Gönül Eğlence: „Wir schieben keine Menschen in Länder ab, die nicht sicher sind“

Zum Antrag der FDP-Fraktion zur Migrationspolitik

Portrait Gönül Eglence

Gönül Eğlence (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleg*innen der demokratischen Fraktionen! Auch wenn die Interpunktion der ersten Sätze des Antrages anderes suggeriert, haben wir hier einen Antrag der FDP-Fraktion vorliegen, der sagt: NRW ist ein Einwanderungsland, aber …

Dieses Aber will ich einmal näher beleuchten, bevor ich auf die grüne Perspektive eingehe, die mir bei der Behandlung von Rückführungen besonders am Herzen liegt.

Die FDP-Fraktion stellt die Hypothese auf, dass Serbien zur Drehscheibe irregulärer Migration geworden sei. Allein diese Formulierung schürt einen Alarmismus, der so nicht haltbar ist.

Fakt ist: Präsident Vučić hat bereits angekündigt, bis Ende dieses Jahres Serbiens Visa-Politik maßgeblich mit jener der EU in Einklang bringen zu wollen. Die Berliner Botschafterin Janković erklärte zudem, Serbien habe die Einreisebedingungen für Menschen aus Indien, Burundi, Kuba und Tunesien bereits verschärft. Sie müssen jetzt etwa ein bezahltes Rückflugticket mit festem Abreisedatum vorweisen.

Das Fazit lautet also – abgesehen davon, dass das eher ein europapolitisches bzw. bundespolitisches Thema ist –: Hier haben die Gespräche bereits erste Wirkungen gezeigt.

Zudem kommt der Antrag auch ohne Beleg dafür aus, ob tatsächlich ein Defizit bei der Abschiebung von Gefährdern und Straftätern in NRW vorliegt. Woher haben Sie das? Ich bin mir sicher, dass die Landesregierung die Aufenthaltsbeendigung genauso wie die Gewährung von Asyl konsequent nach rechtlichen Vorgaben umsetzt.

Ganz klar möchte ich aber an dieser Stelle schon sagen: Wir schieben keine Menschen – und das gilt auch für Gefährder – in Länder ab, die nicht sicher sind.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Dieser Grundsatz fehlt mir in Ihrem Antrag. Das ist sehr schade.

Gleichzeitig müssen wir feststellen, dass mit Blick auf die Rückkehroffensive des Bundes uns noch nicht einmal ein Gesetzentwurf vorliegt. Infolgedessen können wir auch noch keine daran ausgerichteten Maßnahmen treffen.

Der letzte Punkt, den ich dem Antrag entnehme, ist die Forderung nach Anpassung der Förderung der ZABn und die Förderung von Rückkehrprojekten. Die eingestellten Mittel sind bisher noch nicht ausgeschöpft. Rein haushalterisch ergibt sich diese Notwendigkeit daher erst einmal nicht. Sie müssten also zunächst einmal begründen, auf welcher Basis Sie hier eine Aufstockung für nötig erachten. Ich sehe diese Notwendigkeit jedenfalls nicht.

Hinzu kommt, dass die FDP-Fraktion in ihrem Antrag ohne den Hinweis auf den Vorgriffserlass von Ministerin Paul auskommt. Obwohl die Bundesregierung das Chancen-Aufenthaltsrecht noch nicht verabschiedet hat, haben wir in NRW bereits vorsorglich Maßnahmen getroffen und Verantwortung übernommen.

An dieser Stelle auch noch etwas Grundsätzliches aus grüner Perspektive mit Blick auf eine ausgewogene Migrationspolitik: Zu einer ganzheitlichen Migrationspolitik gehören nicht nur Asyl und Abschiebung. Leider erwähnen Sie in Ihrem Antrag, wenngleich Sie das gerade in Ihrer Rede getan haben, mit keinem Wort die geplanten Vorhaben der Bundesregierung zur Erleichterung von Einwanderung. Dazu zählt beispielsweise auch die Novellierung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes. Die Eröffnung neuer Einwanderungsperspektiven und die Abschaffung der Duldung light tragen letztendlich auch an vielen Stellen zur Entlastung des Asylsystems bei.

Beim Thema „Rückführungen“ möchte ich außerdem Folgendes deutlich hervorheben: Asyl ist ein Menschenrecht, und jeder Mensch hat das Recht auf ein faires und vor allem individuelles Asylverfahren. Das muss gewährleistet sein – ohne Wenn und Aber.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Das heißt: Wenn wir absehbar mit mehr Asylsuchenden rechnen müssen, wahren wir trotzdem selbstverständlich die Rechte jeder einzelnen Person. Das gilt für das Asylverfahren, für die Unterbringung und genauso auch für die Rückführungen.

Im Koalitionsvertrag haben wir deshalb wichtige Punkte vereinbart, um Rechte der Betroffenen zu wahren, unter anderem die personelle Stärkung der Abschiebebeobachtung wie auch die Wahrung von Kinderrechten und Rechten vulnerabler Gruppen.

Dort müssen wir genau hinschauen. Darüber reden wir dann gern im Ausschuss weiter. Wir stimmen also der Überweisung zu. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)23

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