Mehrdad Mostofizadeh: „In der Sache ist das also nichts Neues für das Parlament“

Zum Antrag der FDP-Fraktion zum Kohleausstieg 2030

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wie wichtig eine funktionierende Demokratie ist, wie wichtig eine gut informierte Opposition ist, haben wir sicherlich beim vorherigen Tagesordnungspunkt diskutiert. Selbstverständlich setzen wir Grüne uns dafür ein, dass alle hier im Parlament umfassend und vernünftig informiert werden, dass wir ähnliche Startbedingungen haben und dass wir fair und sachlich miteinander diskutieren können.

Eines darf ich angesichts der Tatsache, dass mein Vater iranischer Herkunft ist, an dieser Stelle sagen: So viel Ekel, wie er vorhin bei dem Beitrag zum Iran-Antrag von der AfD gekommen ist, habe ich selten in diesem Parlament gehabt, eigentlich noch nie. Sie widern mich wirklich an, wenn Sie so etwas vortragen.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Kerkhoff hat im Prinzip den Ablauf dessen, worüber wir heute reden, schon vorgetragen. Es ist im Ältestenrat ausführlich beraten worden. Frau Kollegin Teschlade, um es in Erinnerung zu rufen: Das, was da passiert, ist nicht neu, sondern im Koalitionsvertrag niedergelegt. Der Kollege Kerkhoff hat schon darauf hingewiesen.

Ich verweise auf Seite 15 des Koalitionsvertrags. In Zeile 631 heißt es: „Wir wollen den Kohleausstieg in Nordrhein-Westfalen bis 2030 umsetzen.“ Des Weiteren folgt ab Zeile 645:

„Mit einer zeitnahen neuen Leitentscheidung sorgen wir für Klarheit und Sicherheit für die Menschen im Rheinischen Revier und treffen darin alle wesentlichen und erforderlichen Entscheidungen im Zusammenhang mit der Beendigung der Braunkohlegewinnung und ‑verstromung. Diese Leitentscheidung soll das letzte Kapitel für den Braunkohletagebau in Nordrhein-Westfalen sein. Mit dem bergbautreibenden Unternehmen wird ein Einvernehmen darüber hergestellt, welche Tagebauflächen bis zur Fertigstellung der neuen Leitentscheidung noch genutzt und welche anderweitigen Eingriffe bis dahin noch erfolgen werden.“

In der Sache ist das also nichts Neues für das Parlament. Auch ich möchte meinen herzlichen Dank an Frau Ministerin Neubaur aussprechen, dass Sie sich dieser Aufgabe sofort angenommen und Ergebnisse vorgelegt haben.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

So viel will ich an der Stelle auch sagen: Sowohl in der Realität als auch in der verfassungsrechtlichen Beurteilung des Vorganges – ich bin mir da ziemlich sicher – hat sich Frau Ministerin Neubaur, die Landesregierung, nichts vorzuwerfen. Sie hat sich natürlich auch mit den regierungstragenden Fraktionen abgestimmt, um diese Entscheidung mit vorzubereiten.

Lieber Herr Kollege Witzel und liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf außerdem auf die Homepage des Landtages verweisen, auf der selbst der Präsident des Landtages darauf hinweist, dass ein Parlament natürlich die Kontrolle der Regierung ausübt, die Opposition dies aber im Wesentlichen in den Parlamentssitzungen macht und die regierungstragenden Fraktionen die Auseinandersetzung mit der Regierung in den Fraktionssitzungen und sonstigen Besprechungen sucht. Das ist nichts Verwunderliches.

Ich möchte zusätzlich auf etwas hinweisen, das auch eine Ausarbeitung des Deutschen Bundestages von 2006 zeigt. Warum haben wir denn einen Oppositionszuschlag? Der Oppositionszuschlag ist dadurch gerechtfertigt, dass sich die Opposition nicht auf einen verbesserten Zugang zu den Häusern – also zu den Ministerien und dem Beamt*innenapparat – stützen kann. Man kann sicherlich darüber diskutieren, wie weit das geht.

Haben Sie es nicht auch immer so gehandhabt? Ich gehe davon aus, dass Herr Professor Pinkwart in den Vorbesprechungen immer dabei gewesen ist, dass er in den Fraktionssitzungen als Abgeordneter auch sein Wissen als Minister eingebracht hat und dass sich die Fraktionsvorsitzenden von CDU und FDP natürlich mit der Regierung abgesprochen haben, um die wichtigsten Entscheidungen zumindest in ihrer Ausrichtung vorzudiskutieren. Das alles ist Parlamentsrealität, in deutschen Landtagen und im Deutschen Bundestag Wirklichkeit.

Trotzdem muss man immer wieder darauf achten, dass die Regierung die Opposition und die regierungstragenden Fraktionen gleichermaßen schnell informiert. Genau dies hat die Ministerin aber gemacht: Am 4. Oktober wurden nicht nur die Oppositionsfraktionen und die regierungstragenden Fraktionen, sondern auch die Öffentlichkeit vollumfänglich über den Vorgang informiert. Nun stehen Ihnen und uns als Parlament alle Türen offen, über Kleine Anfragen, Parlamentsvorgänge, Anträge auf diese Entscheidung Einfluss zu nehmen.

Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, würde ich etwas flapsig sagen: Den Ball sollte man vielleicht ein bisschen flach halten. Die Kleinen Anfragen der FDP und das Schreiben, das dem Ältestenrat vorgelegen hat, sind von ihrer Flughöhe her überhaupt nicht mit dem Vorgang zu vereinbaren.

Ich möchte abschließend sagen, dass ich als Grüner eher der Meinung bin: Wir müssen vielleicht sogar noch ein bisschen mehr drücken, damit diese Leitentscheidung noch tiefgreifender wird und der Kohleausstieg tatsächlich stattfindet. Ich jedenfalls kann überhaupt keinen Grund erkennen, diesem Antrag der FDP zuzustimmen. Deswegen lehnen wir Ihnen ab. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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