Mehrdad Mostofizadeh: „Diese Koalition ist sozialpolitisch sehr gut aufgestellt und fachlich versiert“

Zum Antrag der SPD-Fraktion zur "Notlage in Pflegeheimen"

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Kapteinat sprach in ihrer Rede von Babys, von gesellschaftlichen Gruppen, aber dieser Antrag auf Aktuelle Stunde befasst sich nur mit Pflegeheimen.

(Lisa-Kristin Kapteinat [SPD]: Da lag der Schwerpunkt!)

Sie sprachen auch von Menschen, die zu Hause gepflegt werden müssen. Um da mal die Dimension klarzumachen: Allein in der Langzeitpflege reden wir darüber, dass weit über 70 % der zu pflegenden Personen nicht in Pflegeheimen leben, sondern zu Hause von Verwandten, Betreuungspersonen und anderen gepflegt werden. Insofern geht schon von der Dimension her in der Pflege Ihre Aktuelle Stunde weit an der Dimension des Themas vorbei.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Deswegen haben Sie an der Stelle mündlich nachbessern müssen und den Eindruck erweckt, Sie würden sich um das Thema insgesamt kümmern.

Wenn Ihnen tatsächlich erst am 25.08.2022 aufgefallen ist, dass die Energiekosten die Kosten in der Pflege belasten können, bin ich überrascht. Das stimmt auch nicht. Denn Ihr Fraktionsvorsitzender Kutschaty – das will ich Ihnen ausdrücklich zugutehalten – hat bereits im März darauf hingewiesen, dass von zu erwartenden steigenden Energiekosten alle gesellschaftlichen Bereiche betroffen sind.

Insofern muss ich mich fragen: Warum haben Sie diese Aktuelle Stunde beantragt?

(Zuruf von Sarah Philipp [SPD])

Da komme ich auf das zurück, was Marco Schmitz gesagt hat: Sie wollen ein Problem suggerieren

(Lisa-Kristin Kapteinat [SPD]: Suggerieren?)

– ich habe den Satz noch nicht beendet –, dass die Landesregierung diese Sachverhalte nicht erkennen und sich nicht darum kümmern würde.

(Sarah Philipp [SPD]: Genau! – Zuruf von Lisa-Kristin Kapteinat [SPD])

Das ist falsch.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Ich kann Ihnen an der Stelle sehr klar ankündigen, dass wir selbstverständlich bei den Beratungen über den Nachtragshaushalt und auch über den Haushalt 2023 nicht nur im Bereich der Altenpflegeheime bei der Langzeitpflege, sondern bei allen Förderprogrammen, bei allen Programmen der Dauerversorgung darüber reden werden. Wir werden Haushaltsmittel bereitstellen müssen, um diese Einrichtungen abzusichern.

In unterschiedlichen Dimensionen gilt das auch für den Bereich Frauenhäuser, für viele andere Projekte, auch für den Bereich Kitas, den Sie versucht haben, nachzuklatschen, zu verbessern und mit hineinzunehmen. Auch darum werden wir uns kümmern.

Trotzdem müssen wir schauen – das haben Sie schon am Mittwoch nicht richtig dargestellt –, wer für was zuständig ist. Selbstverständlich sind wir für die Investitionskosten der Krankenhäuser zuständig, und selbstverständlich sind zunächst für die Pflegeheime – da geht es jetzt nicht um die Energiekosten, sondern um die Frage der Klimatisierung der Bereiche – auch die Träger zuständig.

Wofür sie nach meinem Dafürhalten nicht zuständig sind – darüber werden wir auch in der Sache reden müssen –, sind die steigenden Energiekosten. So, wie sie jetzt auf die Heime zugekommen sind, waren sie für die Planungen nicht absehbar. Deswegen muss man sich darüber unterhalten, und zwar in einem normalen Antragsverfahren. Ich bin auf Ihre Vorschläge sehr gespannt.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Auch nicht zutreffend ist, dass das Land schon jetzt nichts tut. Der Fraktionsvorsitzende der CDU – noch mal herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag an der Stelle – hat gestern schon darauf hingewiesen, dass bereits jetzt bei den Entlastungspaketen selbstverständlich das Land mit dreistelligen Millionenbeträgen bis hin zu Milliardenbeträgen dabei ist.

Beim nächsten Entlastungspaket ist es dann so: Wenn das im Wesentlichen über Steuerfinanzierung passiert, wissen Sie, was passiert. Da sind die Länder in der Regel zur Hälfte mit dabei. Wenn wir bundesweit über 10 Milliarden Euro reden, dann wäre das Land Nordrhein-Westfalen – das ist eine einfache Rechnung – mit 1 Milliarde Euro dabei, und wenn es mehr ist, mit entsprechend mehr.

Deswegen sind wir als Länder selbstverständlich in der Solidarität und finanzieren diese Entlastungspakete mit, was auch wichtig ist. Sie liegen schlicht falsch, wenn Sie behaupten, die Landesregierung wäre da nicht beteiligt.

Diese Aussage ist nicht zutreffend, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Sehr schräg wird es – ich weiß, dass die Sozialdemokatinnen und Sozialdemokraten natürlich Nachholbedarf in dem Bereich haben – bei der Frage des sozialen Gewissens.

(Zurufe von der SPD: Oh! – Weitere Zurufe und Lachen von der SPD)

– Das ist ja Ihr Vorwurf und nicht mein Vorwurf gewesen. Sie haben uns das unterstellt. Ich kann mich nur erinnern, dass der Koalitionsvertrag, der vorgelegt wurde, sowohl vom VdK als auch vom SoVD und vielen anderen ziemlich gelobt wurde, weil er einen Paradigmenwechsel in vielen sozialpolitischen Bereichen darstellt.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Zurufe von Lisa-Kristin Kapteinat [SPD] und Sven Wolf [SPD])

Denn er setzt im Bereich der Langzeitpflege, im Bereich der Gesundheitsversorgung nämlich nicht nur bei dem Reparaturaspekt – Sie sind ja wieder beim Reparaturaspekt –, sondern beim präventiven Aspekt, bei der Gestaltung der Gesellschaft an und zielt nicht nur darauf ab, was die Träger*innen gerne hätten, sondern er enthält eine gesamtgesellschaftliche Betrachtung der Sozialpolitik. Das ist etwas Neues, das machen wir besser, und da werden wir in den nächsten fünf Jahren sehr gute Konzepte nicht nur vorlegen, sondern auch durchführen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Am Ende müssen Sie es ja mit sich selbst ausmachen, wie Sie mit persönlichen Attacken umgehen.

Ich kann Ihnen nur sagen: Ich habe 16 Jahre in der Altenpflege den Kittel angehabt. Ich habe die Klimageräte von einem Raum in den anderen getragen, weil es in den Räumen so heiß war. Ich habe im Gegensatz zu Ihnen, Frau Kollegin, auch auf der Straße Menschen, die leblos waren, geholfen. Wenn Sie als Rechtsanwältin mir Nachholbedarf im Bereich des sozialen Gewissens oder der Pflege geben wollen,

(Zurufe von der SPD – Lachen von Lisa-Kristin Kapteinat [SPD])

mögen Sie das so tun. Diese grüne Fraktion und diese Koalition ist sozialpolitisch sehr gut aufgestellt und fachlich versiert. Das werden wir in den nächsten fünf Jahren auch intensiv beweisen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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