Johannes Remmel: „Gestalten Sie diese Partnerschaften so, dass der europäische Gedanke weit über die jetzigen Grenzen hinaus gelebt werden kann“

Zum Antrag de Fraktionen von CDU und FDP zur regionalen europäischen Zusammenarbeit

Johannes Remmel (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Vorab: Enthalten werden wir uns bei diesem Antrag auch. Insofern ist die Begründung richtig.

Ich würde Ihnen aber gerne etwas mitgeben oder zumindest empfehlen wollen, nämlich das Buch „Walther Rathenau: Deutscher und Jude“ von Wolfgang Brenner, das mich sehr beeindruckt hat. Walther Rathenau, der deutsche Außenminister, der 1922 ermordet wurde, war AEG-Manager und Kosmopolit. Im Ersten Weltkrieg hat er im Kriegsministerium entscheidend an der Logistik mitgearbeitet.

Mich fasziniert an Walther Rathenau, dass er schon vor dem Ersten Weltkrieg in der Enge des Kaiserreichts politische Ideen entwickelt und jenseits des Nationalstaats eine Orientierung von Deutschland in Europa gesucht hat, weil er erkannte, dass der enge Raum des Nationalstaats Deutschland sowohl der wirtschaftlichen als auch der freiheitlichen demokratischen Entfaltung der Menschen eigentlich nicht entspricht.

Was mich heute dazu bringt, Ihnen das nahezubringen, ist, dass es offensichtlich zwei Weltkriege brauchte, um diesen Gedanken der europäischen Einigung in die Wirklichkeit umzusetzen. Und was ist die Bezugnahme zu der heutigen Zeit? Mich beschleicht das Gefühl, dass unsere Überlegungen und Gedanken an die Zukunft zu spät kommen, wie eine Europäische Union weiterentwickelt und gestaltet werden könnte, weil dieser Krieg einfach in unsere Überlegungen und in unsere weiteren Gedanken hineingezogen ist.

Wir sind zu kleinteilig und zu selbstzufrieden, auch mit unseren Partnerschaften. Müssten wir nicht darüber nachdenken, Partnerschaften im europäischen und im außereuropäischen Raum zu suchen, um Regionen an uns zu binden und sie damit nicht in die Einflusssphäre von Undemokratischen oder in Regime abgleiten zu lassen, die Europa jedenfalls im Moment an den Kragen wollen? Dabei spreche ich über den Westbalkan, über Regionen in der Ukraine, über Moldawien und über Nordafrika.

Wenn es also darum geht, die Partnerschaften Nordrhein-Westfalens weiterzuentwickeln, müssen wir dann nicht mit Geld und mit Initiativen in Regionen gehen, die tendenziell die offene Tür Europas durchschreiten sollen?

In Gedanken bzw. im Gedenken an Walther Rathenau ist meine Empfehlung, meine Bitte für die nächste Legislatur daher: Gestalten Sie diese Partnerschaften so, dass der europäische Gedanke weit über die jetzigen Grenzen hinaus gelebt werden kann. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Mehr zum Thema

Europa