Gesetz zur Einführung eines Radverkehrsgesetzes sowie zur Änderung weiterer Gesetze

Der Gesetzentwurf als PDF

A.   Problem und Regelungsbedarf

Das Rad stellt innerhalb der zur Verfügung stehenden Verkehrsmittel eine für die Fahrenden gesundheitsfördernde und klimafreundliche Alternative dar, die auch in städtischen Ballungszentren zur Verringerung der Lärm- und Luftbelastung sowie zur Klimaneutralität beiträgt und den begrenzten Flächenkapazitäten in diesen Rechnung trägt. Als eigenständiges Verkehrsmittel gewinnt das Fahrrad – auch im Rahmen der nachhaltigen Mobilität – insoweit an stetiger Bedeutung.

Auch wenn die diesbezüglichen Landeshaushaltsmittel von 39 Mio. € (2017) auf 54 Mio. € (2021) erhöht worden sind, sollte es nicht von der Finanzkraft einer Kommune abhängen, ob und in welcher Qualität den Bürgerinnen und Bürgern Radverkehrsinfrastruktur zur Verfügung steht. Bisher stehen für Radfahrerinnen und Radfahrer nur wenig Radschnellverbindungen und Radvorrangrouten zur Verfügung; ebenso wenig besteht eine einheitliche Planung der Radverkehrsnetze oder ein Bedarfsplan hinsichtlich des Ausbaus. Darüber hinaus fehlen Fahrradabstellplätze an Bahnhöfen und Haltestellen des öffentlichen Personennahverkehrs. Daraus resultiert, dass das Fahrrad bisher häufig keine echte Alternative zum motorisierten Individualverkehr darstellt.

Die sog. „Vision Zero“, dass niemand im Straßenverkehr getötet oder mit lebenslangen Schäden schwer verletzt wird, ist noch lange nicht erreicht. Im Jahr 2020 gab es 12.110 Schwerverletzte; 430 Menschen starben durch Verkehrsunfälle. Den Willen und den Bedarf, den Radverkehr zu stärken, unterstreicht daher auch die erfolgreiche Volksinitiative „Aufbruch Fahrrad“, die rund 207.000 Menschen unterzeichnet haben.

Die Ziele der Volksinitiative „Aufbruch Fahrrad“ wurden in neun Maßnahmen zusammengefasst. Diese zielen darauf ab, den Anteil des Radverkehrs bis 2025 von ca. 8 Prozent (Angabe von „Aufbruch Fahrrad“) auf 25 Prozent landesweit zu erhöhen.

Der Landtag befasste sich in seiner Sitzung am 18.12.2019 mit dem Anliegen und nahm dieses mehrheitlich an. In derselben Sitzung hatte der Landtag die Landesregierung beauftragt, noch in dieser Legislaturperiode ein Gesetz zu erarbeiten und in den Landtag einzubringen, welches die Forderungen der Volksinitiative aufgreift.

B.   Lösung

Das Gesetz stellt das erste Radverkehrsgesetz eines deutschen Flächenlandes dar. Das Gesetz soll den Grundstein für eine Entwicklung des Radverkehrs legen, die es ermöglicht, den Anteil des Radverkehrs an der Verkehrsleistung sowie den Anteil des Radverkehrs am Verkehrsaufkommen zu steigern. Dies soll durch eine vereinheitlichte Planung geschehen, durch die eine sichere Radverkehrsinfrastruktur für die Bürgerinnen und Bürger geschaffen werden soll. Durch die Einbettung in die integrierte Verkehrsentwicklungsplanung werden negative Wechselwirkungen reduziert, die bei isolierter Betrachtung der Maßnahmen auftreten und den Zielen des Gesetzes zuwiderlaufen können.

Um das Fahrrad als echte Alternative zum motorisierten Individualverkehr aufzubauen, bedarf es insbesondere auch einer besseren Vernetzung mit den Angeboten des öffentlichen Personennahverkehrs. Durch die Errichtung von Fahrradabstellplätzen an Bahnhöfen und Haltestellen sowie die verbesserte Mitnahme von Fahrrädern soll eine bessere Verknüpfung erreicht werden.

Das Gesetz benennt im Abschnitt 1 zunächst den Gesetzeszweck und seine wesentlichen Ziele. Darüber hinaus werden die für das gesamte Gesetz geltenden Begriffsbestimmungen vorgenommen.

Der Abschnitt 2 konkretisiert vor diesem Hintergrund die Anforderungen an die Ausgestaltung des Radverkehrs.

Der Abschnitt 3 befasst sich mit der Radverkehrsplanung. Die Planung erfolgt insbesondere durch den Landesradverkehrsplan, regionale und kommunale Radverkehrspläne sowie den Bedarfsplan.

Der Abschnitt 4 setzt dabei den übergeordneten Planungsrahmen fest und umfasst die integrierte Verkehrsentwicklungsplanung.

Abschnitt 5 befasst sich mit organisatorischen Fragen sowie der Finanzierung.

Das Radverkehrsgesetz sieht in seiner Formulierung die Schaffung eines Landesbetriebs für die Radverkehrsinfrastruktur vor.

Die Regelungen Radverkehrsgesetzes ziehen Änderungen am Straßen- und Wegegesetz Nordrhein-Westfalen nach sich. Darüber hinaus ziehen die Regelungen Änderungen am Landesplanungsgesetz Nordrhein-Westfalen sowie am Gesetz über die Reinigung öffentlicher Straßen nach sich.

C.   Alternativen

Keine.

D.   Kosten

Bis zum Jahr 2035 sind im Landeshaushalt Mittel in Höhe von € 90 Mio. jährlich für die Umsetzung von investiven Maßnahmen aus dem Bedarfsplan zur Verfügung zu stellen. In einer Höhe von durchschnittlich € 60 Mio. jährlich sind diese in Radschnellverbindungen des Landes zu investieren. Das Land Nordrhein-Westfalen ruft zusätzliche Bundesmittel gemäß § 5b Bundesfernstraßengesetz auf.

Durch Fördermittel investiert das Land Nordrhein-Westfalen durchschnittlich weitere € 30 Mio. in ausgewählte Radvorrangrouten mit landesweiter Netzwirkung sowie in regionale und kommunale Hauptradwege.

Die Kosten für die im Gesetz vorgesehene Aus- und Nachrüstung der landeseigenen Nutzfahrzeuge mit einem Abbiegeassistenzsystem werden auf € 1,4 Mio. geschätzt.

Nicht bezifferbar sind Einsparungen im Bereich des Gesundheits- und Klimaschutzes, da die ein höheres Radverkehrsaufkommen weniger Emissionen bedeutet und sich das Radfahren positiv auf die Gesundheit die Radfahrerinnen und Radfahrer auswirkt.

E.   Zuständigkeit

Zuständig ist das Ministerium für Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen. Beteiligt sind alle Ressorts der Landesregierung.

F.    Auswirkungen auf die Selbstverwaltung und die Finanzlage der Gemeinden und Gemeindeverbände

Das Gesetz sieht Förderprogramme vor. Diese können die Finanzlage der Gemeinden und Gemeindeverbände positiv beeinflussen.

Die konnexitätsrechtlichen Rahmenbedingungen wurden berücksichtigt. Die Kostenschätzung nach § 3 Konnexitätsausführungsgesetz ergibt Kosten in Höhe von 108 Mio. € und liegt dem Gesetzesentwurf bei. Er berücksichtigt die Verpflichtung der Kommunen und regionalen Planungsträger, mindestens einmal pro Legislaturperiode Radverkehrspläne, jährliche Sachstandsberichte zur Umsetzung des jeweiligen Radverkehrsplans sowie die Erstellung eines Monitoringberichts im Vorfeld des Radverkehrsplans aufzustellen. Außerdem sind darin Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit der Kommunen und Regionalverbände sowie für die Verknüpfung des Radverkehrs mit den Angeboten des öffentlichen Personennahverkehrs sowie des Schienenpersonennahverkehrs. Ein Belastungsausgleich in pauschalisierter Form ist vorgesehen.

G.   Finanzielle Auswirkungen auf die Unternehmen und die privaten Haushalte

Für die Unternehmen und die privaten Haushalte entstehen durch den Gesetzentwurf keine Kosten.

H.   Geschlechterdifferenzierte Betrachtung der Auswirkungen des Gesetzes

Die Wirkungen des Gesetzes sind geschlechtsunabhängig; das Gesetz hat daher keine Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frauen und Männern. Auswirkungen auf die unterschiedlichen Lebenssituationen von Frauen und Männern sind nicht zu erwarten.

I.     Auswirkungen auf die nachhaltige Entwicklung (im Sinne der Nachhaltigkeitsstrategie NRW)

Das Gesetz wirkt sich positiv auf die nachhaltige Entwicklung im Sinne der Nachhaltigkeitsstrategie aus. Durch die Maßnahmen, die aufgrund des Gesetzes umgesetzt werden sollen, soll sowohl der Anteil des Radverkehrs an der Verkehrsleistung als auch der Anteil des Radverkehrs am Verkehrsaufkommen gesteigert werden. Damit nutzen mehr Menschen klimaneutrale bzw. nahezu klimaneutrale Verkehrsmittel. Dies mindert die Luft- und Lärmbelastung und reduziert die Treibhausgase. Zudem fördert Radfahrend die Gesundheit.

J.    Auswirkungen auf Menschen mit Behinderung

Die Berücksichtigung der Belange von Menschen mit Behinderungen oder Mobilitätseinschränkungen bei dem Bau von Radverkehrsanlagen, Fahrradabstellplätzen, Mobilstationen und Fahrradstationen wirken sich positiv auf Menschen mit Behinderung aus. Auch andere Regelungen des Gesetzes, zum Beispiel zum Ausbau von Radverkehrsnetzen, können positive Auswirkungen auf Menschen mit Behinderung haben.

K.   Befristung

Eine Befristung der Neuregelungen ist nicht beabsichtigt. Eine Befristung wäre für das Gesetz nicht zielführend, da die Planung und Umsetzung der Infrastrukturmaßnahmen Zeit in Anspruch nimmt und somit erst im Laufe der Jahre wirken können und davon ausgegangen wird, dass die beabsichtigten Regelungen auch über zehn Jahre hinaus benötigt werden.

Inhaltsverzeichnis

Gesetzentwurf

Artikel 1: Radverkehrsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (Radverkehrsgesetz – RadVG)

Abschnitt 1: Allgemeine Vorschriften 9

  • 1 Zweck und Ziele des Gesetzes; Geltungsbereich
  • 2 Begriffsbestimmungen

Abschnitt 2: Anforderungen an die Ausgestaltung des Radverkehrs

Unterabschnitt 1: Allgemeine Anforderungen

  • 3 Anforderungen an die Radverkehrsanlagen
  • 4 Fahrradabstellplätze
  • 5 Lasten und Spezialfahrräder
  • 6 Fahrradvermietung
  • 7 Information- und Serviceinfrastruktur des Radverkehrs
  • 8 Öffentlichkeitsarbeit und Mobilitätsausbildung

Unterabschnitt 2: Flächendeckendes Radverkehrsnetz

  • 9 Ausbau des Hauptradverkehrsnetzes
  • 10 Ausbau des Ergänzungsnetzes lokaler Radverbindungen
  • 11 Wirtschafts- und Betriebswege
  • 12 Einheitliche wegweisende Beschilderung von Radverkehrsanlagen
  • 13 Verknüpfung mit den Angeboten des Öffentlichen Personennahverkehrs
  • 14 Verknüpfung mit Angeboten der Fahrradvermietung

Unterabschnitt 3: Verkehrssicherheit

  • 15 Verkehrssicherheitsprogramm
  • 16 Radverkehrssicherheitsbericht und -leitfaden
  • 17 Verkehrliche Gestaltung des öffentlichen Straßenraums; Sicherheitsaudits
  • 18 Radverkehrsführung bei Baumaßnahmen
  • 19 Abbiegeassistenz
  • 20 Verkehrsüberwachung

Abschnitt 3: Radverkehrsplanung

  • 21 Instrumente und Konzeption der Radverkehrsplanung
  • 22 Vertikale und horizontale Abstimmung der Planung
  • 23 Landesradverkehrsplan
  • 24 Regionale Radverkehrspläne
  • 25 Kommunale Radverkehrspläne
  • 26 Öffentlichkeitsbeteiligung
  • 27 Bedarfsplan
  • 28 Sachstandsbericht; Monitoringbericht

Abschnitt 4: Übergeordneter Planungsrahmen

  • 29 Integrierte Verkehrsentwicklungsplanung
  • 30 Übergreifende Instrumente zur Konfliktlösung
  • 31 Förderung von Multimodalität und Umweltverbund
  • 32 Absicherung der Planung

Abschnitt 5: Organisation und Finanzierung

  • 33 Regionale Planungsträger; Regionale Kompetenzzentren Radmobilität
  • 34 Finanzierungsverantwortung
  • 35 Haushaltsmittel für die kommunale     und     regionale Verkehrsplanung
  • 36 Fördermittel des Landes Nordrhein-Westfalen für den Radverkehr
  • 37 Institutionelle Förderung

Artikel 2: Änderung des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen

Artikel 3: Änderung des Landesplanungsgesetzes Nordrhein-Westfalen

Artikel 4: Änderung des Gesetzes über die Reinigung öffentlicher Straßen

Artikel 5: Inkrafttreten

Begründung

Gesetz zur Einführung eines Radverkehrsgesetzes sowie zur Änderung weiterer Gesetze

Artikel 1:

Radverkehrsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen
(Radverkehrsgesetz – RadVG)

Präambel

Im Angesicht sich ändernder Klima- und Umweltbedingungen und der von ihnen ausgehenden Auswirkungen gibt sich das Land Nordrhein-Westfalen dieses Gesetz, um den Radverkehr als Teil des Umweltverbundes weiter zu entwickeln und zu stärken und damit die Grundlage für einen sicheren, alltagstauglichen, gesunden sowie nutzerfreundlichen Radverkehr zu schaffen, der im Sinne der Initiative „Aufbruch Fahrrad“ eine echte Alternative in der Verkehrsmittelwahl darstellt, die Lebensqualität in ganz Nordrhein-Westfalen zu steigern vermag und gleichzeitig zu einer Reduzierung von Lärm- und Luftschadstoffbelastungen beitragen soll. Zur Förderung der Fahrradmobilität strebt die Initiative „Aufbruch Fahrrad“

  • eine an dem Ziel „Null Verkehrstote“ („Vision Zero“) orientierte Verkehrs- und Radverkehrsplanung,
  • eine breitere Werbung für den Radverkehr seitens des Landes,
  • die Einrichtung von 1.000 Kilometern Radschnellwegen bis 2025,
  • die Erbauung oder Instandhaltung von jährlich 300 Kilometern an überregionalen Radwegen,
  • die Förderung von Fahrradstraßen und Radinfrastruktur in den Kommunen,
  • die Sicherung und Erweiterung einer (rad-)fachkundigen Verwaltung,
  • die kostenlose Radmitnahme im Nahverkehr,
  • den Ausbau sicherer Fahrradabstellplätze und E-Bike-Stationen sowie
  • die Förderung von Lastenrädern

an.

Mit diesem Gesetz soll der Grundstein für eine Entwicklung des Radverkehrs gelegt werden, die es ermöglicht, den Anteil des Radverkehrs an der Verkehrsleistung im Land Nordrhein-Westfahlen in einem kurzen Zeitraum auf 7 Prozent sowie den Anteil des Radverkehrs am Verkehrsaufkommen auf 25 Prozent zu steigern. Der Landesradverkehrsplan wird unter Begleitung eines fachlichen Beirats festlegen, bis wann diese Ziele und Maßnahmen umgesetzt werden können. Ebenso muss in diesen Plan einfließen, welchen Anteil der Radverkehr im Rahmen der Anstrengungen des Landes Nordrhein-Westfalen zum Erreichen der Klimaneutralität 2045 leisten soll. Zu ihrer Erreichung bedarf es der abgestimmten Realisierung vieler Maßnahmen zur Verkehrssicherheit und des Ausbaus von Radverkehrsanlagen durch das Land Nordrhein-Westfalen, der regionalen Planungsträger, der Kommunen und Landkreise sowie der Impulse und Ideenkraft fachlicher Beiräte und ehrenamtlicher Akteurinnen und Akteure, die sich mit ihrem Engagement für nachhaltige Mobilität, saubere Luft, Lärmschutz, lebenswerte Städte sowie den Umweltschutz einsetzen und die Planungsprozesse in den Kommunen, bei den regionalen Planungsträgern und im Land begleiten.

Abschnitt 1: Allgemeine Vorschriften

§ 1

Zweck und Ziele des Gesetzes; Geltungsbereich

(1) Zweck des Gesetzes ist es, in Realisierung der Ziele der Initiative „Aufbruch Fahrrad“, in Mobilität und Verkehr den Anforderungen des Gesundheits-, Umwelt- und Klimaschutzes sowie der Klimaneutralität zu entsprechen und durch eine auf die Aufwertung der nahräumlichen Beziehungen ausgerichteten Verkehrsentwicklungsplanung sowie Stadt- und Raumentwicklung für lebenswerte Städte, Gemeinden und Ortsteile zu sorgen.

(2) Um diese Zwecke zu erreichen, ist die Entwicklung des Radverkehrs von Land, Kommunen und regionalen Planungsträgern an den folgenden Leitzielen auszurichten:

  1. Es ist eine leistungsfähige, flächendeckende und für die Nutzenden bei allen relevanten Alltags- und Freizeitwegen attraktive Radverkehrsinfrastruktur in den Städten, Kreisen, Regionen und dem Land zu schaffen.
  2. Es ist ein gestuftes, am Nachfragepotential orientiertes Radverkehrsnetz zu entwickeln, zu fördern und mit den Angeboten des öffentlichen Personennahverkehrs zu verknüpfen.
  3. Durch infrastrukturelle, verkehrsorganisatorische sowie kommunikative Maßnahmen ist die Sicherheit des Radverkehrs perspektivisch so zu verbessern, dass niemand im Straßenverkehr getötet oder mit lebenslangen Schäden schwer verletzt wird (Vision Zero) und zugleich subjektive Sicherheit zu vermitteln, soweit dieses begründet ist.
  4. Die Entwicklung des Radverkehrs ist in integrierte Verkehrsentwicklungsplanung einzubetten und durch die Verzahnung mit der überörtlichen Landes- und Regionalplanung sowie der kommunalen Planungen und mit der Regional- und Stadtentwicklung flankierend zu fördern.

(3)       Dieses Gesetz gilt für alle Straßen, Wege und Plätze, die dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind und deren Träger der Straßenbaulast das Land, ein Gemeindeverband oder eine Gemeinde ist, sowie dem öffentlichen Verkehr gewidmete Betriebs- und Wirtschaftswege in Privateigentum. § 11 gilt auch für sonstige Betriebs- und Wirtschaftswege.

§ 2

Begriffsbestimmungen

(1) Hauptradverkehrsnetz umfasst sowohl Radschnellverbindungen des Landes als auch Radvorrangrouten.

(2) Lokale Radverbindungen sind Wege oder Straßen, die eine zu erwartende werktägliche Verkehrsstärke von weniger als 500 Radfahrerinnen und Radfahrern am Tag aufweisen.

(3) Mobilstationen sind multimodale Verknüpfungspunkte, an denen mindestens zwei Verkehrsmittel verknüpft werden. Dabei ist die Verknüpfung so gestaltet, dass ein örtlicher Wechsel zwischen den Verkehrsmitteln durch räumliche Konzentration der Angebote und bestenfalls durch entsprechende Gestaltungsmaßnahmen mit einem Wiedererkennungswert für die Nutzenden ermöglicht wird.

(4) Planungsträger sind Kreise, kreisfreie Städte, große kreisangehörige Städte, regionale Planungsträger sowie das für Verkehr zuständige Ministerium des Landes.

(5) Radverkehrsanlagen sind alle für den Radverkehr eingerichteten Straßenbestandteile und Wege; dies sind insbesondere:

  1. Radwege (baulich angelegte Radwege),
  2. Radfahrsteifen (mit oder ohne physische Trennung),
  3. Fahrradstraßen.

Radwege ohne Benutzungspflicht, für den Radverkehr freigegebene Gehwege sowie Schutzstreifen für Radfahrerinnen und Radfahrer sind Radverkehrsanlagen im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie im Radverkehrsplan als solche ausgewiesen sind.

(6) Radverkehrsinfrastruktur umfasst Radverkehrsanlagen, Fahrradabstellanlagen, Fahrradvermietungen sowie die Informations- und Serviceinfrastruktur des Radverkehrs.

(7) Radschnellverbindungen des Landes sind Wege oder Straßen oder Teile von diesen, die dem Fahrradverkehr mit eigenständiger regionaler Verkehrsbedeutung zu dienen bestimmt sind. Eine solche eigenständige regionale Verkehrsbedeutung liegt vor, wenn ein Nachfragepotential von mindestens 2.000 Radfahrerinnen und Radfahrern im Querschnitt am Tag nachgewiesen wird. Radschnellverbindungen des Landes sollen auf eigenständigen Radwegen geführt werden. Soweit Gründe der Verkehrssicherheit nicht entgegenstehen, können sie auch durch Fahrradstraßen oder Radfahrstreifen errichtet werden.

(8) Radvorrangrouten sind Wege oder Straßen, die für die Hauptrelationen des örtlichen oder überörtlichen Radverkehrs bei einer zu erwartenden Verkehrsstärke von mindestens 500 Radfahrerinnen und Radfahrern am Tag bestimmt sind. Der Radverkehr auf den Radvorrangrouten ist grundsätzlich getrennt vom motorisierten Individual- sowie vom Fußverkehr zu führen. Soweit Gründe der Verkehrssicherheit nicht entgegenstehen, können Radvorrangrouten durch Fahrradstraßen oder Radfahrstreifen errichtet werden.

(9) Serviceinfrastruktur umfasst öffentlich zugängliche Lademöglichkeiten für E-Bikes, Möglichkeiten zur Reparatur und zum Aufpumpen von Fahrrädern sowie die Möglichkeit, Schäden der Radverkehrsinfrastruktur zu melden.

(10) Umweltverbund umfasst die Verkehrsmittel Fußverkehr, Radverkehr und Öffentlichen Personennahverkehr.

(11) Wirtschaftsverkehr umfasst den Personenwirtschaftsverkehr in Ausübung von Beruf oder Gewerbe sowie den Güterverkehr zur Versorgung der Bevölkerung oder innerhalb von Wirtschaft und Gewerbe.

(12) Gravierende Mängel sind solche, die geeignet sind, Unfälle mit tödlichem Ausgang oder dauerhaft bleibenden Schäden zu verursachen oder die eine Radverkehrsanlage für den Radverkehr zumindest vorübergehend unbrauchbar machen.

Abschnitt 2: Anforderungen an die Ausgestaltung des Radverkehrs

Unterabschnitt 1: Allgemeine Anforderungen

§ 3

Anforderungen an die Radverkehrsanlagen

(1) Radverkehrsanlagen sind auf ein planerisch ermitteltes Nachfragepotential von Radfahrerinnen und Radfahrern auszulegen. Mit ihnen soll ein Anreiz zur Nutzung des Fahrrads gesetzt werden; dies umfasst insbesondere:

  1. die möglichst durchgängige Führung von Radverkehrsanlagen,
  2. eine Überholvorgänge von Radfahrerinnen und Radfahrern zulassende Breite,
  3. einen Fahrbahnbelag, der ein sicheres und aufwandarmes Fahren und Bremsen ermöglicht,
  4. die Barrierefreiheit im Sinne des Behindertengleichstellungsgesetzes Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 16.12.2003 (GV. NRW. S. 766), das zuletzt durch Art. 1 des Gesetzes vom 11.04.2019 geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung,
  5. die ganzjährliche, witterungsunabhängige und sichere Nutzungsmöglichkeit. Radverkehrsanlagen sind auch bei Schnee und Eis befahrbar (Winterdienst),
  6. die Berücksichtigung der Belange des Einsatzes von Lastenfahrrädern zum Transport von Personen und Gütern.

(2) Radverkehrsanlagen weisen durchschnittlich einen guten Erhaltungszustand auf. Der Zustand wird im Rahmen eines regelmäßigen Monitorings überwacht. Mängel werden möglichst zeitnah, gravierende Mängel unverzüglich beseitigt.

§ 4 Fahrradabstellplätze

(1) Fahrradabstellplätze sind auf ein planerisch ermitteltes Nachfragepotential von Radfahrerinnen und Radfahrern auszulegen. Die Errichtung im öffentlichen Verkehrsraum soll flächendeckend, unter besonderer Berücksichtigung von zentralen Lagen und Haltestellen des öffentlichen Personennahverkehrs sowie möglichst zielnah und lagegünstig erfolgen.

(2) Die Fahrradabstellplätze sollen sicher in Bezug auf Diebstahl, Beschädigung und Witterung sowie nutzerfreundlich sein. Das für Verkehr zuständige Ministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Vorschriften zu erlassen über die weiteren Anforderungen an Fahrradabstellplätze.

(3) Die Behörden, Landesbetriebe, Sondervermögen, Organe der Rechtspflege, Einrichtungen des Landes sowie Hochschulen, sollen bis zum 31.12.2025 Fahrradabstellplätze sowie Serviceinfrastruktur des Radverkehrs an oder in ihren Gebäuden entsprechend dem Bedarf der Mitarbeitenden und der Besuchenden einrichten. In jeder Dienststelle soll eine möglichst barrierefreie Duschgelegenheit pro Geschlecht vorgesehen werden.

(4) Absatz 3 gilt auch für Liegenschaften des Landes Nordrhein-Westfalen, die vermietet werden.

§ 5 Lasten und Spezialfahrräder

(1) Die Träger der Straßenbaulast berücksichtigen bei dem Bau, Ausbau und der Sanierung von Radverkehrsanlagen, Mobilstationen und Fahrradabstellplätzen die Belange des Einsatzes von Lastenfahrrädern zum Transport von Personen und Gütern. Dazu gehört auch die Schaffung geeigneter Fahrradabstellplätze. Lastenräder im Sinne dieses Gesetzes sind einsitzige Fahrräder gemäß § 63a der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vom 26.04.2012 (BGBl. I S. 679) in der jeweils geltenden Fassung, die speziell für den Transport von Personen und Gütern konstruiert sind.

(2) Ergänzend unterstützt das Land Nordrhein-Westfalen den Wandel initial nach Maßgabe einer Förderrichtlinie zur Anschaffung von Lastenrädern für den gemeinnützigen und gewerblichen Einsatz.

(3) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt sinngemäß auch für die Belange von Spezialfahrrädern, die von Menschen mit Behinderung und Menschen mit eingeschränkter Mobilität genutzt werden.

§ 6 Fahrradvermietung

In den Städten soll ein flächendeckendes, am Nachfragepotential orientiertes Angebot an Mietfahrrädern verfügbar sein. Die Anmietung von Lastenrädern soll in Gemeinden oder Ortsteilen mit mehr als 20.000 Einwohnern möglich sein.

§ 7 Informations- und Serviceinfrastruktur des Radverkehrs

(1) Die fachlich zuständigen Landesministerien stellen Informationen zur Radverkehrsinfrastruktur sowie Informationen zur Radroutenerstellung sowohl auf Papier als auch weitestgehend barrierefrei in digitaler Form zur Verfügung.

(2) An Orten mit relevantem Bedarf soll vom jeweiligen Träger der Straßenbaulast entsprechende Serviceinfrastruktur vorgehalten und betrieben werden. Wird Ladeinfrastruktur für motorisierte Fahrzeuge im öffentlichen Raum errichtet, soll diese Ladevorgänge von E-Bikes ermöglichen, soweit dies technisch möglich ist und die Sicherheit der am Verkehr Teilnehmenden nicht beeinträchtigt wird.

(3) Das Land unterstützt im Rahmen des Zukunftsnetzes Mobilität NRW betriebliches und kommunales Mobilitätsmanagement; insbesondere gilt dies für das Ziel, Pendelverkehre vom motorisierten Individualverkehr auf den Radverkehr zu verlagern. Hierzu sollen Anreize für die Übernahme regelmäßiger Reparatur- und Servicekosten durch die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber gesetzt werden.

§ 8 Öffentlichkeitsarbeit und Mobilitätsausbildung

(1) Das für Verkehr zuständige Ministerium sowie die regionalen und kommunalen Planungsträger fördern mit Instrumenten der Öffentlichkeitsarbeit Status und Image des Radverkehrs, des Fußverkehrs der Kooperation zwischen Rad und Öffentlichem Personennahverkehr sowie weiterer Formen der Nahmobilität. Dies umfasst sowohl die Förderung des Fahrrades bei längeren Wegen und in Kombination mit dem öffentlichen Verkehr als auch den Radtourismus und die Nutzung von Lastenfahrrädern für private und gewerbliche Zwecke.

(2) Das für Verkehr zuständige Ministerium hat mit Instrumenten der Öffentlichkeitsarbeit wirksam für ein partnerschaftliches und rücksichtsvolles Miteinander im Verkehr sowie für die Vermeidung von aggressivem Verhalten unter Verkehrsteilnehmenden einzutreten.

(3) Radverkehrsförderung und Radverkehrssicherheit sind Teil von Aus- und Fortbildungsprogrammen in Verwaltungen, die mit Themen des Verkehrs und der Mobilität befasst sind. Die Inhalte basieren auf grundsätzlichen Abstimmungen mit dem für Verkehr zuständigen Ministerium.

(4) Das für Bildung zuständige Ministerium hat in der schulischen Mobilitätsbildung des Landes einen Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit im Verkehr zu legen. Geeignete Einrichtungen wie das „Zukunftsnetz Mobilität NRW“ oder die „Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW e.V.“ sollen auch in der Funktion als außerschulische Lernorte weiterentwickelt und gestärkt werden.

 

Unterabschnitt 2: Flächendeckendes Radverkehrsnetz

§ 9 Ausbau des Hauptradverkehrsnetzes

(1) Ein Hauptradverkehrsnetz ermöglicht, eingebettet in das lokale Netz, auf den Hauptrelationen des Radverkehrs sowohl innerorts wie auf den überörtlichen Relationen des Alltagsradverkehrs einen attraktiven und zügigen Radverkehr.

(2) Das Hauptradverkehrsnetz von landesweiter Bedeutung verbindet bis zum Jahr 2035 alle Oberzentren durch Radschnellverbindungen sowie alle Mittelzentren durch Radschnellverbindungen oder Radvorrangrouten.

(3) Die Mehrheit der Grundzentren soll bis zum Jahr 2035 im Rahmen der regionalen Netzentwicklung an das Hauptradverkehrsnetz von landesweiter Bedeutung angebunden werden; bis zum Jahr 2050 sollen alle Grundzentren angebunden sein.

(4) Das Hauptradverkehrsnetz von landesweiter Bedeutung soll innerörtlich auch auf den Hauptradverbindungen fortgesetzt und dabei so geplant werden, dass es die für den überörtlichen Verkehr relevanten innerörtlichen Hauptrelationen abdeckt. Bahnhöfe und Haltepunkte des Schienenpersonennahverkehrs sowie aufkommensstarke Haltepunkte des öffentlichen Personennahverkehrs sind in das Hauptradverkehrsnetz ein- oder an dieses anzubinden.

 

§ 10 Ausbau des Ergänzungsnetzes lokaler Radverbindungen

(1) Ein flächendeckendes Ergänzungsnetz aus lokalen Radverbindungen soll abseits der Hauptrelationen sowie als Zu- und Abbringer zum Hauptradverkehrsnetz bis zum Jahr 2035 geschaffen werden. Dabei ist eine duale Netzplanung hauptstraßenbegleitender Radverkehrsanlagen einerseits und verkehrsärmerer Parallelrouten auf Nebenstraßen andererseits anzustreben.

(2) In Ergänzung der hauptstraßenbegleitenden Radverkehrsanlagen sollen innerhalb von Städten die lokalen Radverbindungen durch Fahrradstraßen realisiert werden. Besonderes Gewicht kommt der sicheren und komfortablen Erreichbarkeit von Einrichtungen für Kinder und Jugendliche zu.

(3) Zwischenörtlich können die lokalen Radverbindungen durch Markierungslösungen, wie Radfahrstreifen umgesetzt werden, sofern vom motorisierten Individualverkehr getrennte Radwege oder parallele Routen auf Fahrradstraßen voraussichtlich nicht vor dem Jahr 2035 eingerichtet werden können.

(4) Bei der Erschließung neuer Wohngebiete mit Einbindung in das Ergänzungsnetz oder Anbindung an das Hauptradverkehrsnetz sollen die Radverkehrsanlagen errichtet werden, bevor die Wohnungen bezugsfertig sind.

§ 11 Wirtschafts- und Betriebswege

(1) Geeignete Wirtschafts- und Betriebswege können durch das Land Nordrhein-Westfalen für eine Nutzung als Radverkehrsanlage ertüchtigt, für den Radverkehr freigegeben und mit wegweisender Beschilderung ausgestattet werden. Die Prüfung von Wirtschafts- und Betriebswegen auf die Eignung für die Nutzung als Radwege wird vom Land Nordrhein-Westfalen gefördert. Vor Freigabe eines Wirtschafts- und Betriebswegs als Radweg ist die Zustimmung der davon betroffenen Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer (Wegetrasse und angrenzender Bestand) einzuholen. Zielkonflikte mit anderen Nutzerinnen und Nutzern müssen dabei berücksichtigt und zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden.

(2) Die Planungsträger prüfen im Rahmen der Radverkehrsplanung, ob durch Vereinbarungen mit öffentlichen Trägern der Versorgungsinfrastruktur eine Öffnung ihrer Betriebswege oder anderer Wirtschaftswege im Sinne von Absatz 1 für den Radverkehr erreicht werden kann.

(3) Das Radfahren auf den als Radverkehrsanlagen ausgewiesenen Wirtschafts- und Betriebswegen geschieht im Hinblick auf natur- und waldtypische Gefahren auf eigene Gefahr. Durch die Ausweisung von Wirtschafts- und Betriebswegen als Radweg erwachsen den Grundeigentümerinnen und Grundeigentümern der Wege und der benachbarten Grundstücke keine zusätzlichen Verkehrssicherungspflichten.

§ 12 Einheitliche wegweisende Beschilderung von Radverkehrsanlagen

Die wegweisende Beschilderung von Radverkehrsanlagen in Nordrhein-Westfalen wird wie eine Beschilderung nach der Straßenverkehrs-Ordnung vom 06.03.2013 (BGBl. I S. 367) in der jeweils geltenden Fassung behandelt. Sie ist insoweit durch die Straßenverkehrsbehörde verkehrsrechtlich anzuordnen. Die Beschilderung der Radverkehrsanlagen ist nach den Hinweisen zur wegweisenden Beschilderung für den Radverkehr in Nordrhein-Westfalen auszuführen.

§ 13 Verknüpfung mit den Angeboten des Öffentlichen Personennahverkehrs

(1) Die Bahnhöfe und Haltepunkte des schienengebundenen Personenverkehrs (SPNV, U-Bahn, Straßenbahn, Schwebebahn), die zentralen Omnibusbahnhöfe sowie Haltepunkte des innerörtlichen und regionalen Busverkehrs sollen durch die Aufgabenträger bis zum Jahr 2030 mit einer für die Regelnutzung ausreichenden Zahl an Fahrradabstellplätzen ausgestattet werden.

(2) An aufkommensstarken Bahnhöfen und Haltepunkten sind im Bedarfsfall Fahrradsammelgaragen oder Fahrradparkhäuser für den ganztägigen Betrieb zu errichten und im Auftrag der Kommune oder der Zweckverbände des öffentlichen Personennahverkehrs zu betreiben; bei der Ansiedlung der Informations- und Serviceinfrastruktur sollen sie besonders berücksichtigt werden.

(3) Die Wege zwischen den Fahrradabstellplätzen und den Bahn- und Bussteigen sind so kurz wie möglich zu halten. § 4 Absatz (2) gilt entsprechend.

(4) Das für Verkehr zuständige Ministerium fördert den Bau von Fahrradabstellplätzen, Fahrradsammelgaragen und Fahrradparkhäusern nach den Absätzen (1) und (2).

(5) Angebote zur Mitnahme von Fahrrädern im öffentlichen Personennahverkehr sind durch die Aufgabenträger auszuweiten, soweit die technischen und wirtschaftlichen Grenzen der Kapazitätserhöhung in der Hauptverkehrszeit dies zulassen und die kombinierte Nachfrage nach Radverkehr und öffentlichem Personennahverkehr dadurch erhöht wird.

§ 14 Verknüpfung mit Angeboten der Fahrradvermietung

(1) Um ein ganzheitliches Angebot für den überörtlichen Verkehr zu schaffen, ist ein landesweites und nutzerfreundliches Netz aus Fahrradvermietstationen aufzubauen; vorhandene Systeme sind einzubinden, soweit dies möglich ist.

(2) Das Land kann die Finanzierung der Fahrradvermietstationen durch Rechtsverordnung regeln.

 

Unterabschnitt 3: Verkehrssicherheit

§ 15 Verkehrssicherheitsprogramm

(1) Das für Verkehr zuständige Ministerium erstellt innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes zur Verfolgung des Leitziels der Vision Zero ein alle Verkehrsträger und Verkehrsmittel umfassendes Verkehrssicherheitsprogramm.

(2) Das Verkehrssicherheitsprogramm wird jährlich durch das für Verkehr zuständige Ministerium fortgeschrieben.

(3) Das für Verkehr zuständige Ministerium fördert Maßnahmen zur Sicherheit im Verkehr.

§ 16 Radverkehrssicherheitsbericht und -leitfaden

(1) Für den Radverkehr enthält das Verkehrssicherheitsprogramm einen Radverkehrssicherheitsbericht sowie einen Radverkehrssicherheitsleitfaden.

(2) Der Radverkehrssicherheitsbericht enthält eine umfassende und systematische Analyse von Unfallursachen und benennt besondere Risikogruppen sowie eine besondere Betrachtung der Schulwege.

(3) Der Radverkehrssicherheitsleitfaden fasst die Handlungsschwerpunkte so zusammen, dass die jeweiligen Träger der Straßenbaulast diese bei der weiteren Ausgestaltung der Radverkehrsinfrastruktur berücksichtigen können.

(4) Bei der Erstellung des Radverkehrssicherheitsberichts werden insbesondere die Ergebnisse von Unfallkommissionen und der sonstigen Unfallforschung berücksichtigt. § 26 gilt entsprechend.

§ 17 Verkehrliche Gestaltung des öffentlichen Straßenraums; Sicherheitsaudits

(1) Die Radverkehrsinfrastruktur ist so zu gestalten, dass objektive Gefährdungen für den Radverkehr oder andere Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer möglichst vermieden werden; insbesondere sind Sichtbeziehungen an Kreuzungen freizuhalten und ausreichende Abstände zu wahren. Radverkehrsanlagen sind im Interesse ihrer Nutzbarkeit in den Abend- und Nachtstunden zu beleuchten, soweit dafür ein Bedarf besteht.

(2) Bei Neu-, Um- oder Ausbau- sowie Sanierungsmaßnahmen sind alle sicherheitsrelevanten Planungsunterlagen in jeder Planungsphase nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu prüfen, um Sicherheitsdefizite in der Planungsphase zu identifizieren.

§ 18 Radverkehrsführung bei Baumaßnahmen

(1) Während der Durchführung von Baumaßnahmen im öffentlichen Straßenraum stellen die Träger der Straßenbaulast eine sichere und möglichst barrierefreie Radverkehrsführung nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik sicher.

(2) Müssen Radverkehrsanlagen vollständig gesperrt werden, ist zu prüfen, ob der Radverkehr unter Ausnutzung der Restbreite der Fahrbahn auf dieser geführt werden kann. Ist dies nicht möglich, ist zu prüfen, ob es unter Berücksichtigung der örtlichen und verkehrlichen Bedingungen sinnvoll ist, für den motorisierten Verkehr Maßnahmen zu ergreifen, um dem Rad- und Fußverkehr die Breite der Fahrbahn anbieten zu können. Bei Bedarf sind geeignete Maßnahmen zu ergreifen.

§ 19 Abbiegeassistenz

(1) Das Land Nordrhein-Westfalen stattet innerhalb von fünf Jahren ab Inkrafttreten dieses Gesetzes alle landeseigenen Nutzfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 Tonnen und Kraftomnibusse mit mehr als neun Sitzplätzen einschließlich Fahrersitzplatz mit einem Abbiegeassistenzsystem aus, sofern dies im jeweiligen Einzelfall technisch realisierbar ist. Ein Abbiegeassistenzsystem im Sinne dieses Gesetzes ist ein technisches System, das die Fahrenden eines in Satz 1 beschriebenen Fahrzeugs auf nahende Radfahrende hinweist, die sich rechts des Fahrzeuges befinden und bei einem beginnenden Abbiegevorgang gefährdet werden würden. Der Hinweis wird als abstraktes Signal erwartet, zum Beispiel als Warnton oder als Warnleuchte. Das Abbiegeassistenzsystem muss die Anforderungen an die Funktion von Abbiegeassistenzsystemen, die in der Bekanntmachung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur „Empfehlungen zu technischen Anforderungen an Abbiegeassistenzsysteme für die Aus- und Nachrüstung an Nutzfahrzeugen > 3,5 Tonnen und Kraftomnibussen mit mehr als neun Sitzplätzen einschließlich Fahrerplatz zur Erteilung einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für Abbiegeassistenzsysteme“ vom 19.09.2018 (VkBl. 2018 S. 719) gestellt werden, erfüllen.

(2) Eine Förderung von Nutzfahrzeugen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 Tonnen und Kraftomnibussen mit mehr als neun Sitzplätzen einschließlich Fahrersitzplatz durch das Land Nordrhein-Westfalen ist nur möglich, wenn diese mit einem Abbiegeassistenzsystem im Sinne von Absatz 1 ausgestattet sind.

§ 20 Verkehrsüberwachung

Das für Verkehr zuständige Ministerium stellt Applikationen zur Verfügung, mit denen Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer den Ordnungsbehörden leichter Schäden und Störungen der Radverkehrsanlagen melden können.

 

Abschnitt 3: Radverkehrsplanung

§ 21 Instrumente und Konzeption der Radverkehrsplanung

(1) Die Radverkehrsplanung erfolgt durch Radverkehrspläne der verschiedenen Planungsträger, die eingebettet in integrierte Verkehrsentwicklungsplanung erstellt werden und deren Inhalte im Bedarfsplan für die Radverkehrsinfrastruktur im Land Nordrhein-Westfahlen zusammengeführt werden.

(2) Die Radverkehrsplanung ist dabei mit der Planung zur Siedlungs- und Wirtschaftsentwicklung sowie mit den einschlägigen Regional- und Flächennutzungsplänen abzustimmen.

(3) Die Landes- und Regionalplanung, die Bauleitplanung der Kommunen, Pläne zur Stadtentwicklung sowie Planungen und Entscheidungen über verkehrsrelevante Einrichtungen und Standorte haben die Erfordernisse des Radverkehrs und die in den örtlich und sachlich einschlägigen Radverkehrsplänen enthaltenen Ergebnis- und Handlungsziele im gesamten Planungsprozess einzubeziehen und zu berücksichtigen.

(4) Die Planungsträger fördern nachhaltige Mobilitätskonzepte für den Wirtschaftsverkehr und berücksichtigen dessen Belange bei Neu-, Um- oder Ausbau- sowie Sanierungsmaßnahmen der Radverkehrsinfrastruktur. Hierfür prüfen sie, inwieweit der innerstädtische Wirtschaftsverkehr mittels dezentraler Umschlagplätze erfolgen kann und wie die Verfügbarkeit von Lastenrädern gefördert werden kann.

§ 22 Vertikale und horizontale Abstimmung der Planung

(1) Die Gemeinden wirken auf ein zusammenhängendes Radverkehrsnetz im Gemeindegebiet, die Kreise auf ein zusammenhängendes überörtliches Radverkehrsnetz hin. Bei der Aufstellung von Radverkehrsplänen sind die Inhalte der angrenzenden Radverkehrspläne zu beachten; die Planungsträger wirken auf ein abgestimmtes Vorgehen hin.

(2) Die Gemeinden und Kreise sowie die regionalen Planungsträger erstellen ein baulastträgerübergreifendes Netzkonzept für den Radverkehr. Die regionalen Planungsträger begleiten dabei die Aufstellung der kommunalen Radverkehrspläne koordinierend. Die kommunale Netzentwicklung soll sich dazu in die Gegebenheiten und Erfordernisse der regionalen Netzentwicklung und diese in die Gegebenheiten und Erfordernisse der Entwicklung des Landesnetzes einfügen.

§ 23 Landesradverkehrsplan

(1) Das für Verkehr zuständige Ministerium erstellt innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes den Landesradverkehrsplan und schreibt diesen alle fünf Jahre nach dessen Erstellung fort. In Konkretisierung der Leitziele sowie des Abschnitts 2 dieses Gesetzes legt dieser Strategien sowie Ergebnis- und Handlungsziele zur Entwicklung des Radverkehrs von landesweiter Bedeutung und die daraus abzuleitenden Maßnahmen zur Netzentwicklung fest.

(2) Der Landesradverkehrsplan enthält insbesondere folgende Inhalte:

  1. landesweite Ergebnis- und Handlungsziele,
  2. landesweite Strategien zur Umsetzung der Ergebnis- und Handlungsziele,
  3. landesweite Regelwerke und Standards,
  4. Bedarf und Maßnahmen zur Entwicklung des Hauptradverkehrsnetzes für Radwege von landesweiter Bedeutung,
  5. Aussagen zur Koordination von Radvorrangrouten zwischen mehreren Regionen,
  6. Inhalte und Verfügbarkeiten der Informations- und Serviceinfrastruktur,
  7. Forschung und Entwicklung,
  8. landesweite Öffentlichkeitsarbeit,
  9. Kennzifferngestützter Erhaltungszustandsbericht für die Radverkehrsinfrastruktur in der Straßenbaulast des Landes,
  10. Fördervoraussetzungen für den Radverkehr in der Straßenbaulast der Kommunen sowie für die Verknüpfung mit den Angeboten des öffentlichen Personennahverkehrs,
  11. Aktualisierung des Bedarfsplans für die Radverkehrsinfrastruktur in Nordrhein-Westfalen.

§ 24 Regionale Radverkehrspläne

(1) Die regionalen Planungsträger erstellen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes jeweils einen regionalen Radverkehrsplan und schreiben diesen alle fünf Jahre nach dessen Erstellung fort. In Konkretisierung der Leitziele sowie des Abschnitts 2 dieses Gesetzes legen sie die jeweiligen regionalen Strategien zur Entwicklung des Radverkehrs von regionaler Bedeutung und die daraus abzuleitenden Maßnahmen zur Netzentwicklung fest. Regionale Bedeutung haben Radverkehre, die das Gebiet einer Kommune überschreiten, aber keine landesweite Bedeutung haben.

(2) Die regionalen Radverkehrspläne enthalten insbesondere folgende Inhalte:

  1. regionale Ergebnis- und Handlungsziele,
  2. regionale Strategien zur Umsetzung der Ergebnis- und Handlungsziele,
  3. Bedarf und Maßnahmen zur Entwicklung des Netzes für Radverkehrsanlagen von regionaler Bedeutung,
  4. Aussagen zur Koordination von Radvorrangrouten zwischen Kommunen,
  5. Inhalte und Verfügbarkeit der Informations- und Serviceinfrastruktur,
  6. regionale Öffentlichkeitsarbeit,
  7. Kennzifferngestützter Erhaltungszustandsbericht der Radverkehrsinfrastruktur, die nicht in der Straßenbaulast des Landes liegt (soweit nicht Teil der kommunalen Radverkehrspläne),
  8. Aktualisierung des Bedarfsplans für die Radverkehrsinfrastruktur in Nordrhein-Westfalen.

§ 25 Kommunale Radverkehrspläne

(1) Die Kreise, kreisfreien Städte sowie die großen kreisangehörigen Städte erstellen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes jeweils einen kommunalen Radverkehrsplan und schreiben diesen alle fünf Jahre nach dessen Erstellung fort. In Konkretisierung der Leitziele sowie des Abschnitt 2: 2 dieses Gesetzes legen sie die jeweiligen kommunalen Strategien zur Entwicklung des Radverkehrs von kommunaler Bedeutung und die daraus abzuleitenden Maßnahmen zur Netzentwicklung fest. Kommunale Bedeutung haben Radverkehre, die das Gebiet der Kommune nicht überschreiten. Die kommunalen Radverkehrspläne müssen im Einklang mit kommunalen Verkehrsentwicklungsplänen stehen und sollen zeitgleich mit diesen aufgestellt werden.

(2) Die kommunalen Radverkehrspläne enthalten insbesondere folgende Inhalte:

  1. kommunale Ergebnis- und Handlungsziele,
  2. kommunale Strategien zur Umsetzung der Ergebnis- und Handlungsziele,
  3. Bedarf und Maßnahmen zur Entwicklung des Netzes von Radverkehrsanlagen von lokaler Bedeutung,
  4. kommunale Öffentlichkeitsarbeit,
  5. außerschulische Mobilitätsbildung,
  6. Kennzifferngestützter Erhaltungszustandsbericht der Radverkehrsinfrastruktur in der Straßenbaulast der Kommune (soweit nicht Teil der regionalen Radverkehrspläne),
  7. Aktualisierung des Bedarfsplans für die Radverkehrsinfrastruktur in Nordrhein-Westfalen.

§ 26 Öffentlichkeitsbeteiligung

(1) Die Öffentlichkeit ist bei der Erstellung und Umsetzung der Radverkehrspläne in geeigneter Weise zu beteiligen. Fachleute aus Politik, Verwaltung, Hochschulen, Wirtschaft und Verbänden sollen einbezogen werden.

(2) Die Interessen aller von der Planung betroffenen Menschen sind zu berücksichtigen. Die Beteiligung ist unabhängig von Alter, Geschlecht, Einkommen und persönlichen Mobilitätsbeeinträchtigungen sowie von Lebenssituation, Herkunft und individueller Verkehrsmittelverfügbarkeit zu ermöglichen.

(3) Das Format der Beteiligung gewährleistet eine repräsentative Auswahl der Beteiligten und eine gleichrangige Teilhabe. Die Zusammensetzung der Beteiligten sowie die Eignung der eingesetzten Formate und Medien sind regelmäßig in Bezug auf die Ausrichtung auf Mitwirkung und auf die Erhöhung von Transparenz und Akzeptanz zu prüfen.

§ 27 Bedarfsplan

(1) Die sich aus den jeweils gültigen Radverkehrsplänen ergebenden Kerninformationen werden im Bedarfsplan für die Radverkehrsinfrastruktur Nordrhein-Westfalens zusammengeführt. Bei den Kerninformationen handelt es sich um Kennziffern und Angaben zu folgenden Zielen:

  1. Anteil des Radverkehrs an Verkehrsleistung und Verkehrsaufkommen im jeweiligen Plangebiet und Zielwerte für diese Anteile zum Ende des jeweiligen Planungszeitraums,
  2. Zielnetz bis 2050 und Netzentwicklung im Zeithorizont von fünf und zehn Jahren für Radverkehrsanlagen,
  3. Kurz- und mittelfristig geplante Investitionsmaßnahmen in die Radverkehrsinfrastruktur inklusive der erwarteten Anschaffungs- und Herstellungskosten,
  4. Kennziffern zu Erhaltungszustand und zur Nutzbarkeit der Radverkehrsinfrastruktur.

(2) Die Planungsträger pflegen die in Absatz 1 genannten Kerninformationen ihrer jeweiligen Radverkehrspläne sowie die Ergebnisse der Monitoring- und Sachstandsberichte in eine vom für die Radverkehrsinfrastruktur zuständigen Landesbetrieb bereitgestellte Internetseite ein.

(3) Für Radverkehrsanlagen in der Straßenbaulast des Landes wird auf Grundlage des Bedarfsplans ein Ausbauplan erstellt. § 2 bis § 5 des Gesetzes über den Bedarf und die Ausbauplanung der Landesstraßen in der Fassung der Bekanntmachung vom 20.04.1993 (GV. NRW. S. 297), das zuletzt durch Art. 1 des Gesetzes vom 12.12.2006 (GV. NRW. 2007 S. 92) geändert worden ist, gelten in der jeweils geltenden Fassung entsprechend.

§ 28 Sachstandsbericht; Monitoringbericht

(1) Die Planungsträger erstellen jeweils jährliche Sachstandsberichte zu den realisierten Maßnahmen der Netzerweiterung im Abgleich zu den geplanten Maßnahmen sowie zur Entwicklung des generellen Zustands der Radverkehrsinfrastruktur und, soweit vorhanden, zu den Angaben zur Nutzung des Fahrrades.

(2) Die Planungsträger erstellen rechtzeitig vor der Fortschreibung eines Radverkehrsplans einen Monitoringbericht. In diesem wird die Wirksamkeit der Strategien zur Erreichung der Leitziele und des Abschnitt 2: dieses Gesetzes, der Ergebnis- und Handlungsziele sowie die Realisierung der geplanten Maßnahmen überprüft.

(3) Sachstands- und Monitoringberichte sind in einer Weise in den Internetauftritten der jeweiligen Planungsträger zu veröffentlichen, die die Mitteilung von Anregungen und Kritik an diesen ermöglicht. Über Anregungen und Kritik ist im nachfolgenden Sachstandsbericht zu berichten.

 

Abschnitt 4: Übergeordneter Planungsrahmen

§ 29 Integrierte Verkehrsentwicklungsplanung

(1) Die geplante Entwicklung aller Verkehrsmittel im Personen- und Güterverkehr wird von den Planungsträgern über eine den Fußverkehr, den Radverkehr, den öffentlichen Personennahverkehr sowie den motorisierten Individualverkehr integrierende Verkehrsentwicklungsplanung gesteuert.

(2) Im Wege der integrierten Verkehrsentwicklungsplanung werden die langfristig anzustrebenden Anteile der verschiedenen Verkehrsmittel am Gesamtverkehr sowie der jeweils erwartete Beitrag der angestrebten Verkehrsentwicklung zum Klimaschutz und zur Verkehrssicherheit für den Verantwortungsbereich des jeweiligen Planungsträgers festgelegt. Weitere dem Zweck des Gesetzes dienende Zielstellungen können im Ergebnis integrierter Verkehrsentwicklungsplanung festgelegt werden.

(3) Aus den gemäß Absatz 2 festgelegten Zielstellungen für die Entwicklung des Verkehrs werden in der Verantwortung des jeweiligen Planungsträgers liegende Strategien, Instrumente und Maßnahmen zur Zielerreichung entwickelt. Soweit es sich nicht um Planinhalte mit Querschnittsbezug handelt, sind sie den verschiedenen Verkehrsmitteln zuzuordnen und dienen als Grundlage für die verkehrsmittelspezifischen Planungen.

(4) Konfliktlagen zwischen den Verkehrsträgern sind im Wege der integrierten Verkehrsplanung zu identifizieren, zu bewältigen und durch geeignete Vorgaben für die verkehrsmittelspezifischen Planungen aufzulösen. Im Übrigen ist die strategische Umweltprüfung ein geeigneter Prozess, um derartige Konflikte frühzeitig zu identifizieren und zu lösen. Maßnahmen der verkehrsmittelspezifischen Planungen dürfen nur mit Landesmitteln gefördert werden, wenn diese nicht im Widerspruch zu entsprechenden Planungen anderer Verkehrsmittel stehen.

§ 30 Übergreifende Instrumente zur Konfliktlösung

(1) Die Planungsträger etablieren jeweils beratende Beiräte, um planerische Konflikte unterschiedlichster Art so früh wie möglich zu identifizieren und auflösen zu können. Die Beiräte sollen zudem Schwierigkeiten der Umsetzungsplanung bewältigen können.

(2) Der Beirat auf Landesebene koordiniert auf Anfrage die Bedarfs- und Ausführungsplanung von Radverkehrsanlagen, bei deren Streckenführung verschiedene regionale Planungsträger beteiligt sind oder sein sollen, und bei denen zwischen den regionalen Planungsträgern kein Einvernehmen in der Planung erreicht werden konnte.

(3) In diesen Beiräten sollen der für die Radverkehrsinfrastruktur zuständige Landesbetrieb, die kommunalen Baulastträger für Radverkehrsanlagen sowie Vertreterinnen und Vertreter der regionalen Kompetenzzentren Radmobilität, der Polizei und Feuerwehr, die Interessenverbände des Radverkehrs und der Zivilgesellschaft sowie wissenschaftliche Expertise eingebunden werden. Soweit Belange des öffentlichen Personennahverkehrs betroffen sind, sollen die betroffenen Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen sowie deren Interessensverbände eingebunden werden.

§ 31 Förderung von Multimodalität und Umweltverbund

(1) Bei der Gestaltung von Verkehrsinfrastruktur soll insbesondere im städtischen Umfeld neben ihrer funktionalen auch die soziale, stadtkulturelle, architektonische, denkmalpflegerische, historische oder klimawirksame Bedeutsamkeit berücksichtigt werden.

(2) Der Umweltverbund ist entsprechend der Stärken der verschiedenen Verkehrsmittel zu entwickeln. Der Umweltverbund ist durch geeignete Maßnahmen, wie die Straßenraumgestaltung und die Organisation des Verkehrsflusses, zu fördern. Bei Neu-, Um- oder Ausbau- sowie Sanierungsmaßnahmen sollen Straßen von außen nach innen geplant werden. Zur Reduzierung der vom Radverkehr ausgehenden Risiken sind Rad- und Fußverkehr grundsätzlich getrennt zu führen.

(3) Insbesondere zur Verknüpfung der verschiedenen Verkehrsarten im Sinne der Multimodalität sollen weitere Mobilstationen gebaut werden. Dabei ist die Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderung und Menschen mit eingeschränkter Mobilität zu gewährleiten. In größeren Mobilstationen soll das Angebot neben der Vermietung von Fahrrädern und Elektrokleinstfahrzeugen auch Carsharing umfassen. Dieses soll insbesondere lagegünstig zum öffentlichen Personennahverkehr, auf Park-and-Ride-Anlagen geschehen. Die Angebote an den Mobilstationen sind in die Auskunfts- und Vertriebssysteme der Verkehrsverbünde (Mobilitätsplattform) einzubinden.

§ 32 Absicherung der Planung

(1) Die Umsetzung der in der Verkehrsentwicklungsplanung gemäß § 29, den Radverkehrsplänen gemäß Abschnitt 3 oder den Nahverkehrsplänen und dem ÖPNV-Bedarfsplan gemäß § 7 und § 8 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 07.03.1995 (GV. NW. S. 196), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 19.12.2019 (GV. NRW. S. 1046) geändert worden ist, konkretisierten Verkehrsinfrastruktur des mittel- und langfristigen Bedarfs ist durch Festlegung von Entwicklungsvorgaben und Zweckbestimmungen für die Infrastruktur in der jeweils einschlägigen Landes- und Regionalplanung darzustellen und planerisch zu sichern. Dieses betrifft insbesondere das Hauptradverkehrsnetz von landesweiter Bedeutung. § 34 und § 35 des Landesplanungsgesetzes Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 03.05.2005 (GV. NRW. S. 430), das zuletzt durch Art. 8a Gesetzes vom 14.04.2020 (GV. NRW. S. 218b) geändert worden ist, gelten in der jeweils geltenden Fassung entsprechend.

(2) Zusätzliche Verkehrsinfrastruktur mit regionaler oder landesweiter Bedeutung ist landesplanerisch abzusichern; eine Bündelung mit Verkehrstrassen erfolgt, soweit dies nicht dem Ziel der Förderung des Umweltverbundes widerspricht.

 

Abschnitt 5: Organisation und Finanzierung

§ 33 Regionale Planungsträger; Regionale Kompetenzzentren Radmobilität

(1) Für die Erfüllung der Aufgaben der regionalen Planungsträger nach diesem Gesetz gilt § 9 Landesplanungsgesetz Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 03.05.2005 (GV. NRW. S. 430), das zuletzt durch Art. 8a Gesetzes vom 14.04.2020 (GV. NRW. S. 218b) geändert worden ist, gilt in der jeweils geltenden Fassung entsprechend.

(2) Bei jedem regionalen Planungsträger ist ein Kompetenzzentrum Radmobilität einzurichten, um die Erfüllung der in § 22 enthaltenen Koordinierungsaufgaben zu gewährleisten.

§ 34 Finanzierungsverantwortung

(1) Das Land trägt die Kosten für die in seiner Straßenbaulast liegenden Radschnellverbindungen des Landes sowie die Radverkehrsanlagen mit landesweiter Bedeutung.

(2) Die Kommunen tragen für die in ihrer Straßenbaulast liegenden Radverkehrsanlagen die Kosten.

(3) Die Regelungen zum Bau und zum Unterhalt von Straßen des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen vom. 23.09.1995 (GV. NRW. S. 1028, ber. 1996 S. 81, 141, 216, 355; 2007 S. 327), das zuletzt durch Art. 4 des Gesetzes vom 26.03.2019 (GV. NRW. S. 193) geändert wurde, gelten in der jeweiligen Fassung entsprechend. Die Kostentragung für die überörtliche Netzentwicklung entspricht der des Straßen- und Wegegesetzes Nordrhein-Westfalen.

§ 35 Haushaltsmittel für die kommunale und regionale Verkehrsplanung

(1) Das Land Nordrhein-Westfalen gewährt den Kommunen und regionalen Planungsträgern für die ihnen durch dieses Gesetz neu hinzu gekommenen Planungsaufgaben einen pauschalisierten finanziellen Ausgleich in Höhe von jeweils einem Euro pro Einwohner der Kommune beziehungsweise der Region und Jahr.

(2) Die Ausgleichzahlungen sind vorrangig für die Aufstellung der Radverkehrspläne, für die Erstellung der Sachstands- und Monitoringberichte sowie für Kommunikation zu verwenden. Verbleibende Mittel sind vorrangig zur Vor- und Ausführungsplanung zu verwenden, nachrangig zur Umsetzung von Radverkehrsinfrastrukturprojekten.

§ 36 Fördermittel des Landes Nordrhein-Westfalen für den Radverkehr

(1) Das Land Nordrhein-Westfalen fördert die Öffentlichkeitsarbeit der kommunalen und regionalen Planungsträger gemäß § 8 mit einem Euro pro Einwohner und Jahr.

(2) Das Land Nordrhein-Westfalen fördert Radvorrangrouten.

(3) Das Land Nordrhein-Westfalen fördert die Verknüpfung des Radverkehrs mit den Angeboten des öffentlichen Personennahverkehrs sowie des Schienenpersonennahverkehrs durch die kommunalen und regionalen Planungsträger mit einem Betrag von mindestens einem Euro pro Einwohner der Kommune beziehungsweise der Region und Jahr.

(4) Das Land fördert den Bau von Fahrradabstellplätzen im öffentlichen Verkehrsraum sowie an Haltestellen des öffentlichen Personennahverkehrs, den Bau von Mobilstationen sowie den Bau von Fahrradstationen.

(5) Es gelten die Fördervoraussetzungen des Landesradverkehrsplans.

§ 37 Institutionelle Förderung

(1) Das für Verkehr zuständige Ministerium fördert die Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW e.V. nach Maßgabe der im Haushaltsplan jährlich vorgesehenen Finanzmittel institutionell.

(2) Das Land Nordrhein-Westfalen fördert das Zukunftsnetz Mobilität NRW.

(3) Das Land Nordrhein-Westfalen fördert den Deutsche Verkehrswacht Landesverkehrswacht Nordrhein-Westfalen e.V. nach Maßgabe der im Haushaltsplan jährlich vorgesehenen Finanzmittel institutionell.

 

Artikel 2:

Änderung des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen

Das Straßen- und Wegegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.09.1995 (GV. NRW. S. 1028, ber. 1996, S. 81, S. 141, S. 216,

  1. 355, ber. 2007, S. 327), das zuletzt durch Art. 4 des Gesetzes vom 26.03.2019 (GV. NRW. S. 193) geändert worden ist, wird wie folgt geändert.
  2. Nach § 9 Absatz 1 Satz 1 wird folgender Satz eingefügt: „Bei Radschnellverbindungen des Landes umfasst die Straßenbaulast die Beleuchtung.“
  3. § 43 Absatz 2 wird wie folgt gefasst: „Die Aufgaben des Trägers der Straßenbaulast für die Landesstraßen werden vom Landesbetrieb Straßenbau, die für die Radschnellverbindungen des Landes durch den für die Radverkehrsinfrastruktur zuständigen Landesbetrieb wahrgenommen.“
  4. § 49 wird aufgehoben.
  5. § 55 wird wie folgt geändert:

(a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst: „§ 55 Bautechnische Regelungen und Leitfäden“.

(b) Nach § 55 Satz 2 wird folgender Satz eingefügt: „Das für Straßenwesen zuständige Ministerium kann auf Grundlage der bautechnischen Regelungen gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW e.V. Leitfäden zur Standardisierung der Planung, des Baus und des Betriebs der Radverkehrsanlagen erstellen.“

  1. § 56 Absatz 2 Nummer 1 wird wie folgt gefasst: „für Landesstraßen vom Landesbetrieb Straßenbau, für Radschnellverbindungen des Landes vom für die Radverkehrsinfrastruktur zuständigen Landesbetrieb, soweit nicht die Gemeinden Träger der Straßenbaulast für Ortsdurchfahrten sind;“.

 

Artikel 3:

Änderung des Landesplanungsgesetzes Nordrhein-Westfalen

Das Landesplanungsgesetz Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 03.05.2005 (GV. NRW. S. 430), das zuletzt durch Art. 8a Gesetzes vom 14.04.2020 (GV. NRW. S. 218b) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

  • 9 wird wie folgt geändert:

(a) In Absatz 4 Satz 1 werden nach dem Wort „Landesentwicklungsplans“ die Wörter „, der regionalen Radverkehrspläne“ eingefügt.

(b) In Absatz 4 Satz 2 werden nach dem Wort „Straßenbau“ die Wörter „und dem für die Radverkehrsinfrastruktur zuständigen Landesbetrieb“ eingefügt.

(c) In Absatz 4 Satz 3 werden nach dem Wort „Straßenbau“ die Wörter „und dem für die Radverkehrsinfrastruktur zuständigen Landesbetrieb“ eingefügt.

 

Artikel 4:

Änderung des Gesetzes über die Reinigung öffentlicher Straßen

Das Gesetz über die Reinigung öffentlicher Straßen in der Fassung der Bekanntmachung vom 18.12.1975 (GV. NRW. S. 706, ber. 1976 S. 12), das zuletzt durch Art. 3 des Gesetzes vom 25.10.2016 (GV. NRW. S. 868) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

  1. In § 1 Absatz 3 Satz 1 werden die Wörter „Landesbetrieb Straßenbau“ durch die Wörter „für die Radverkehrsinfrastruktur zuständige Landesbetrieb“ ersetzt.
  2. In § 2 Satz 1 werden nach dem Wort „Nordrhein-Westfalen“ die Wörter

„beziehungsweise dem für die Radverkehrsinfrastruktur zuständigen Landesbetrieb“ eingefügt.

 

Artikel 5: Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1.1.2022 in Kraft.

 

Begründung

A. Allgemeiner Teil

Das Rad stellt innerhalb der zur Verfügung stehenden Verkehrsmittel eine für die Fahrenden gesundheitsfördernde und klimafreundliche Alternative dar, die auch in städtischen Ballungszentren zur Verringerung der Lärm- und Luftbelastung sowie zur Klimaneutralität beiträgt und den begrenzten Flächenkapazitäten in diesen Rechnung trägt. Die Initiative „Aufbruch Fahrrad“ formulierte vor diesem Hintergrund Maßnahmen, deren Umsetzung den Radverkehr im Land Nordrhein-Westfalen fördern und eine Mobilitätswende einleiten sollen.

Diese Ziele und Maßnahmen der Initiative „Aufbruch Fahrrad“ werden im Gesetz aufgegriffen. Um den Anteil des Radverkehrs am Modalsplit zu erhöhen, bedarf es insbesondere einer gut ausgebauten Radverkehrsinfrastruktur. Das Gesetz sieht daher einen landesweiten Mindestwert vor, der als Ziel der Planungen zugrunde zu legen ist. Die Planungsträger können darüber hinausgehende Ziele verfolgen. Im Landesradverkehrsplan wird – unter Begleitung eines fachlichen Beirats – festgelegt, bis wann die Ziele zu erreichen sind.

Eine Planung dieser Radverkehrsinfrastruktur im Wege der integrierten Verkehrsentwicklungsplanung soll dabei negativen Wechselwirkungen, die den Ausbauzielen zuwiderlaufen, vorbeugen. Die Radverkehrsplanung ist dabei auch in anderen Planungsbereichen abzusichern. Soll der Radverkehr gestärkt werden, sind auch die übrigen Verkehre des Umweltverbunds zu stärken und stärker miteinander zu verknüpfen. Ein wesentliches Element ist dabei die Planung des öffentlichen Straßenraums von außen nach innen, von Gehwegen über Radverkehrsanlagen hin zur Fahrbahn für den motorisierten Individualverkehr. Ein weiterer Aspekt für die Steigerung des Radverkehrs im Land Nordrhein-Westfalen ist zudem die Erhöhung der Sicherheit. Das Gesetz formuliert daher das Ziel der sog. „Vision Zero“ und stellt Anforderungen an die Radverkehrsinfrastruktur auf.

Als Instrumente der Planung sollen die Radverkehrspläne sowie der Bedarfsplan den zeitnahen Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur fördern. Die Planung hat anhand der im Gesetz benannten Leitziele und der konkretisierten Anforderungen an die Radverkehrsinfrastruktur zu erfolgen, die damit auch die Vorgaben des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen konkretisieren. Um das außerhalb staatlicher Institutionen befindliche Mobilitätswissen sowie die Fachöffentlichkeit einzubinden und um die Akzeptanz der Planungen zu erhöhen, erfolgt die Aufstellung der Radverkehrspläne unter Beteiligung der Öffentlichkeit.

Im Zusammenhang mit der Einführung des Radverkehrsgesetzes ergeben sich Änderungen im Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen, im Landesplanungsgesetz Nordrhein-Westfalen sowie im Gesetz über die Reinigung öffentlicher Straßen.

Die Kosten für die Radverkehrspläne sind im Budget vorzusehen. Dabei sind jeweils die erforderlichen Anteile auszuweisen, um die in den nächsten fünf und zehn Jahren notwendigen Maßnahmen umsetzen zu können. Der Landtag des Landes Nordrhein-Westfalens entscheidet darüber durch Verpflichtungsermächtigung, zusammen mit dem Beschluss des Landesradverkehrsplans.

Bis zum Jahr 2035 sind im Landeshaushalt Mittel in Höhe von € 90 Mio. jährlich für die Umsetzung von investiven Maßnahmen aus dem Bedarfsplan zur Verfügung zu stellen. In einer Höhe von durchschnittlich € 60 Mio. jährlich sind diese in Radschnellverbindungen des Landes zu investieren. Das Land Nordrhein-Westfalen ruft zusätzliche Bundesmittel gemäß § 5b Bundesfernstraßengesetz auf. Durch Fördermittel investiert das Land Nordrhein-Westfalen durchschnittlich weitere € 30 Mio. in ausgewählte Radvorrangrouten mit landesweiter Netzwirkung sowie in regionale und kommunale Hauptradwege.

Die Kosten für die im Gesetz vorgesehene Aus- und Nachrüstung der landeseigenen Nutzfahrzeuge mit einem Abbiegeassistenzsystem werden auf € 1,4 Mio. geschätzt.

Die konnexitätsrechtlichen Rahmenbedingungen wurden berücksichtigt. Die Kostenschätzung nach § 3 Konnexitätsausführungsgesetz ergibt Kosten in Höhe von 108 Mio. € und liegt dem Gesetzesentwurf bei. Er berücksichtigt die Verpflichtung der Kommunen und regionalen Planungsträger, mindestens einmal pro Legislaturperiode Radverkehrspläne, jährliche Sachstandsberichte zur Umsetzung des jeweiligen Radverkehrsplans sowie die Erstellung eines Monitoringberichts im Vorfeld des Radverkehrsplans aufzustellen. Außerdem sind darin Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit der Kommunen und Regionalverbände sowie für die Verknüpfung des Radverkehrs mit den Angeboten des öffentlichen Personennahverkehrs sowie des Schienenpersonennahverkehrs. Ein Belastungsausgleich in pauschalisierter Form ist vorgesehen.

Das Gesetz tritt am 1.1.2022 in Kraft.

 

B. Besonderer Teil

Zu A. Artikel 1: (Radverkehrsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen)

Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften

Zu § 1

Der Gesetzeszweck wird festgelegt. In Absatz 2 werden Ziele definiert, um den Gesetzeszweck zu erreichen. Die Ziele greifen die Maßnahmen der Initiative „Aufbruch Fahrrad“ auf, beispielsweise durch die gesetzliche Verankerung der sog. „Vision Zero“. Bei den in Absatz 2 genannten Zielen handelt es sich nicht um eine abschließende Aufzählung.

Zu § 2

Die für das Gesetz relevanten Begriffe werden definiert, soweit keine anderweitige gesetzliche Definition vorhanden ist.

Zentral sind die Begriffe der Radverkehrsinfrastruktur sowie der Radverkehrsanlagen. Die Definition der Radverkehrsanlagen stellt klar, dass auch Radwege ohne Benutzungspflicht, für den Radverkehr freigegebene Gehwege sowie Schutzstreifen für Radfahrende als Radverkehrsanlagen im Sinne des Gesetzes anzusehen sind, wenn sie im Radverkehrsplan als solche ausgewiesen sind. Dieses ist vorzusehen, wenn diese Radverkehrsanlagen bzw. die freigegebenen Gehwege der aktuellen und/oder der im Radverkehrsplan zukünftig angestrebten Nachfrage angemessen sind bzw., wenn die Straßensituation in ihrer Gesamtheit nur die Einrichtung von Schutzstreifen und nicht von Radfahrstreifen ermöglicht. Dies ist gerade in topografisch schwierigen Landesteilen mit zu engen Straßenräumen für separate Radwege bzw. Radfahrstreifen der Fall, wo Schutzstreifen das „Recht auf Straße“ der Radfahrenden unterstreichen und einen Anreiz für die Nutzung von E-Bikes/Pedelecs schaffen.

Der Begriff der Planungsträger umfasst die Akteurinnen und Akteure, die durch das Gesetz zur Planung, insbesondere zur Radverkehrsplanung, verpflichtet werden. Die kreisangehörigen Gemeinden sollen darüber hinaus im Rahmen ihrer Planungshoheit den Radverkehr als Baulastträger fördern.

Der Begriff der großen Kreisangehörigen Stadt entspricht der Begriffsverwendung in der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen.

Zu § 3

Die Vorschrift leitet den Abschnitt 2 ein, in dem die Anforderungen an die Radverkehrsinfrastruktur weiter konkretisiert werden. Mit den ausformulierten Anforderungen an die Radverkehrsanlagen wird verdeutlicht, dass das Fahrrad als attraktives Verkehrsmittel gestärkt werden soll, um den Anteil am Modalsplit zu erhöhen. So soll das Fahrrad in ganz Nordrhein-Westfalen für jede Person eine Alternative in der Verkehrsmittelwahl darstellen, unabhängig von Alter und etwaigen Einschränkungen. Die ganzjährige Nutzungsmöglichkeit betrifft insbesondere Einschränkungen durch Schnee und Eis. Um die Nutzungsmöglichkeit zu gewährleisten, ist daher für das Hauptradverkehrsnetz sowie für die wichtigsten schulischen Radverbindungen ein prioritärer Winterdienst vorzusehen. Die in Absatz 1 genannten Anforderungen, insbesondere die durchgehenden Radverkehrsanlagen und die daraus resultierende Verringerung der Fahrzeiten, werden durch die Regelungen zur Erhaltung in

Absatz 2 ergänzt. Die im Straßen- und Wegegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen enthaltenen qualitativen Anforderungen an die Straßenbaulast, insbesondere die Pflicht des Straßenbaulastträgers, Straßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, um- und auszubauen, zu erhalten oder sonst zu verbessern oder zu unterhalten, werden in Bezug auf die Radverkehrsanlagen lediglich konkretisiert, bleiben im Übrigen jedoch erhalten.

Die flächendeckende Errichtung von Fahrradabstellplätzen war eine von der Initiative „Aufbruch Fahrrad“ geforderte Maßnahme und stellt eine wesentliche Anforderung an die Radverkehrsinfrastruktur dar. Neben den Haltestellen des öffentlichen Personennahverkehrs sind diese insbesondere in zentralen Lagen zu errichten, etwa Stadtzentren oder Point of Interests, die einen erhöhten An- und Abfahrtsbedarf auslösen. Diese sollen lagegünstiger als Parkplätze errichten werden.

In Absatz 2 werden funktionale Anforderungen an die Abstellmöglichkeiten gestellt. Im Rahmen der Nutzerfreundlichkeit ist auf eine alle Altersgruppen ansprechende und in Bezug auf den physischen Abstellaufwand bequeme Ausgestaltung zu achten. Das Behindertengleichstellungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen ist dabei zu berücksichtigen.

Durch Absatz 3 wird das Land Nordrhein-Westfalen seiner Vorbildfunktion gerecht, indem es an Einrichtungen des Landes Fahrradabstellplätze schafft. Absatz 4 weitet diesen Anwendungsbereich auf die Liegenschaften aus.

Zu § 5

Die Vorschrift dient der weiteren Verbesserung der Radverkehrsinfrastruktur in Hinblick auf Lasten- und Spezialräder. Durch die Verlagerung des Verkehrs auf emissionsarme Alternativen soll – im Sinne der Initiative „Aufbruch Fahrrad“ – die Lärm- und Abgasbelastung reduziert und die gerade in den städtischen Ballungsräumen nur begrenzt verfügbaren öffentlichen Flächen entlastet werden.

Zu § 6

Die Vorschrift formuliert das Ziel eines flächendecken Mietfahrradangebots an die Städte. Durch die Möglichkeit der Anmietung von Lastenrädern für bestimmte Zwecke wird die Abhängigkeit von Personenkraftwagen weiter reduziert.

Zu § 7

Die in der Vorschrift genannte Informations- und Serviceinfrastruktur des Radverkehrs soll den Radverkehr attraktiver gestalten und Interessierte informieren. Die Inhalte, die sich auf sämtliche vom Begriff der Radverkehrsinfrastruktur umfassten Bereiche beziehen können, sind anschaulich und gut auffindbar aufzubereiten.

Die für die Serviceinfrastruktur in Frage kommenden Orte („Orte mit relevantem Bedarf“) ergeben sich aus den Radverkehrsplänen; insbesondere kommen die Verknüpfungen mit dem öffentlichen Personennahverkehr sowie das Hauptradverkehrsnetz in Betracht. Wird Ladeinfrastruktur für motorisierte Fahrzeuge im öffentlichen Raum errichtet, soll diese Ladevorgänge von E-Bikes ermöglichen, soweit dies technisch möglich ist und die Sicherheit der am Verkehr Teilnehmenden nicht beeinträchtigt wird. Dadurch soll im Sinne der Initiative „Aufbruch Fahrrad“ ein öffentliches Netz an Lademöglichkeiten für E-Bikes geschaffen werden. Eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit kann insbesondere dann vorliegen, wenn aufgrund der örtlichen Verhältnisse durch den Ladevorgang das sichere Fortkommen auf den Rad- oder Fußverkehrsanlagen behindert würde.

Zu § 8

Durch die Vorschrift wird das Land im Sinne der Initiative „Aufbruch Fahrrad“ verpflichtet, mit den Instrumenten der Öffentlichkeitsarbeit den Status und das Image des Radverkehrs zu verbessern. Gleichzeitig sieht das Gesetz Aus- und Fortbildungen vor, um die Fachkunde in der Verwaltung weiter auszubauen.

Ergänzt werden diese Vorgaben durch eine Regelung zu schulischen und außerschulischen Bildungsangeboten.

Zu § 9

Die Vorschrift, die den Unterabschnitt 2 einleitet, konkretisiert die Ausbauziele des Hauptradverkehrsnetzes auf Gesetzesebene, gestaffelt nach Ober-, Mittel- und Grundzentren. Die Vorschrift greift damit die Ausbauziele, die im Rahmen der Initiative „Aufbruch Fahrrad“ formuliert wurden, auf und konkretisiert diese.

Zu § 10

Parallel zur vorgenannten Vorschrift wird das Ausbauziel hinsichtlich des Ergänzungsnetzes definiert. Die Begriffe „Ergänzungsnetz“ und „lokale Radverbindungen“ können synonym gebraucht werden. Durch die Berücksichtigung der Belange unterschiedlicher Nutzergruppen wird die duale Netzplanung auf Gesetzesebene verankert; so kann der Radverkehr unterschiedlich routinierter Nutzergruppen auf Hauptstraßen einerseits, wie auf ruhigen und verkehrsarmen Parallelrouten andererseits, realisiert werden. In Absatz 2 und 3 wird hervorgehoben, wie die Umsetzung dieses Ergänzungsnetzes erfolgen soll. Innerorts kommt der Erreichbarkeit von Einrichtungen für Kinder und Jugendliche ein besonderes Gewicht zu.

Zu § 11

Das Bestandsnetz der Wirtschafts- und Betriebswege wird bereits heute vielfach als Radweg genutzt. Ziel soll künftig sein, geeignete Wirtschafts- und Betriebswege – wo nötig und möglich – für eine Nutzung als Radwege zu ertüchtigen, möglichst umfassend für den Radverkehr freizugeben und mit wegweisender Beschilderung auszustatten. Durch die ergänzende Nutzung der Wirtschafts- und Betriebswege als Radwege kann das Radwegenetz schnell vorangetrieben werden und umfasst zusätzliche Kilometer, die dem Radverkehr zu Gute kommen. Auf den Wirtschafts- und Betriebswegen sind die Radfahrerinnen und Radfahrer weniger Gefahren ausgesetzt, als wenn sie ohne Schutz- oder Fahrradstreifen auf einer größeren Straße zusammen mit dem Kraftfahrzeugverkehr fahren müssen. Die Wirtschafts- und Betriebswege können auch als Zwischenlösung genutzt werden, bis ein separater Radweg angelegt ist. Bevor ein Wirtschafts- und Betriebsweg als Radweg freigegeben wird, sind die Zustimmungen der davon betroffenen Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer (Wegetrasse und angrenzender Bestand) einzuholen, die potentiellen Konfliktpotentiale mit dem land- und forstwirtschaftlichen Verkehr, anderen Nutzungen, Schutzgebietsausweisungen und Belangen des Artenschutzes zu ermitteln und für diese eine Lösung zu finden. Die Benutzung der privaten Wirtschafts- und Betriebswege erfolgt auch weiterhin auf eigene Gefahr der Radfahrerinnen und Radfahrer. Mit der Prüfung der Geeignetheit zur Nutzung als Radwege wird an das Förderprogramm des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz zur Erarbeitung ländlicher Wegenetzkonzepte angeknüpft. Für Nutzungsänderungen von Wirtschaftswegen, die einer Gemeinde mit einem Flurbereinigungsplan zu Eigentum zugeteilt wurden, ist erforderlichenfalls eine Satzungsänderung der im Flurbereinigungsplan getroffenen Nutzungsfestsetzungen durchzuführen.

Zu § 12

Für die Wiedererkennbarkeit der Radwege ist eine einheitliche wegweisende Beschilderung erforderlich. Die bislang auf der Grundlage eines Erlasses von den örtlich zuständigen Straßenverkehrsbehörden angeordnete und von den Straßenbaulastträgern umgesetzte wegweisende Radwegebeschilderung wird durch die Aufnahme in das Gesetz verbindlich gemacht.

Zu § 13

Die Verknüpfung der unterschiedlichen Verkehrsarten des Umweltverbundes ist ein wesentlicher Aspekt dessen  Stärkung und stellte eine Maßnahme der Initiative „Aufbruch Fahrrad“ dar. Die Vorschrift sieht daher die Errichtung von Fahrradabstellplätzen an den Bahnhöfen vor (Absätze 1 und 2). Die Anforderungen an diese Abstellmöglichkeiten werden durch den Absatz 3 ergänzt. Die Errichtung wird gefördert.

Absatz 4 verpflichtet die Aufgabenträger grundsätzlich zu einer Ausweitung der Mitnahmemöglichkeiten von Fahrrädern. Im Rahmen der Auslastungssteuerung ist in diesem Zusammenhang zu prüfen, ob durch Voranmeldungen eine sichere Mitnahme gefördert werden kann. Die in Absatz (5) festgehaltene Ausweitung von Mitnahmemöglichkeiten ist ebenso bei zukünftigen Vergabeverfahren und Betrauungen zu berücksichtigen.

Zu § 14

Die Verknüpfung mit den Angeboten der Fahrradvermietung erfolgt vor dem Hintergrund der Stärkung des Umweltverbundes. Um ein nutzerfreundliches Fahrradmietangebot zu errichten, sind insbesondere qualitativ hochwertige Fahrräder zu verwenden, deren Rückgabe nicht am Ausgangsort zu erfolgen hat. Das Land Nordrhein-Westfalen kann die Finanzierung durch Rechtsverordnung regeln. So kann es die Finanzierung auf Grundlage dieses Gesetzes treffen.

Zu § 15

Das Verkehrssicherheitsprogramm dient der Umsetzung der sog. „Vision Zero“ und benennt Handlungsschwerpunkte, die die Träger der Straßenbaulast berücksichtigen sollen. Für die Verkehrssicherheit muss der Verkehr insgesamt – verkehrsträgerübergreifend – betrachtet werden. Durch die Fortschreibung wird eine Anpassung an neue Forschungsergebnisse gewährleistet.

Zu § 16

Der Radverkehrssicherheitsbericht stellte eine Zusammenfassung von Erfahrungen und Forschungsergebnissen zu Unfallursachen dar. Umfassend ist die Analyse, wenn sie auch die Unfallforschung jenseits der Unfallbrennpunkte berücksichtigt. Der Radverkehrssicherheitsleitfaden fasst die Handlungsschwerpunkte in Bezug auf die Radverkehrsinfrastruktur zusammen. Durch den Verweis in Absatz 4 soll die Öffentlichkeitsbeteiligung sichergestellt werden.

Zu § 17

Die Vorschrift konkretisiert die Regelungen des § 3 in Bezug auf die Sicherheitsrelevanz. Die Beleuchtung der Radverkehrsanlagen als Teil der Daseinsvorsorge wird festgeschrieben, soweit dies im Interesse der Verkehrssicherheit erforderlich ist. Die Erforderlichkeit muss nicht durchgängig gegeben sein. Durch Absatz 2 wird ein Sicherheitsaudit bei jedweder Änderung der öffentlichen Straßen notwendig.

Zu § 18

Die Vorschrift enthält Regelungen zur Radverkehrssicherheit bei Baumaßnahmen im öffentlichen Straßenraum und soll verhindern, dass die Radverkehrsanlage abrupt endet und so der Radverkehrsfluss zum Erliegen kommt. Dabei ist zu prüfen, ob der Radverkehr auf der Fahrbahn, getrennt vom motorisierten Verkehr, geführt werden kann. Maßnahmen für den motorisierten Verkehr, die eine Führung des Radverkehrs auf der Fahrbahn ermöglichen, können in Gestalt von Umleitungsstrecken oder Baustellen-Lichtzeichenanlagen getroffen werden.

Zu § 19

Durch Abbiegeassistenzsysteme lassen sich Unfälle mit Radfahrerinnen und Radfahrern vermeiden, die durch Abbiegen von Lastkraftwagen verursacht werden. Die Vorschrift enthält keinen Anspruch Dritter auf Vornahme der Nachrüstung, geht mit der enthaltenen Verpflichtung jedoch über die derzeit geltenden Verpflichtungen hinaus.

Zu § 20

Durch die Zurverfügungstellung einer Applikation zur Meldung von Schäden und Störungen der Radverkehrsanlagen soll die Verkehrsüberwachung intensiviert und effizienter gestaltet werden. Unter den Begriff der Störung der Radverkehrsanlagen fallen insbesondere falsch parkende Fahrzeuge, die diese blockieren.

Zu § 21

Den Abschnitt 3 – Radverkehrsplanung – einleitend, wird durch die Vorschrift klargestellt, dass die Instrumente der Radverkehrsplanung die Radverkehrspläne sowie der Bedarfsplan sind. Die Vorschrift verdeutlicht zudem die Einbettung der Radverkehrsplanung in die integrierte Verkehrsentwicklungsplanung, die auf allen Ebenen der Planung (Land, Region, Kommunen) vorzunehmen und die in Abschnitt 4 (Übergeordneter Planungsrahmen) enthalten ist.

In Absatz 3 ist festgehalten, dass im Rahmen der verkehrsrelevanten Planung die Erfordernisse des Radverkehrs sowie die in den Radverkehrsplänen enthaltenen Ergebnis- und Handlungsziele zu berücksichtigen sind. Im Rahmen der Bauleitplanung erfolgt die Berücksichtigung in der Abwägung nach § 1 Absatz 7 Baugesetzbuch.

Zu § 22

Parallel zur integrierten Verkehrsplanung ist die vertikale und horizontale Abstimmung als Grundsatz der Planung enthalten. Die finanzielle Verantwortung für die überörtliche Netzentwicklung entspricht der des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen.

Zu § 23

Der Landesradverkehrsplan ist das zentrale Planungsinstrument auf Landesebene neben dem Bedarfsplan. Im Landesradverkehrsplan entwickelt das Land Nordrhein-Westfalen Strategien, um entsprechend den Leitzielen und den in Abschnitt 2 enthaltenen Anforderungen den Anteil des Radverkehrs zu steigern, leistungsfähige Radverkehrsnetze zu entwickeln und die Sicherheit für den Radverkehr zu erhöhen. Die notwendigen Inhalte des Plans sind in Absatz 2 konkret beschrieben.

Zu den Ergebnis- und Handlungszielen legt das Gesetz bereits das Ergebnisziel fest, den Anteil des Radverkehrs zu steigern. Abgesehen von diesem landesweiten Mindestziel haben die Planungsträger in ihren jeweiligen Radverkehrsplänen den Anteil des Radverkehrs als Ergebnisziel festzulegen, den sie jeweils in fünf und zehn Jahren sowie im Jahr 2050 zu erreichen beabsichtigen. Daneben wird der Anteil der Radverkehrsleistungen mit Reiseweiten über zehn Kilometer Länge sowie der Anteil der Radverkehrsleistungen im kombinierten Verkehr Rad/öffentlicher Verkehr ausgewiesen. Von dieser Steigerung ausgehend sind die Entwicklung eines leistungsfähigen Radverkehrsnetzes sowie die Steigerung der Verkehrssicherheit mit als Ergebnisziel aufzunehmen und die für die Erreichung notwendigen Infrastrukturmaßnahmen zu benennen.

Die landesweiten Strategien zur Umsetzung der Ergebnis- und Handlungsziele berücksichtigen die für die Zielerreichung relevanten Themen, insbesondere auch die Öffentlichkeitsarbeit, die Finanzierung, die Koordination der Entwicklung über verschiedene Planungsebenen, den Verwaltungsaufbau sowie die Personalentwicklung.

Landesweite Regelwerke und Standards kann das Land Nordrhein-Westfalen auf Grundlage des neu gefassten § 55 Straßen- und Wegegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen erlassen.

Die Entwicklung des Hauptradverkehrsnetzes für Radwege von landesweiter Bedeutung umfasst alle Radschnellverbindungen des Landes sowie Radvorrangrouten mit regionaler Netzwirkung (Zubringerfunktion). Von dem Ergebnisziel ausgehend ist die Netzentwicklung der kommenden fünf und zehn Jahre sowie für das Jahr 2050 zu bestimmen. Dabei sind die Investitionsmaßnahmen der Netzerweiterung, geplante Ersatzinvestitionen sowie der Erhaltungsaufwand für das Bestandsnetz dazustellen (jeweils inklusive der Kosten). Der Zeitplan und die Priorisierung sind festzuhalten und eine Planungsreserve zur Übersteuerung zu schaffen, so dass bei unerwarteten Entwicklungen die geplanten Maßnahmen getauscht werden können.

Die Koordination von Radvorrangrouten zwischen mehreren Regionen umfasst die Festlegung von Verfahren und Regeln. Diese sollen möglichst die Bedarfspläne der Regionen sichern.

Im Rahmen der Angaben zur Informations- und Serviceinfrastruktur sind eine Bestandsaufnahme dieser sowie deren Weiterentwicklung darzustellen. Ebenso können Vorgaben zu den Inhalten des Radroutenplaners des Landes getroffen werden.

Forschung und Entwicklung umfasst die Darstellung von Forschungsergebnissen, die Koordination des Austausches von Praxiswissen sowie die Vergabe von Forschungsaufträgen zur Lösung radverkehrsspezifischer Probleme (z.B. Umgang mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, Umgang mit ungeplant wachsender Auslastung der Radinfrastruktur, Radwegeführung bei langandauernden Baustellen).

Die Öffentlichkeitsarbeit fördert das Image und den Status des Radverkehrs und soll durch entsprechende Konzepte den Anteil des Radverkehrs steigern. Nachhaltigkeitsaspekte sowie die Verknüpfung mit dem öffentlichen Verkehr sind aufzunehmen, insbesondere im Rahmen der schulischen Verkehrserziehung. Im außerschulischen Bereich werden bestehende Strukturen mit einbezogen und gestärkt, wie z.B. das Zukunftsnetz Mobilität NRW oder die Arbeitsgemeinschaft Fußgänger- und Fahrradfreundlicher Städte NRW (AGFS). Ein Austausch mit den übrigen Planungsträgern soll erfolgreiche Praxisbeispiele aufzeigen. Die Vorgaben des § 8 sollen konkretisiert werden.

Zudem sind Fördervoraussetzungen zu entwickeln. Bei den Voraussetzungen ist besonders zu beachten, welchen Beitrag die geplanten Maßnahmen zur Erreichung der Leitziele sowie des Abschnitt 2: dieses Gesetzes leisten, insbesondere in Bezug auf die Steigerung des Radverkehrsanteils. Die Kosten der Maßnahme sind dabei ins Verhältnis zu setzen Darüber hinaus ist ein regionales Gleichgewicht der Maßnahmen unter entsprechender Anwendung des Grundsatzes der Raumordnung aus § 2 Absatz 2 Nummer 1 des Raumordnungsgesetzes zu beachten. Die Fördervoraussetzungen sind so auszugestalten, dass mehrere Kommunen oder auch Kommunen und regionale Planungsträger sich gemeinsam um Mittel bewerben können, wenn auf diese Weise der Beitrag der Maßnahme erhöht wird. Förderquoten sind abgestuft nach der finanziellen Leistungsfähigkeit der geförderten Kommune zu bemessen. Auch bei einem Haushaltssicherungskonzept gemäß § 76 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen ist sicherzustellen, dass eine Förderung aussichtsreicher Maßnahmen möglich ist.

Die Aktualisierung des Bedarfsplans für die Radverkehrsinfrastruktur im Land Nordrhein-Westfalen umfasst sowohl Maßnahmen als auch den Finanzierungsbedarf für den Radverkehr in den Zeiträumen der kommenden fünf und zehn Jahre. Es handelt sich um die Planungsergebnisse des Absatzes 2 Nummer 4. Darüber hinaus sind Kennziffern zum Erhaltungszustand und zur Befahrbarkeit der bestehenden Radverkehrsanlagen mitzuteilen (Absatz 2 Nummer 9).

Zu § 24

Bei regionalen Planungsträgern handelt es sich um solche im Sinne des § 6 Landesplanungsgesetz Nordrhein-Westfalen.

Die Entwicklung des Netzes für Radverkehrsanlagen von regionaler Bedeutung umfasst Strategien und Maßnahmen zu Aus- und Neubaumaßnahmen sowie zu Modernisierung und Erhaltung, entsprechend den Vorgaben zum regionalen Hauptradverkehrsnetz und zum Ergänzungsnetz. Zu den in Absatz 2 genannten Materien gelten die Aussagen zum Landesradverkehrsplan entsprechend.

Zu § 25

Zu den in Absatz 2 genannten Materien gelten die Aussagen zum Landesradverkehrsplan entsprechend.

Zu § 26

Die Öffentlichkeitsbeteiligung ist ein zentraler Aspekt bei der Aufstellung der Radverkehrspläne. Durch sie soll alltägliches Mobilitätswissen und Mobilitätserfahrungen der Bevölkerung in der Erarbeitung berücksichtigt werden können und die Akzeptanz der Radverkehrspläne gesteigert werden. Der Zugang zur Öffentlichkeitsbeteiligung soll ein möglichst breites Publikum ansprechen.

Zu § 27

Der Bedarfsplan für die Radverkehrsinfrastruktur in Nordrhein-Westfalen ist neben den Radverkehrsplänen das Instrument der Radverkehrsplanung. In ihm werden die Kerninformationen der Radverkehrspläne zusammengeführt.

Die Angaben zu den Verkehrsleistungen im Radverkehr umfassen den Anteil des Radverkehrs an Verkehrsleistung und Verkehrsaufkommen im jeweiligen Plangebiet sowie die Zielwerte für zukünftige Anteile für den Radverkehr. Die Angaben sind jeweils in Bezug auf das Ende des jeweiligen Planungszeitraums sowie für das Jahr 2050 anzugeben.

Darüber hinaus sind Angaben zum Zielnetz bis zum Jahr 2050 Teil der Kerninformationen. Die Mitteilung der Informationen zur Netzentwicklung im Zeithorizont von fünf und zehn Jahren erfolgt getrennt nach Straßenbaulastträgern.

Der Begriff der Investitionsmaßnahmen umfasst den Aus- und Neubau sowie Modernisierung und Ersatz von Radverkehrsinfrastruktur, inklusive erwarteter Anschaffungs- und Herstellungskosten, die von den Planungsträgern geplant sind. Kurzfristig meint einen Zeitraum von ein bis fünf Jahren, mittelfristig einen von sechs bis zehn Jahren.

Die Kennziffern zum Erhaltungszustand und zur Nutzbarkeit der Radverkehrsinfrastruktur der betreffenden Straßenbaulastträger stellen ebenfalls eine Kerninformation dar. Der jeweils aktuelle Erhaltungszustandsbericht des jeweiligen Planungsträgers ist zu verknüpfen.

Zu § 28

Der Sachstandsbericht erfasst umfassend alle realisierten Maßnahmen der Netzerweiterung, insbesondere den Neu- und Ausbau sowie die Modernisierung. Der generelle Zustand der  Radverkehrsinfrastruktur wird in einer Erhaltungskennziffer ausgedrückt. Der Begriff der Nutzung umfasst sowohl die Radverkehrsleistung als auch das Radverkehrsaufkommen.

In den Monitoringberichten erfolgt eine Überprüfung der Maßnahmen im Vorfeld des Prozesses der Erstellung und Aktualisierung der Radverkehrspläne; der Radverkehrsplan konkretisiert somit die Monitoringberichte.

Zu § 29

Die Vorschrift leitet den Abschnitt 4 ein (Übergeordneter Planungsrahmen) ein und verdeutlicht die vorzunehmende integrierte Verkehrsentwicklungsplanung. Durch die Einbettung können Ziele in Bezug auf den Radverkehrs entwickelt und zusammen mit den Inhalten der Radverkehrspläne erfolgreich umgesetzt werden. Die zielgerichtete Planung der Entwicklung des Verkehrs kann negative externe Wirkungen reduzieren, da bei isolierter Betrachtung Wechselwirkungen von Maßnahmen drohen, die der Zielsetzung des Gesetzes zuwider laufen. Die anzustrebenden Anteile der verschiedenen Verkehrsmittel am Gesamtverkehr sind nach Verkehrsaufkommen und Verkehrsleistung anzugeben.

Der Begriff der verkehrsmittelspezifischen Planungen umfasst sowohl die Radverkehrspläne des Abschnitts 3 als auch die Nahverkehrsplanung nach § 8 ÖPNVG NRW.

Zu § 30

Durch das Vorsehen von beratenden Beiräten und Prozessen soll ein zügiger Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur gewährleistet werden.

Zu § 31

Die Vorschrift ergänzt die Vorgaben zur integrierten Verkehrsentwicklungsplanung um die Förderung der Multimodalität und des Umweltverbundes. Zur Erreichung des Gesetzeszwecks, die Stärkung des Radverkehrs, ist eine Stärkung der Multimodalität sowie des Umweltverbundes notwendig, da nur mit einer Verknüpfung eine Alternative bei der Verkehrsmittelwahl besteht. Eine stärkere Verknüpfung soll insbesondere über die Errichtung weiterer Mobilstationen (§ 2 Absatz (3)) erreicht werden. Diese sollen nutzerfreundlich ausgestaltet sein.

Durch die Planung der öffentlichen Straßen von außen nach innen wird in Zukunft sichergestellt, dass dem Fuß- sowie dem Radverkehr genügend Raum zur eingeräumt wird.

Zu § 32

Die Vorschrift sichert die angestrebte Verkehrsinfrastrukturentwicklung ab. Der mittel- und langfristige Bedarf bezeichnet einen Zeitraum von über fünf Jahren.

Zu § 33

Bei den regionalen Planungsträgern handelt es sich um solche im Sinne des Landesplanungsgesetzes Nordrhein-Westfalen. Mit dem Verweis auf § 9 Landesplanungsgesetz Nordrhein-Westfalen sollen die dort geregelten Aufgaben und Abläufe analog für die Aufgabenerfüllung nach diesem Gesetz herangezogen werden.

Für die Koordinierung werden Kompetenzzentren Radmobilität geschaffen.

Zu § 34

Die in der Vorschrift geregelte Finanzierungsverantwortung erfolgt entsprechend der Straßenbaulast. Die anerkannten Regelungen des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen gelten ebenso für den Bau der Radinfrastruktur. Die finanzielle Verantwortung für die überörtliche Netzplanung erfolgt analog zum Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen.

Zu § 35

Das Land verpflichtet die Kommunen und regionalen Planungsträger zur Aufstellung von Radverkehrsplänen, von Sachstands- und Monitoringberichten. Die Entscheidung zur Umsetzung der Maßnahmen, die in den Radverkehrsplänen vorgesehen sind, liegt bei den Kommunen und regionalen Planungsträgern. Diese handeln im eigenen Wirkungskreis und nehmen ihre eigene Planungshoheit wahr. Für die entstehenden Kosten gewährt das Land Nordrhein-Westfalen einen pauschalen finanziellen Ausgleich. Da es sich bei den auferlegten Aufgaben um planerische Tätigkeiten handelt, ist festgelegt, dass der gezahlte Ausgleich vorrangig für die planerischen Tätigkeiten zu verwenden ist.

Die Vorschrift enthält Festlegungen hinsichtlich der Förderung des Landes Nordrhein-Westfalen in den Bereichen der Öffentlichkeitsarbeit, der Radvorrangrouten, der Verknüpfung von öffentlichem Personennahverkehr und Schienenpersonennahverkehr mit dem Radverkehr sowie dem Bau von Fahrradabstellplätzen, Mobil- und Fahrradstationen. Dabei gelten die Fördervoraussetzungen des Landesradverkehrsplans.

Die Mittel für die Verknüpfung stammen zur Hälfte aus Regionalisierungsmitteln. Die umzusetzenden Maßnahmen können in Radverkehrsplänen wie Nahverkehrsplänen enthalten sein. Eine gemeinsame Bewerbung der Aufgabenträger des öffentlichen Personennahverkehrs bzw. des Schienenpersonennahverkehrs oder der kommunalen Verkehrsunternehmen sowie den Kommunen und regionalen Planungsträgern wird bevorzugt.

Zu § 37

Die Vorschrift benennt die durch das Land Nordrhein-Westfalen institutionell geförderten Einrichtungen.

 

Zu Artikel 2:
(Änderung des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen)

Zu Nr. 1

Bei der Beleuchtung handelt es sich in der Regel um eine Aufgabe der Daseinsvorsorge. Für die Radschnellverbindungen des Landes wird sie nunmehr dem Träger der Straßenbaulast zugeordnet. Eine generelle Beleuchtungspflicht besteht nicht. Jedoch enthält § 17 eine sicherheitsabhängige Beleuchtungspflicht. Diese kann vorliegen, wenn bei früh einsetzender Dunkelheit (Winter) gleichzeitig ein hohes Verkehrsaufkommen vorliegt.

Zu Nr. 2

Die Änderung ermöglicht es, die Aufgaben des Trägers der Straßenbaulast für die Radschnellverbindungen des Landes an einen eigens dafür gegründeten Landesbetrieb auszugliedern.

Zu Nr. 3

Die Vorschrift wurde in das Gesetz überführt (§ 22).

Zu Nr. 4

Die Möglichkeit des Landes Nordrhein-Westfahlen, Leitfäden zu erlassen, wird im Gesetz verankert. Dabei ist auf das Fachwissen der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in Nordrhein-Westfalen e.V. zurückzugreifen.

Zu Nr. 5

Die Änderung ermöglicht die Übertragung von Aufgaben an einen eigens für den Radverkehr gegründeten Landesbetrieb.

 

Zu Artikel 3:
(Änderung des Landesplanungsgesetzes Nordrhein-Westfalen)

Zu Nr. (a)

Die Änderung berücksichtigt die neuen Aufgaben der regionalen Planungsträger und gliedert die Instrumente der Radverkehrsplanung ein.

Zu Nr. (b) und Nr. (c)

Die Änderung ermöglicht die Übertragung von Aufgaben an einen eigens für den Radverkehr gegründeten Landesbetrieb.

 

Zu Artikel 4:
(Änderung des Gesetzes über die Reinigung öffentlicher Straßen)

Zu Nr. 1 und Nr. 2

Die Änderung ermöglicht die Übertragung von Aufgaben an einen eigens für den Radverkehr gegründeten Landesbetrieb.

 

Zu Artikel 5: (Inkrafttreten)

Artikel 5 regelt das Inkrafttreten.