Dr. Julia Höller: „Wir müssen die politischen Weichen dafür stellen, dass die Feuerwehr auch in Zukunft attraktiv und leistungsstark bleibt“

Zum Entwurf der Landesregierung zur Änderung des Landesbeamtengesetzes

Portrait Dr. Julia Höller

Dr. Julia Höller (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Feuerwehrmänner und -frauen riskieren Ihr Leben, um uns zu schützen. Sie leisten ihre Arbeit unter besonderen Gefahren und unter besonderer körperlicher und psychischer Belastung. Danke, dass sie dann für uns da sind, wenn wir sie brauchen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

In schöner – nein –, in, ehrlich gesagt, eher unschöner Regelmäßigkeit wird über die Erhöhung der Arbeitszeit, des Rentenalters und des Pensionsantrittsalters in nahezu allen Berufsgruppen entschieden. Dazu kann man ganz offensichtlich unterschiedlicher Meinung sein. Hier im Parlament gibt es die einen, die als Opposition sagen: Aufgrund sozialdemokratischer Grundsätze wollen wir niemanden länger arbeiten lassen. – Wenn sie aber in der Regierung sind, gehen sie dennoch an die Verlängerung der Arbeitszeit ran.

(Lachen von Benedikt Falszewski [SPD])

Dann gibt es die anderen – lieber Herr Lürbke –, die immer sagen: „Leistung muss sich wieder lohnen“, im Bund eine Sechstagewoche fordern und in Regierungen immer längere Arbeitszeiten in Gesetze gießen. Wenn Sie aber in der Opposition sind, dann recken Sie die Arbeiterfaust in die Höhe. Ganz ehrlich: Ein bisschen Rückgrat täte dieser Sache wirklich gut.

(Beifall von den GRÜNEN – Zurufe von Norwich Rüße [GRÜNE], Marc Lürbke [FDP] und Dr. Ralf Nolten [CDU])

Dann gibt es noch die ganz rechts, die zum Glück noch nie in der Regierung waren, deren Programm aber unmissverständlich deutlich macht: Arbeiterinnen und Arbeiter wären mit Ihnen in der Regierung viel schlechter gestellt.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Elisabeth Müller-Witt [SPD])

Als schwarz-grüne Koalition setzen wir uns sachlich mit dem Thema auseinander und ringen um eine gute Lösung.

Und, das kann auch mal länger dauern, Frau Kampmann, weil es um eine Lösung für die Menschen geht.

(Christina Kampmann [SPD]: Man sieht’s!)

Deswegen zur Sache: Es geht hier um zwei Fragen. Erstens: In welchem Alter gehen Feuerwehrleute in den Ruhestand? Zweitens: Soll es eine einheitliche Grenze geben oder differenziert man anhand von Kriterien wie Laufbahn oder Einsatzzeit?

Zur ersten Frage: Der ursprüngliche Gesetzentwurf sah je nach Laufbahngruppe eine Erhöhung auf 61 oder 62 Jahre vor. Die Gewerkschaften forderten die Beibehaltung der 60 Jahre. Mit unserem Änderungsantrag haben wir einen guten Kompromiss gefunden: Alle Feuerwehrleute werden mit 61 und damit wesentlich früher als alle anderen Beamten in den Ruhestand gehen.

(Zuruf von der SPD)

Wir haben uns das nicht leicht gemacht, und wir wissen, dass es für einige ein wirklich großer Einschnitt ist. Auf persönlicher Ebene kann ich den Ärger über dieses zusätzliche Jahr verstehen. Als Politikerin aber muss ich doch über den individuellen Fall hinausschauen und den Kontext berücksichtigen. Das ist unsere Verantwortung, und dafür bitte ich um Ihr Verständnis.

(Zuruf von der SPD)

Der gesellschaftliche Wandel hat in fast allen Bereichen zu einem Anstieg des Renteneintrittsalters geführt, weil unser Rentensystem und auch die Pensionen von zukünftigen Generationen erwirtschaftet werden. Ich juble nicht, aber ich kann diese Entscheidung vor zukünftigen Generationen, meinen Kindern und meinen zukünftigen Enkeln, gut vertreten.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Christian Dahm [SPD]: Ich nicht! – Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD] – Weiterer Zuruf von der SPD)

Es gibt einen gewaltigen Fachkräftemangel, der auch die Feuerwehr mit voller Wucht trifft. Das sind enorme Probleme, die sich natürlich nicht allein durch den vorliegenden Gesetzentwurf lösen lassen. Aber das heißt doch noch lange nicht, dass der gar nichts bringt. Es gibt doch viel dazwischen; die Realität ist so komplex, dass es zwischen „Allheilmittel“ und „nutzlos“ viele Graubereiche gibt.

Zur zweiten Frage, wer wann in den Ruhestand geht – Stichwort: „Laufbahndifferenzierung“ –: Der erste Vorschlag sagte, einige mit 61, andere mit 62. Das hat für viel Unverständnis gesorgt, und wir haben zugehört. Wir haben jetzt vereinbart, dass es eine einheitliche Altersgrenze geben soll. So schaffen wir Klarheit und Gerechtigkeit.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Bei allen Versuchen der Skandalisierung möchte ich festhalten: Feuerwehrleute gehen zu Recht weiterhin früher als alle anderen in den Ruhestand. Die Feuerwehr bleibt ein attraktiver Beruf.

Durch eine einheitliche Altersgrenze schaffen wir Klarheit, bleibt der Aufstieg in die höhere Laufbahngruppe, der übrigens auch ganz viel mit Wertschätzung zu tun hat, attraktiv, und wir schaffen keine zusätzliche Bürokratie. Grundsätzlich gilt: Diejenigen, die länger arbeiten wollen, dürfen das unbedingt auch tun.

Wir nehmen aber auch einen Job für uns mit: Wir müssen dafür sorgen, den besonderen Herausforderungen des Alters gerecht zu werden, denn wir brauchen die erfahrenen Menschen. Wir müssen Gesundheitsvorsorge und Prävention verbessern. Wir müssen die politischen Weichen dafür stellen, dass die Feuerwehr auch in Zukunft attraktiv und leistungsstark bleibt. Das ist unsere Aufgabe, und die nehmen wir an. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und den GRÜNEN)

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