Johannes Remmel: „Es gibt viele Organisationen im Land, die sich für Europa einsetzen“

Zum Antrag der GRÜNEN im Landtag zur Konferenz der Zukunft Europas

Der Antrag

Johannes Remmel (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht erinnern Sie sich noch: Vor gut einem Jahr, am 25.06.2020, hat dieser Landtag zum 70-jährigen Jubiläum unserer Verfassung die Verfassung um einen Europabezug ergänzt.

„Nordrhein-Westfalen trägt zur Verwirklichung und Entwicklung eines geeinten Europas bei …“

– So steht es seit diesem Tag in unserer Verfassung.

Der sehr geschätzte Europaminister hat in seiner Rede seinerzeit ausgeführt – von mir und meiner Fraktion sehr unterstützt –, dass dieser Verfassungsparagraf nicht nur ein Bekenntnis, sondern ein Auftrag ist, ein Auftrag, aus Nordrhein-Westfalen zur Entwicklung und Verwirklichung eines geeinten Europas beizutragen.

Die „Konferenz zur Zukunft Europas“ ist genauso ein wichtiger Schritt zu mehr Bürgernähe in der EU. Sie soll dazu beitragen, wahrgenommene und tatsächliche Demokratiedefizite der jetzigen Union abzubauen. Fragezeichen und Defizite gibt es immer wieder und ganz viele.

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir sollten nicht erst dann wieder anfangen, für Europa zu trommeln, wenn die Gegnerinnen und Gegner auf der Straße sind und versuchen, das Gebäude zu erschüttern. Da gibt es zu Hauf Fragestellungen, die bearbeitet werden müssen: Wie und in welcher Weise schafft es Europa, die zentrale Jahrhundertherausforderung des Klimaschutzes tatsächlich umzusetzen? Bleiben wir da am Ball, und sind wir glaubwürdig? Wie sieht es aus mit einem Europa ohne Großbritannien? Wie sieht es aus bei der Frage der Durchsetzung der Rechtsstaatlichkeit auch bei Partnerstädten und Staaten, wenn es darum geht, europäisches Recht auch dort zur Anwendung zu bringen?

Ja, große Fragezeichen bestehen auch an den Grenzen Europas: Ist es wirklich eine europäische Politik, Menschen im Mittelmeer ertrinken zu lassen? Muss nicht endlich eine geeinte europäische Migrationspolitik zur Durchsetzung gebracht werden? Also viele Fragen.

Sie wissen, dass diese „Konferenz zur Zukunft Europas“ aus einem Defizit entstanden ist. Wir haben keine Verfassung. Leider, sage ich an dieser Stelle. Der Verfassungsprozess ist seinerzeit gescheitert, und der Vertrag von Lissabon als Ersatz ist eben auch nur ein Ersatz.

Hinzu kommt– das war der eigentliche Grund, warum man diese Konferenz zu Recht auf den Weg gebracht hat –, dass die letzte Europawahl eben auch nicht dazu beigetragen hat, das Vertrauen in die Repräsentantinnen und Repräsentanten zu verstärken. Da ist jemand zur Chefin der Kommission gewählt worden, die vorher nicht auf dem Wahlzettel stand. Folgerichtig braucht es eine Diskussion, damit so etwas nicht wieder passiert und damit wir vielleicht von den Bürgerinnen und Bürgern erfahren, wie sie denn Europa gestalten wollen.

Deshalb darf eine Konferenz zur Zukunft Europas kein rein institutionell geprägter Prozess sein, sondern muss die Menschen im Land einbeziehen. Deshalb darf es auch kein Oberseminar zu europäischen Studien sein; vielmehr muss die Breite der Bevölkerung miteinbezogen werden. Das ist Gegenstand unseres Antrags. Lasst uns rausgehen auf die Straßen.

Die Landesregierung soll organisieren, insbesondere die Zivilgesellschaft miteinzubeziehen. Der Minister ist am Montag schon vorausgegangen und hat eine Auftaktveranstaltung gemacht. Das reicht aber nicht: Wir müssen in die Breite kommen.

Es gibt viele Organisationen im Land, die sich für Europa einsetzen. Um sie zu unterstützen und die Konferenz zur Zukunft Europas als Zukunftswerkstatt zu gestalten – nicht nur hier in Düsseldorf, sondern im ganzen Land –, braucht es einen Rahmen. Das ist der Gegenstand unseres Antrags. Ich hoffe, dass Sie ihm zustimmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

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