Dr. Robin Korte: „Die aktuelle Regelung ist ein unnötiges Hemmnis“

Zum Antrag der Fraktionen von CDU und Grünen im Landtag zur Steuerbefreiung von kleinen Photovoltaikanlagen

Portrait Robin Korte

Dr. Robin Korte (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle wissen – es ist ja heute bereits mehrfach angesprochen worden –, wie es momentan um den Energiemarkt bestellt ist. Die Preise sind extrem hoch, und sie sind extrem volatil. In der letzten Woche wurde am Day-Ahead-Markt für Strom in Deutschland erstmals die Marke von 800 Euro pro Megawattstunde überschritten. In dieser Woche hat sich das schon am heutigen Tag mehrfach wiederholt. Entsprechend hoch bzw. sogar noch höher sind die Preise am Spotmarkt.

Uns ist, glaube ich, allen klar, dass dieses Preisniveau und insbesondere diese Preisspitzen für unsere Volkswirtschaft und für unsere Gesellschaft alles andere als gesund sind. Sie gefährden nicht zuletzt die energieintensiven Industrien in unserem Land – von der Stahl- über die Chemie- bis hin zur Papierindustrie. Gleichzeitig gefährden sie auch Hunderttausende von Arbeitsplätzen. Damit haben sie auch das Potenzial, unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt infrage zu stellen.

In dieser aktuellen Situation, liebe Kolleginnen und Kollegen, können wir froh und dankbar für jede Anlage der erneuerbaren Energien sein, die in der Vergangenheit bereits bei uns in Nordrhein-Westfalen gebaut wurde und deren Strom heute schon am Markt die Preise drückt und uns unabhängiger macht.

Der Zubau erneuerbarer Energien ist damit Grundlage für eine starke Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen auch in der Zukunft. Die Wirtschaft allein ist aber nicht Anlass für uns, hier heute diesen Antrag zu stellen. Denn den Zuwachs der erneuerbaren Energien brauchen wir nicht erst, seitdem Russland die Ukraine angegriffen hat und uns mit Gas erpresst. Im Sinne des dringend notwendigen Klimaschutzes brauchen wir diesen Zubau schon lange. Wir hätten ihn schon früher viel dringlicher gebraucht, als er bisher erfolgt ist.

Denn wenn wir nur an diesen heißen und sehr trockenen Sommer denken und uns die Pegelstände des Rheins in Erinnerung rufen, erkennen wir darin bereits die realen Auswirkungen der Klimakrise – lediglich in ihren ersten Zügen, muss man dazusagen. Denn wir bekommen gerade einmal eine Ahnung davon, was uns und unseren Kindern noch alles bevorstehen wird oder noch alles bevorstehen kann, wenn wir nicht beim Klimaschutz und beim Ausbau der Erneuerbaren endlich Tempo machen und massiv in die Hufe kommen. Deshalb ist es gut, dass wir nun nach den zwei vorangegangenen Debatten hier endlich wieder über einen Antrag reden, der dahin gehend in die Zukunft weist.

Ein ganz zentraler Baustein dieser Zukunft ist die Photovoltaik. Daher ist es ein gutes Signal, dass die Wirtschaftsministerin in der vergangenen Woche bereits eine Verordnung auf den Weg gebracht hat, die dem Ausbau von großen Freiflächen-Photovoltaikanlagen in Nordrhein-Westfalen einen enormen Schub geben wird. Lieber Herr Vogt, das ist genau die Initiative, die Sie vorhin auch verlangt haben und der heute schon gefolgt wurde, und zwar von den Eckpunkten zum Landesentwicklungsplan als dem zweiten großen Schritt für den Ausbau der erneuerbaren Energien.

Gleichzeitig bleibt natürlich auch die stärkere Nutzung der Dachflächen für die Solarenergie in unserem politischen Fokus. Denn wenn wir dieses riesige energetische Potenzial nutzen wollen, das auf unseren Hausdächern liegt, müssen wir gerade auf das Engagement vieler privater Haushalte setzen. Dann sind wir darauf angewiesen. Daher müssen wir die Menschen zum Bau von PV-Anlagen ermutigen und dürfen sie dabei nicht ausbremsen.

Für diese Politik der Ermutigung – das müsste auch in Ihrem Sinne sein – steht dieser Antrag. Ganz konkret steht er dafür, dass wir in einem ersten Schritt kurzfristig gleich zwei bürokratische Hemmnisse für kleine Photovoltaikanlagen auf einmal ausräumen.

Da ist zuerst die Umsatzsteuer. Im Moment ist es folgendermaßen: Wer eine PV-Anlage mit bis zu 30 kWp, also im Sinne dieses Antrags, betreibt, kann in vielen Fällen schon heute in Bezug auf die Einnahmen aus dem Betrieb der Anlage umsatzsteuerbefreit werden, muss dafür aber immer die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen.

Das bedeutet Bürokratie für beide Seiten: genervte PV-Betreiber*innen auf der einen Seite, überforderte Finanzbehörden auf der anderen Seite, weil sie eine Fülle von steuerlich absolut vernachlässigbaren Vorgängen zu beurteilen haben.

Die aktuelle Regelung ist ein unnötiges Hemmnis. Eine allgemeine Umsatzsteuerbefreiung wäre deshalb bei Weitem sinnvoller. Sie wäre auch zukunftsweisend. Ähnlich gestaltet es sich bei der Ertragsteuer.

Weil die gesetzlichen Grundlagen dafür auf der Bundesebene geändert werden müssten, bitten wir die Landesregierung in unserem Antrag, über den Bundesrat aktiv zu werden.

Diese Maßnahmen – auch das hat mein Vorredner Herr Klenner schon angesprochen – sind sicherlich nur ein kleiner erster Schritt hin zu einer nachhaltigen Energieversorgung. Sie sind natürlich bei Weitem nicht das Einzige, was sich unsere Koalition für die Energiewende vorgenommen hat. Nichtsdestoweniger sollten wir sie nutzen und den Bund auffordern, hier zeitnah tätig zu werden.

Abschließend bin ich der Meinung, dass wir hier heute bei diesem Antrag über Maßnahmen reden, auf die sich die demokratischen Parteien dieses Hauses, die den Klimawandel als Menschheitsherausforderung erkannt und sich zum Handeln verpflichtet haben, gut verständigen können. Daher würde ich mich freuen, wenn wir dieses Signal nach Berlin hier heute gemeinsam als demokratische Fraktionen senden könnten. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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