswegen antworte ich schlichtweg damit, dass ich vergessen habe, den Kollegen Preuß ausdrücklich zu loben, der hier erstens sehr sachlich die Pflegekammer begründet hat und zweitens in der Coronadebatte – das wurde deutlich, wenn man genau zugehört hat – sehr wichtige Fragen gestellt hat, die wir morgen im Ausschuss und heute Nachmittag in der Fragestunde behandeln werden.
Zurück zu Ihnen, Herr Hovenjürgen. Eines ist doch eindeutig: Wenn die CDU und die FDP jetzt so tun, als wären sie die Gegnerinnen und Gegner einer Konstruktion wie Tönnies gewesen, dann könnte ich – das steht alles in meinem Manuskript – acht Beispiele dafür anführen, dass wir Anträge beim Bund gestellt haben, wie das System zu ändern ist.
Eines aber dürfen Sie nicht vergessen: Vor vier Wochen sind angeblich alle 7.000 Beschäftigten bei Tönnies getestet worden. Wir wissen bis heute nicht, von wem sie getestet worden sind, und wir wissen auch nicht, ob; denn in einer Stellungnahme des Kreises steht, dass die Tests vor einer Woche wieder vom Kreis übernommen worden sind.
Ich schätze Herrn Minister Laumann ausdrücklich. Aber wenn sich herausstellt, dass vor vier Wochen bei Tönnies der Kreis, das Gesundheitsamt und das Land bei den Testungen geschlampt haben und das mit ursächlich für das ist, was heute ist, dann müssen wir nicht mehr über Zipf und Zapf diskutieren, sondern dann müssen wir sehr intensiv darüber nachdenken, wie gut unsere staatlichen Strukturen dafür aufgestellt sind, diese Schweinebetriebe tatsächlich im Griff zu behalten. Das kann ich nur sehr deutlich sagen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Zurück zum Thema Pflegekammer. Weil mir die Kolleginnen und Kollegen sehr am Herzen liegen – ich habe gut 16 Jahre in der Altenpflege gearbeitet – und weil die auch nach Einrichtung der Pflegekammer immer noch viel Stress haben werden und die Fragen der Entlohnung und insbesondere der Arbeitszeiten anderweitig zu lösen sind, kann ich nur dazu auffordern: Lasst uns gemeinsam eine starke Pflegekammer schaffen. Lasst sie uns zum Erfolg führen. Wir Grünen sind dabei und unterstützen das. Ich bin dankbar, dass CDU und FDP unsere Vorschläge mit aufgegriffen und wir hier einen gemeinsamen Antrag hinbekommen haben. Dort unterstützen wir auch die Landesregierung auf ihrem Weg und wollen das zum Erfolg führen. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)

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