Lena Zingsheim-Zobel (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Bis vor wenigen Minuten dachte ich noch, dass wir in der abschließenden und letzten Beratung zu dem 17. Schulrechtsänderungsgesetz sind. Aber vor allen Dingen für Sie, liebe SPD und FDP, bringe ich gerne noch mal Licht ins Dunkle.
Das 17. Schulrechtsänderungsgesetz bringt notwendige und sinnvolle Fortschritte für unsere Schullandschaft in Nordrhein-Westfalen. Uns allen sollte bewusst sein: Mit diesem Gesetz schaffen wir mehr Verlässlichkeit und bessere Bedingungen für individuelles Lernen vor Ort und für das längere gemeinsame Lernen. Das schaffen wir durch die Absicherung der bestehenden PRIMUS-Schulen.
Diese Schulen sind ein voller Erfolg. Das bestätigen auch die Evaluationen. Schüler*innen schätzen das System des längeren gemeinsamen Lernens, das für sichere Beziehungen sowohl unter den Schülerinnen und Schülern als auch zu den Lehrkräften sorgt. Gleichzeitig können PRIMUS-Schulen auch durch bessere Leistungen der Schüler*innen überzeugen.
Genau deshalb sichern wir die bestehenden PRIMUS-Schulen jetzt erstmals schulrechtlich ab.
(Zuruf von Frank Müller [SPD])
Dass wir jetzt keine neuen PRIMUS-Schulen eröffnen, liegt einzig daran, dass die Evaluation zum Zeitpunkt der Gesetzeseinbringung noch lief. Nun liegen die Ergebnisse vor, und wir werden auch in der kommenden Sitzung des Schulausschusses weiter dazu beraten.
Eine weitere wichtige Maßnahme im Rahmen des 17. Schulrechtsänderungsgesetzes ist die Verlängerung des islamischen Religionsunterrichts. Mit dieser setzen wir ein wichtiges Zeichen für eine Schule der Vielfalt, die alle jungen Menschen stärkt und in ihrer Unterschiedlichkeit wertschätzt. Der vorliegende Gesetzentwurf bietet außerdem die Möglichkeit, den Hauptschulbildungsgang an Realschulen einzurichten, und zwar dort, wo es pädagogisch und strukturell sinnvoll ist.
Damit komme ich zu Ihren Entschließungsanträgen, liebe SPD und liebe FDP. Es wird nämlich explizit keine Hauptschule gefährdet, wie es in dem FDP-Erschließungsantrag unterstellt wird. Diese Sorge ist unbegründet und wird der tatsächlichen Ausgestaltung des Gesetzes nicht gerecht.
Im Gegenteil: Wir erhalten wohnortnahe Bildungsangebote und gehen einen weiteren wichtigen Schritt hin zu dem Ziel, unnötige Schulformwechsel zu vermeiden. Die sind gerade für junge Menschen vor Ort häufig eine enorme Belastung.
Wir unterstützen die Realschulen unter anderem mit 80 zusätzlichen Lehrkräftestellen. Dass keine Ressourcen dahinterstecken, ist einfach falsch. In Ihrer Pressemitteilung, liebe SPD, schreiben Sie – ich zitiere –:
„Lehrkräfte an Realschulen müssen zukünftig differenzierten Unterricht vorbereiten, weil sich die Lehrpläne der Real- und Hauptschulen vor allem in den höheren Jahrgangsstufen deutlich voneinander unterscheiden.“
Werfen Sie doch mal bitte einen Blick in die Schulen. Nennen Sie mir ein Beispiel, in dem Realschullehrkräfte nicht bemüht sind, den Unterricht differenziert und individuell auf jedes Kind abzustimmen.
(Beifall von den GRÜNEN und Thorsten Schick [CDU])
Liebe SPD, Ihr Änderungsantrag zu § 132c, also zu den Hauptschulbildungsgängen an Realschulen, macht mich ehrlich gesagt echt betroffen. Ich hätte gedacht, dass wir uns beim Anliegen des längeren gemeinsamen Lernens einig sind.
(Zuruf von Frank Müller [SPD])
Ein weiterer wichtiger Punkt Ihrer Entschließungsanträge betrifft die Thematik „Schüler*innen mit Leserechtschreibschwäche und Dyskalkulie“. Sie fordern konkrete Nachteilsausgleiche. Lassen Sie mich klar sagen: Auch wir sehen die Relevanz und die Notwendigkeit, betroffene Schüler*innen bestmöglich chancengleich zu fördern.
Es darf aber nicht passieren, dass junge Menschen durch Vermerke auf Zeugnissen oder schlecht durchdachte Regelungen hinterher Nachteile bei der Anerkennung ihrer Abschlüsse bekommen.
(Zuruf von Nadja Lüders [SPD])
Die aktuellen Gerichtsurteile zu diesem Thema erfordern Fingerspitzengefühl und rechtssichere Entscheidungen. Wir können und dürfen sie nicht übers Knie brechen. Hier brauchen wir langfristig tragfähige, rechtssichere und sinnvolle Lösungen. Genau daran arbeiten wir, aber nicht mit einem Schnellschuss im Rahmen dieses Schulrechtsänderungsgesetzes. Die Verlängerung des islamischen Religionsunterrichts, eine bessere Fortbildungsplanung und die schulrechtliche Absicherung der bestehenden PRIMUS-Schulen sind Maßnahmen, die jetzt passieren müssen.
Ich komme zum Schluss. Das 17. Schulrechtsänderungsgesetz macht Schulen stärker. Es schafft Verlässlichkeit für Schulträger, Lehrkräfte und Familien. Es öffnet die Tür für weitere Reformen, die wir entschlossen weiterverfolgen werden. Deshalb lehnen wir die Entschließungsanträge der SPD und der FDP ab und geben grünes Licht für das 17. Schulrechtsänderungsgesetz. – Schönen Abend!
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)