Johannes Remmel: „Fläche ist eine begrenzte Ressource, sie ist nicht vermehrbar“

Zum Antrag de Fraktionen von CDU und FDP zur Flächennutzung

Johannes Remmel (GRÜNE): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon interessant, dass CDU und FDP zwei Tagesordnungspunkte später, nachdem sie in Bausch und Bogen das Recht auf Wohnen – zumindest die Diskussion darüber, die wir führen wollten – abgelehnt haben, jetzt etwas verschämt um die Ecke kommen und sagen: Na ja, vielleicht haben wir doch ein Problem.

Zu Recht steht im Mittelpunkt Ihres Antrags ja die Frage nach den zur Verfügung stehenden Flächen. Wir haben auf der einen Seite einen eher sozialstaatlichen Ansatz: Wohnraumförderung. Dieser Ansatz ist auch richtig; wir unterstützen ihn. Wir haben auf Ihrer Seite den Ansatz „bauen, bauen, bauen“, also einen eher marktwirtschaftlichen Ansatz. Aber beiden Ansätzen fehlt am Ende des Tages eines, nämlich Flächenverfügbarkeit. Und Fläche – das wissen wir nun einmal; die Ministerin hat es eben bestätigt – ist eine begrenzte Ressource. Sie ist nicht vermehrbar.

Dazu kommt noch, dass es im Prinzip eine enge Verknüpfung zwischen Finanzwirtschaft, Kapitalmarkt und Fläche gibt. Jeder Kredit hängt am Ende an einer Liegenschaft. Und wenn es auf dem Kapitalmarkt wenig zu verdienen gibt, dann flüchten die Menschen, flüchten die Anleger in die Immobilien und treiben die Preise nach oben.

(Sven Werner Tritschler [AfD]: Wer macht denn das?)

Dann kommt noch die Verengung in schwierigen Zeiten, in Krisenzeiten. Auch dann sucht man Fläche und Immobilien und hält sie zurück. Andere sagen: Damit wird spekuliert.

Also muss es doch darum gehen, wenn wir wollen, dass die Menschen ein Dach über dem Kopf bekommen, vor allem die, die es sich auf den ersten Blick nicht leisten können, dass das Gemeinwohl an dieser Stelle die Verfügbarkeit über die Fläche etwas stärker in die Hand bekommt. Da ist Ihr Antrag ein Stück weit verschenkt.

Zum Ersten – Herr Becker hat es erwähnt – könnte man heute schon das Baulandmobilisierungsgesetz entsprechend anwenden.

Zum Zweiten haben wir im Baugesetzbuch Instrumente für die Kommunen, nämlich durch den Bebauungsplan Baugebote auszusprechen. Man muss es nur wollen, und Kommunen müssen es können. Sie können es oft aber nicht, weil sie a) den langen Rechtsstreit scheuen und b) keine ausreichenden finanziellen Mittel haben, um im Zweifel in ein Baugebot hineinzugehen.

Damit sind wir bei den zentralen Themen „Kommunalausstattung“, „kommunale Finanzen“ und „Altschuldenfonds“. Wenn wir vorsorgende Liegenschafts- und Flächenpolitik betreiben wollen, müssen wir die Kommunen entsprechend ausstatten, sodass sie diese auch umsetzen können. Sie haben es seit fünf Jahren vernachlässigt, die Kommunen in Nordrhein-Westfalen so auszustatten, dass sie vorsorgende Flächenpolitik machen können.

(Zuruf von Dr. Ralf Nolten [CDU])

Wenn wir an dieser Stelle noch einen Schritt weitergehen und sagen: „Na ja, Baugebot ist das eine, Vorkaufsrecht ist das andere“ – jetzt schon gesetzlich möglich –, dann stellt sich uns aber bei der Mobilisierung von Bauland immer noch die Frage, wie wir mittelfristig und langfristig die öffentliche Verfügbarkeit von Flächen sichern.

Damit sind wir wieder bei den Abwägungsgütern, die meines bzw. unseres Erachtens schon Verfassungsrang haben, also ob Erbbaurecht dauerhaft ein Instrument ist, ob eine Vorgabe möglich ist, dass nur Bebauungspläne auszuweisen sind, wenn die Hälfte oder das Ganze in öffentlicher Hand ist, wie es einige Kommunen, etwa Münster oder Tübingen, sehr erfolgreich praktizieren, um Bauland zu mobilisieren, und ob wir Konzeptvergaben entsprechend mitverankern.

Sie haben das Problem offensichtlich erkannt, aber der Antrag ist etwas verschenkt. Er sagt nichts Falsches, er geht aber auch nicht weit genug.

Am Ende komme ich wieder darauf zurück: Es wäre doch gut, wenn wir gemeinsam darüber nachdächten, den Auftrag „Recht auf Wohnen“ und die Flächenverfügbarkeit in der Verfassung gegenüber dem wohlgeschützten Eigentum zu stärken.

Wir werden uns schlussendlich bei Ihrem Antrag enthalten, weil er im Grunde zwar nichts Falsches enthält, aber das Problem nicht wirklich lösen wird. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

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