Antje Grothus: „Strukturwandel ist mehr als nur die Verausgabung von Geldern, es ist ein umfassender Wandlungsprozess“

Zum Antrag der SPD-Fraktion zu Projekten im Rheinischen Revier

Portrait Antje Grothus

Antje Grothus (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Der 13. Juni vergangenen Jahres hat erneut gezeigt: Die mit dem Strukturwandel befassten Ministerien – vorweg unsere grüne Wirtschaftsministerin Mona Neubaur mit einer Stabsstelle Strukturwandel im Wirtschaftsministerium und das Bundeswirtschaftsministerium unter Robert Habeck – antizipieren das, was Sie jetzt über ein halbes Jahr später mit großem Tamtam aus der Oppositionstrickkiste ziehen wollen.

Am 13. Juni – vor über einem halben Jahr – hat das Bund-Länder- Koordinierungsgremium für den Strukturwandel in den Braunkohleregionen das Paket zur besseren Unterstützung der Kohleregionen beschlossen. Ein Ergebnis davon ist die gerade schon erwähnte n+3-Regelung, die dafür sorgt, dass die Strukturwandelgelder bereits flexibilisiert worden sind. Die Gelder für genehmigte Strukturwandelprojekte der ersten Förderperiode können nun ganze drei Jahre länger verausgabt werden. Das ist Ihnen, liebe Frau Teschlade, aus dem Bericht des Ministeriums im Wirtschaftsausschuss vom 2. Oktober bekannt.

Auch auf Landesebene gab es einige richtungsweisende und erfolgversprechende Regierungshandlungen, die mich mit Zuversicht auf die kommenden Jahre im Strukturwandel blicken lassen. Mit dem erwähnten Dialogverfahren wurde eine grundlegende Beschleunigung der Fördersystematik – auch im Hinblick auf die Landeskomponente – beschlossen, und es wurden Doppelstrukturen aus dem Weg geräumt.

Ich erinnere an die Bemühungen, die es gekostet hat, das Sterneverfahren hinter uns zu lassen. Wir sehen aktuell, dass diese Maßnahme greift. Zurzeit befinden sich über 180 Projekte in der Qualifizierung und stehen somit kurz vor der Förderung. Auch das kann man der Antwort des Wirtschaftsministeriums entnehmen.

Mit Veröffentlichung konkreter Förderprogramme wird die Antragstellung zunehmend vereinfacht. Bereits in diesem Jahr sind vier neue Förderprogramme an den Start gegangen: Klimaanpassung, Ökosystemverbund, Kommune Circular und Künstliche Intelligenz. Dazu kommt noch das große Förderpaket für die Tagebauumfelder, das im letzten Quartal 2024, also Kernrevier, neu aufgelegt wurde, und zwar extra für den Abfluss, für die noch zu verausgabenden Mittel der Landeskomponente. Das zeigt doch: Hier wird bereits vorausschauend gehandelt und Sorge dafür getragen, dass alle Gelder verausgabt werden können.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Das, was ich gerade erwähnt habe, ergibt zusammengerechnet über 265 Millionen Euro. Vergessen wir nicht, dass noch Mittelabflüsse dazukommen, zum Beispiel für den Gigawattpakt, der die Energiesicherheit der Region auf erneuerbare Beine stellt.

Erst am Montag wurde auf der Jahrestagung des Gigawattpakts in Düren berichtet, dass er seine Zwischenziele sogar übererfüllt. Er ist ein Erfolgsmodell für Nachhaltigkeit, für Energiesicherheit, für Klimaschutz, und er entlastet auch noch die Kommunen im Rheinischen Revier. All diese Maßnahmen wirken also. Allein in den letzten vier Monaten wurden 25 Projekte mit einem Gesamtvolumen von circa 300 Millionen Euro bewilligt.

Neben dem Regierungshandeln gibt mir aber auch eine grundlegende Dynamik im Rheinischen Revier und im Strukturwandel Zuversicht. Ein Beispiel, an dem sich diese Dynamik zeigt, ist der Brainergy Park. Hier wird ein nachhaltiges Gewerbegebiet für den Technologietransfer in Jülich, Kernrevier, entwickelt. Herzstücke des Projekts sind ein Gründungszentrum mit Büro- und Begegnungsflächen, das Startup Village mit eigenem Acceleratorenprogramm.

Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich dort vor zwei Jahren meinen Antrittstermin als Landtagsabgeordnete bei Herrn Professor Dr. Hoffschmidt, dem Geschäftsführer des Brainergy Parks, hatte. Wir saßen in einem der zahlreichen dort aufgestapelten Container, nicht unbedingt heimelig, nicht repräsentativ und von außen auch nicht gerade sehr einladend.

Diese Containerbüros gibt es immer noch, Frau Teschlade, aber direkt gegenüber ist jetzt das Startup Village entstanden, welches wir im Mai letzten Jahres zusammen eröffnen durften. Bunte, einladende und nachhaltig hergestellte Holzmodule gruppieren sich um ein Zentralgebäude und sorgen für eine echt gute Aufenthaltsqualität. Das Zentralgebäude bietet Raum für Coworking-Arbeitsplätze und für Veranstaltungen. Die einzelnen Module können zum Beispiel von Start-ups als Arbeitsräume gebucht werden. Im Dezember haben wir dort gemeinsam als Aufsichtsrat der Zukunftsagentur getagt. Auch der Bau des großen Brainergy Hubs steht nun an.

Die dahinterliegende Dynamik ist, dass zuerst mit Geldern der konsumtiven Bundeskomponente Personal aufgebaut und Konzepte entwickelt werden müssen, bevor dann die investiven Gelder der Landeskomponente in greifbare Bauten und sichtbare Dinge fließen. Weil schon so viele konsumtive Mittel aus der Bundeskomponente abgeflossen sind und weil schon über 180 Anträge in Qualifizierungen sind, bin ich zuversichtlich, dass sich die Dynamik auch in der Verausgabung der Landeskomponente niederschlagen wird.

Damit komme ich zum Ende. Es ist von zentraler Bedeutung, die Mittel rechtzeitig in die Region zu tragen. Wir sind auf einem guten und vorsorgenden Weg. Aber der Strukturwandel ist auch mehr als nur die Verausgabung von Geldern. Es ist ein umfassender Wandlungsprozess. Die Region braucht Unterstützung. So wie die Region vor Ort zusammenarbeitet, so lade ich Sie ein, im Wirtschaftsausschuss gemeinsam weiter zusammen am Gelingen des Strukturwandels zu arbeiten.

Natürlich stimme ich der Überweisung an den Ausschuss zu. -Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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