Berivan Aymaz: „Es muss uns ein Anliegen sein, Rechtssicherheit für die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schaffen“

Zum Antrag der FDP-Fraktion zu Grenzpendlern

Portrait Berivan Aymaz 2021

Berivan Aymaz (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Während der Coronapandemie ist so manches, das wir für selbstverständlich gehalten haben, aber auch so manches an Errungenschaften ins Wanken geraten. Wo Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum Beispiel noch ganz selbstverständlich und ohne jedwede Hindernisse morgens bei ihrem täglichen Weg zur Arbeit eine Landesgrenze überschreiten und zum Feierabend erneut das Land wieder wechseln konnten, waren sie plötzlich in ihrer Mobilität eingeschränkt.

Auch wenn die Grenzen zwischen NRW, Belgien und den Niederlanden im Gegensatz zu anderen Grenzen glücklicherweise zu jedem Zeitpunkt offenblieben, mussten sich Grenzpendlerinnen und Grenzpendler plötzlich mit unterschiedlichen Einreise- und Quarantäneregelungen in den jeweiligen Ländern befassen.

Zu den – „positiven“ will ich nicht sagen – Nebeneffekten der Pandemie, die zumindest auch ein bisschen positiv bewertet werden können, gehörte, dass viele Arbeitsverhältnisse stark flexibilisiert worden sind, was wir bis dahin so gar nicht kannten. Wir alle haben uns in kürzester Zeit mit den Möglichkeiten des digitalen Arbeitens vertraut gemacht.

Mittlerweile sind Zoom-Konferenzen und Homeoffice aus dem Arbeitsalltag vieler Menschen überhaupt nicht mehr wegzudenken. Sie erlauben eine gewisse zeitliche und räumliche Flexibilität, wodurch sich der Beruf leichter mit Kinderbetreuung oder der Pflege Angehöriger vereinbaren lässt. Das erleichtert nicht zuletzt den Alltag der vielen Tausend Grenzpendlerinnen und Grenzpendler zwischen NRW, Belgien und den Niederlanden.

Trotzdem sind längst nicht alle bürokratischen Hürden abgebaut, um dieser neuen Realität im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gerecht zu werden. Die Frage nach den Modalitäten der Sozialversicherungspflicht stellt sich für diejenigen ganz konkret, die mittlerweile überwiegend in einem Homeoffice arbeiten, das sich in einem anderen Land als die übliche Arbeitsstelle befindet.

Ich mache deutlich: Das Problem besteht nicht darin, dass in diesem Fall Sozialabgaben in beiden Ländern, also im Land des Wohnortes und im Land des Beschäftigungsortes, anfallen würden, wie es der Antrag der FDP leider fälschlicherweise darstellt. Es würde lediglich ein Wechsel der Sozialversicherung erforderlich sein. Ohne Frage ist auch das eine bürokratische Herausforderung für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer.

Bislang waren betroffene Grenzpendlerinnen und Grenzpendler durch eine Ausnahmeregelung – diese wurde mehrfach von meinen Vorrednern angesprochen – vor einem solchen Wechsel geschützt.

Herr Kollege Pinkwart, Sie haben selbst auch deutlich gemacht, dass in Ihrem Antrag eine falsche Information enthalten ist. Diese Regelung läuft eben nicht, wie in dem Antrag dargestellt, schon jetzt aus, sondern gilt mindestens bis Sommer 2023.

Es muss uns aber in der Tat ein Anliegen sein, auch darüber hinaus Rechtssicherheit für die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schaffen. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns mit dieser Frage beschäftigen. Denn das Homeoffice wird uns weiterhin begleiten, und es kann die Aufnahme einer Beschäftigung im Nachbarland unter Umständen noch attraktiver machen, was ja auch im Sinne des Austausches unter anderem unter diesen drei Ländern ist, was wir als Internationalisten und als Verteidigerinnen und Verteidiger des europäischen Gemeinwesens immer wieder begrüßen.

Die Überarbeitung der entsprechenden EU-Verordnung ist bereits angelaufen; auch das wurde deutlich gemacht. Aufgrund der Kontroversen auf EU-Ebene ist diese leider noch nicht erfolgreich abgeschlossen.

Bei allem Respekt für den Antrag, Herr Dr. Pinkwart, weiß ich nicht, inwiefern der Antrag der FDP, der auch noch unsauber recherchiert ist, jetzt tatsächlich zur Beschleunigung dieses Prozesses beitragen könnte. Deshalb ist es gut, dass dieser Antrag nicht sofort inhaltlich zur Abstimmung gestellt wird. Denn so würden und könnten wir ihm definitiv nicht zustimmen. Aber der Überweisung werden wir natürlich zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

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